„Bei einer Teilanfechtung sinken die Prozesskosten“

Interview mit WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller
Gericht Urteil
WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller

21.05.2025. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 2020 beschließen Wohnungseigentümergemeinschaften nicht mehr über die Jahresabrechnung insgesamt, sondern nur noch über die sogenannte Abrechnungsspitze der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dementsprechend können Wohnungseigentümer:innen nur noch den Beschluss über die Abrechnungsspitze anfechten – nicht mehr die gesamte Jahresabrechnung. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) schafft nun weitere Klarheit: Auch einzelne, klar abgrenzbare Kostenpositionen innerhalb der Abrechnungsspitze können isoliert angefochten werden. Was das in der Praxis für Wohnungseigentümer:innen bedeutet, erläutert WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller im Interview.

WiE: Wie schätzen Sie das Urteil ein?

Dr. Sandra von Möller: „Das BGH-Urteil vom 11. April 2025 (Az. V ZR 96/24) ist für Wohnungseigentümer:innen und Wohnungseigentümergemeinschaften wichtig und hilfreich

Der BGH stellt darin klar, dass nicht die gesamte Abrechnungsspitze angefochten werden muss, wenn sich der Fehler auf einzelne, klar abgrenzbare Kostenpositionen bezieht, sondern dass dann eine Teilanfechtung möglich ist. In diesem Fall ist der Streitwert niedriger, so dass die Prozesskosten entsprechend geringer als bei einer Anfechtung der gesamten Abrechnungsspitze sind. Das senkt die finanzielle Hürde für eine Anfechtungsklage."

WiE: Was ist mit fehlerhaften Kostenpositionen gemeint?

Dr. Sandra von Möller: „Das können Kostenpositionen sein, die gar nicht in die Jahresabrechnung gehören. Dies war bei der BGH-Entscheidung der Fall. Der BGH ging davon aus, dass die Eigentümer:innen – hätten sie davon Kenntnis gehabt – die betreffende Kostenposition aus der Abrechnung gestrichen und einen Beschluss über die entsprechend niedrigeren Abrechnungsspitzen gefasst hätten. 

Nach unserer Auffassung lässt sich dies auch auf die Fälle übertragen, in denen eine Kostenposition in der Jahresabrechnung zwar zu Recht enthalten ist, aber fehlerhaft auf die Eigentümer:innen verteilt wurde. Ein Beispiel dafür ist die falsche Umlage der Hausmeisterkosten - etwa wenn diese nicht nach dem festgelegten Kostenverteilungsschlüssel entsprechend der Miteigentumsanteile, sondern irrtümlich nach der Wohnungsgröße berechnet wurden. Eine Teilanfechtung ist ebenso denkbar, wenn die Heizkosten nicht gemäß der Heizkostenverordnung aufgeteilt wurden.“ 

WiE: Welche Vorteile bringt das für die WEG?

Dr. Sandra von Möller: „Wird eine einzelne Kostenposition innerhalb der Abrechnungsspitze erfolgreich angefochten, betrifft die Ungültigkeit auch nur diesen konkreten Teil - nicht die gesamte Abrechnungsspitze. Das ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft von Vorteil: Sie muss dann lediglich über die erfolgreich angefochtene Kostenposition neu beschließen, nicht aber über die gesamte Abrechnung.“

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