Wohnen im Eigentum e.V. fordert Reform / Appell an die Bundestagsparteien: Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer jetzt in die Wahlprogramme aufnehmen

23.6.2016. Seine Forderung nach einer Reform des Wohnungseigentumsgesetzes hat der Verbraucherschutzverein Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) anlässlich des bevorstehenden Einstiegs in den Bundestagswahlkampf bekräftigt. Er appelliert an die Parteien, die Verbesserung des Verbraucherschutzes für Wohnungseigentümer in ihre Wahlkampfprogramme aufzunehmen. Das Wohnungseigentumsgesetz müsse endlich angepasst werden an die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und die Interessen der Wohnungseigentümer zeitgemäß berücksichtigen. „In vielen Regelungen mieft noch der Geist der 50er Jahre“, sagt WiE-Geschäftsführerin Gabriele Heinrich. „WiE hat in diversen Gesprächen und Aktionen bereits auf den Reformstau hingewiesen. Mehrfach wurde der Handlungsbedarf anerkannt. Jetzt wird sich zeigen, welche Parteien gewillt sind, in der nächsten Legislaturperiode wirklich aktiv zu werden.“

WEGesetz basiert auf veralteten Strukturen

Bei der Verabschiedung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEGesetz) vor 65 Jahren ging der Gesetzgeber von überschaubaren Wohnungseigentumsanlagen mit mehrheitlich dort wohnenden Selbstnutzern aus, unter ihnen solche, die gute Verwaltungs-, Bau- oder Rechtskenntnisse haben  - Ingenieure, Anwälte, Kaufleute, Techniker. Doch seither haben sich die Größen und Strukturen von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) stark ausdifferenziert. Es gibt heute Eigentumsanlagen mit 2 Wohneinheiten bis hin zu solchen mit über tausend Wohnungen (die größte bekannte WEG hat 1.920 Wohnungen). Zudem hat der „Umwandlungsmarkt“ zu erheblichen Veränderungen im Wohnungseigentum geführt, weil große, häufig unsanierte Mietwohnungsbestände im Rahmen der Einzelprivatisierung an Mieter und im gesamten Bundesgebiet verstreut wohnende Kleinanleger verkauft worden sind. Die Finanz- und Interessenlage der Eigentümer ist daher höchst unterschiedlich. Der notwendige und durch das Gesetz vorgegebene Willensbildungs- und Entscheidungsprozess ist in vielen WEGs schwer zu handhaben und gerät in Eigentümerversammlungen - dem obersten Entscheidungsgremium der WEG – nicht selten zur Farce.

Wohnungseigentum ist heute ein Massenphänomen. Mit 9 Mio. Wohnungen deutschlandweit sind etwa 22 % aller Wohnungen Eigentumswohnungen. Es gibt mehr Eigentumswohnungen als Mietwohnungen in genossenschaftlicher und wohnungswirtschaftlicher Hand. Dennoch erfuhr das Wohnungseigentumsgesetz auf die skizzierten Veränderungen nur eine vergleichsweise geringe Anpassung. Die Verwaltungs- und Entscheidungsstrukturen wurden weder evaluiert noch reformiert. Stattdessen wurde direkt und indirekt die Stellung des Verwalters gestärkt. Weil es als normierten Konfliktlösungsweg noch immer nur das Gerichtsverfahren gibt, stieg die Anzahl der Gerichtsverfahren in Wohnungseigentumssachen allein innerhalb von acht Jahre um 38 %.

Im Gesetz verankerter Verbraucherschutz ist alternativlos

Als einziger deutscher Verbraucherschutzverband für Wohnungseigentümer deckt Wohnen im Eigentum e.V. seit Jahren die Risiken, Unausgewogenheiten und strukturelle Probleme auf, die nur über eine Gesetzesreform zu beseitigen und zu lösen sind. Es geht darum, Wohnungseigentümer vor Missständen und Vermögensverlusten zu schützen, ihnen bessere Handlungsoptionen für die gemeinschaftliche Organisation der WEG-Verwaltung und für Krisensituationen an die Hand zu geben. Wohnungseigentümer und auch die WEG sind inzwischen vom BGH als Verbraucher anerkannt. Verbaucherschutz- und Informationsrechte setzen sich aber nicht von allein durch; sie müssen im WEGesetz verankert werden.

„Die Wohnungswirtschaft zieht sich im Schadenfall aus der Verantwortung“, sagt Heinrich. „Oft hören wir: Eigentum verpflichtet! Selbst schuld, wenn was passiert und die Wohnungseigentümer sich nicht präventiv gekümmert haben. Sollen sie sich doch vorher besser informieren und mehr Eigeninitiative zeigen.“ Diese Argumentation entspricht aber nicht dem modernen Verbraucherschutzleitbild. Wohnungseigentümer haben in der Regel kein rechtliches und verwaltungstechnisches Vorwissen. Sie sind den Fachleuten strukturell unterlegen. Da sie aber als Verbraucher Geschäfte mit ihnen überlegenen Partnern eingehen und mit diesen auf Augenhöhe verhandeln (müssen), brauchen sie ein einforderbares Recht auf Informationen und Aufklärung, auch bei Dritten.

Politik und der Gesetzgeber stehen in der Pflicht

WiE appelliert an die Bundesparteien, den Verbraucherschutz im Wohnungseigentum und modernisierte Vorgaben an die gemeinsame Organisation der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in ihre Wahlprogramme aufzunehmen. Heinrich: „Erste, konkrete Vorschläge haben wir vorgelegt. In der nächsten Legislaturperiode muss das WEGesetz reformiert werden. Nur so sind sichere Fundamente zu schaffen für die energetische und altersgerechte Modernisierung von WEGs, und nur so kann das Wohnungseigentum als zentrale Säule der Altersvorsorge langfristig geschützt werden." Die detaillierten Forderungen und Vorschläge des Verbands finden alle Interessierten auf der Website unter www.wohnen-im-eigentum.de/politik/wohnungseigentumsgesetz.html