Mechthild Heil

Mitglied des Deutschen Bundestags, im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wahlkreis Ahrweiler (Direktmandat)

im Interview mit wohnen im eigentum e.V.

22.08.2014

 

Immobilienbesitzer als Verbraucher, das ist in der Politik eine neue Sichtweise. Warum wurde sie notwendig?

Der Erwerb einer Immobilie, also einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims, ist kein alltägliches Geschäft. Der durchschnittliche Käufer ist kein Unternehmer, der professionell im Bau- und Immobiliensektor tätig ist, sondern der „Normalbürger“, der Verbraucher, der sich seine eigenen vier Wände schaffen oder etwas für seine Altersvorsorge tun möchte. Die Käufer werden dabei mit vielen, oft bis dahin völlig unbekannten, Problemen und Fragen konfrontiert. Das fängt beim Bau oder Kauf der Immobilie an und hört bei der Instandhaltung nicht auf. Da darf die Politik sie nicht allein lassen, sondern muss gute gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen.

Der Koalitionsvertrag will den Verbraucherschutz für Bauherren beim Bauvertragsrecht ausbauen. Wo sehen Sie konkreten Änderungsbedarf?

Rechts- und Kalkulationssicherheit sind beim Abschluss von privaten Bauverträgen für die Bauherren notwendig. Eine verbindliche Baubeschreibung sowie ein Widerrufsrecht des privaten Bauherrn sind u.a. wichtige Maßnahmen, um hier für besseren Verbraucherschutz zu sorgen. Entscheidend bei einem so weitreichenden Rechtsgeschäft, wie dem Erwerb einer Immobilie, die im Regelfall auch mit Kreditaufnahmen verbunden wird, ist, dass volle Transparenz herrscht, damit der Verbraucher eine klare Entscheidungsgrundlage hat.

Laut Koalitionsvertrag kommen für Wohnungsverwalter berufliche Mindestanforderungen und Pflichtversicherung. Welche fachlichen Bausteine schlagen Sie für die Mindestqualifikation vor? Welche Mindestdeckung für die Pflichtversicherung?

Wohnungsverwalter sind mit unterschiedlichen, teilweise sehr komplexen Problemen und widerstreitenden Interessen verschiedener Teileigentümer sowie Mietern konfrontiert und müssen zudem große Geldbeträge verwalten. Deshalb halte ich die Einführung einer beruflichen Mindestqualifikation – zum Schutz aller Beteiligten – für notwendig. Welche fachlichen Anforderungen im Detail notwendig sind, werden wir noch gemeinsam mit Experten abstimmen.

Nach Auffassung von wohnen im eigentum verlangt die Sicherung des Vermögens der Wohnungseigentümer neben Qualifikation und Versicherung eine effektive Kontrolle der Verwaltung durch die Eigentümer. Praktisch ist das besonders in größeren Anlagen nur über die Verwaltungsbeiräte zu realisieren. Doch deren gesetzliche Position ist schwach, dafür sind ihre Haftungsrisiken erheblich. Was sollte hier geschehen?

Die Wohnungseigentümer haben die Möglichkeit, entweder durch aktive Mitwirkung an der Wohnungseigentümerversammlung oder durch Übertragung von Stimmrechten verbunden mit konkreten Weisungen für die Abstimmung ihren Einfluss in der Wohnungseigentümerversammlung geltend zu machen. Nicht immer begegnen sich dabei die Partner auf Augenhöhe. Deshalb wollen wir prüfen, ob sich die Arbeit von Verwaltungsbeiräten rechtlich effektiver gestalten lässt.

Bei vielen Gesetzen und Fördermaßnahmen kommen die speziellen Umsetzungsprobleme im Wohnungseigentum nicht in den Blick. Typisch ist der Fall der Erleichterung energetischer Sanierung durch die letzte Mietrechtsreform. Jetzt soll hier nachgebessert werden. Wie kann es erreicht werden, dass Wohnungseigentum in Zukunft von vornherein einbezogen wird?

Das Wohnungseigentum hat mit Interessenvertretungen wie wohnen im eigentum eine starke Stimme im Politikbetrieb. Die Verbände werden zudem im Gesetzgebungsverfahren auch immer in Form der Verbändeanhörung eingebunden. Im Hinblick auf den Ausbau energetischer Sanierungen sind die Immobilieneigentümer entscheidende Partner der Politik, um die beiden Ziele Energieeinsparung und Klimaschutz verwirklichen zu können.

Bei der Geldanlage treffen den Anbieter oft weitreichende Informationspflichten. Obwohl das Produkt „Eigentumswohnung“ nicht leichter zu verstehen ist und obwohl sein Kauf weitreichende Konsequenzen hat, gibt es hier nichts Vergleichbares. wohnen im eigentum fordert umfassende Informationspflichten. Wie stehen Sie dazu?

Obwohl Immobilien auch eine Geldanlage sind, kann man den Kauf beispielsweise eines Fonds und den einer Eigentumswohnung nicht miteinander vergleichen. Abgesehen davon, dass sich schon der Kaufprozess und die Zeit, die dieser in Anspruch nimmt fundamental unterscheiden, spielen doch beim Kauf einer Immobilie, die man bewohnen möchte auch andere Faktoren als nur Wert und Wertsteigerung eine Rolle: das neue Zuhause muss zu den neuen Bewohnern passen; Aufteilung, Ausstattung und Lage müssen den jetzigen und auch den zukünftigen Bedürfnissen entsprechen. Eine solche vielschichtige Bindung hat man zu anderen Geldanlagen im Normalfall eher nicht.
Das heißt aber nicht, dass die Politik angehende Immobilienbesitzer alleine und ihrem Bauchgefühl überlässt. An dem Kaufprozess ist ein unabhängiger Notar beteiligt, der nach dem Beurkundungsverfahrensgesetz auch Beratungspflichten erfüllen muss. Im vergangen Jahr haben wir zudem für besseren Schutz der Verbraucher vor Schrottimmobilien gesorgt. Jetzt müssen Notare dem Käufer einer Immobilie den Kaufvertrag mindestens zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung stellen, sodass eine ausreichende Bedenkzeit gewährleistet ist.

Es ist viel zu tun. Wo sehen Sie Ihre persönlichen Arbeitsschwerpunkte in Sachen Verbraucherschutz für die Besitzer von Eigenheim und Eigentumswohnung in dieser Legislaturperiode?

Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf sehr gute Maßnahmen zur Stärkung des Verbraucherschutzes für die Besitzer von Eigenheim und Eigentumswohnungen geeinigt. Viele Menschen in Deutschland wollen in den eigenen vier Wänden leben. Diesen Wunsch werden wir politisch weiter unterstützen. Aktuell formuliert die Unions-Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz unsere Position und dafür suchen wir auch den Austausch mit Experten und Verbänden.

Sind Sie selbst Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung? Sind konkrete Erfahrungen von daher in Ihre politischen Einstellungen zum Thema eingeflossen? Welche?

Ja, mit meinem Mann und unseren drei Kindern bewohnen wir ein eigenes Haus in meiner Heimatstadt. Von den Erfahrungen, die ich bei Kauf, Renovierung und Modernisierung des Hauses gemacht habe, profitiere ich auch im politischen Bereich. Noch mehr Einfluss hat aber mein Ingenieurstudium und meine 26-jährige Berufserfahrung als Architektin, seit 1999 im eigenen Büro. Ich kenne den „Bau“ also aus verschiedenen Perspektiven.