Ein Dauerthema angesichts des Klimawandels

Das Thema der verpflichtenden Elementarschadenversicherung ist seit vielen Jahren im Gespräch. Elementarschäden sind Schäden an Gebäuden und deren Inventar, die durch Naturereignisse – sogenannte Elementargefahren – verursacht werden. Zu den Elementarschäden gehören Überschwemmung, Erdbeben, Erdrutsch, Lawinen, Schneedruck, Sturm und Hagel sowie Vulkanausbruch. Außer Sturm- und Hagelschäden werden diese Gefahren nicht automatisch durch die normale Gebäude- oder Hausratversicherung abgedeckt, sondern erfordern eine zusätzliche Elementarschadenversicherung. Im Koalitionsvertrag ist nun festgelegt, dass eine Elementarschadenpflichtversicherung eingeführt werden soll - die Details sind allerdings noch offen. Wohnen im Eigentum fordert für den Fall, dass eine Opt-Out-Lösung eingeführt wird, dass die Abwahl in WEGs nur allstimmig erfolgen kann.
In Baden-Württemberg wurde 1942 eine solche Elementarschadenpflichtversicherung eingeführt, die 1994 wieder abgeschafft wurde. Auf Bundesebene wurde die Forderung nach einer Pflichtversicherung erstmals nach dem Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002, das in Deutschland Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg betraf, laut. In 2013, nach weiteren schweren Hochwassern, wurde die Diskussion erneut intensiviert. Allerdings gab es damals unter den Justizminister:innen der Länder keine Mehrheit für eine Pflichtversicherung. Statt auf Versicherungspflicht setzten diese auf Aufklärung und freiwillige Versicherungen. Die Erwartung war, dass die positive Entwicklung am Versicherungsmarkt anhalte und zukünftig allen Bürger:innen auch in Hochrisikozonen eine Wohngebäudeversicherung gegen Elementarschäden zu bezahlbaren Prämien angeboten werden.
Rund die Hälfte der Immobilien ist gegen Elementarschäden versichert
Bis heute sind jedoch nur rund 50 Prozent aller Gebäude speziell gegen Elementarschäden versichert, obwohl für fast alle Immobilien (99 Prozent) eine Wohngebäudeversicherung besteht. Infolge dessen hat der Staat in den letzten Jahren immer wieder finanzielle Unterstützung geleistet, um Immobilien - insbesondere nach Hochwasserkatastrophen - wieder bewohnbar zu machen oder neu aufzubauen. Aufgrund der wiederkehrenden Hochwasserereignisse wurde erneut über das Thema diskutiert - die neue Bundesregierung hat die Einführung einer Elementarschadenpflichtersicherung in den Koalitionsvertrag (2025) aufgenommen.
Das Thema Elementarschadenpflichtversicherung wird bereits seit langem auf politischer Ebene diskutiert. Bereits 2015 hatte WiE das Thema aufgegriffen. Nach Auffassung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Pflichtversicherung für Elementarschäden“ bestanden damals jedoch erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen die Einführung einer Pflichtversicherung.
WiE-Umfrage zeigt Handlungsbedarf speziell bei Wohnungseigentümer:innen
Wohnen im Eigentum (WiE) hat zwischen August und Oktober 2024 in einer bundesweiten Umfrage untersucht, wie Immobilieneigentümer:innen zu einer Pflichtversicherung stehen und wie deren Immobilien derzeit abgesichert sind. Die Umfrage zeigt, dass ein Großteil der Eigentümer:innen von Ein- und Mehrfamilienhäusern, nämlich rund 60 Prozent, einen Versicherungsschutz gegen Elementarschäden haben, während nur rund 40 Prozent der Wohnungseigentümer:innen angeben, gegen Elementarschäden abgesichert zu sein. Dabei zeigt sich auch: Je größer eine Wohnungseigentümergemeinschaft, desto niedriger die Versicherungsquote. Allerdings ist bei den Wohnungseigentümer:innen der Anteil derjenigen, die den Versicherungsstatus ihrer Immobilie nicht kennen, mit 30 Prozent vergleichsweise hoch.
Wohnungseigentümer:innen sind systembedingt bei dem Thema benachteiligt. Denn die größte Hürde für den Abschluss einer Versicherung ist der erforderliche Mehrheitsbeschluss in einer WEG. Für einen einzelnen Wohnungseigentümer ist es nicht möglich, das Gebäude gegen Elementargefahren abzusichern, wenn sich die Mehrheit der Gemeinschaft quer stellt. Aus Sicht von WiE würde die Einführung einer Pflichtversicherung helfen. Mit dieser Position verstärkt WiE die Stimmen der an der Umfrage teilnehmenden Immobilieneigentümer:innen: Fast zwei Drittel befürworten die Einführung einer Elementarschadenpflichtversicherung.
WiE: Bei Opt-Out-Lösung sollte Abwahl in der Wohnungseigentümergemeinschaft nur allstimmig möglich sein
Wie die Elementarschadenpflichtversicherung genau ausgestaltet werden soll, ist allerdings noch offen. Der aktuelle Koalitionsvertrag von 2025 sieht vor, dass nicht die einzelne Immobilieneigentümer:in, sondern die Versicherungsbranche verpflichtet wird: Jede neue Wohngebäudeversicherung soll mit einem Elementarschadenmodul versehen werden, Bestandsverträge zu einem Stichtag angepasst werden. Kritisch sieht WiE die im Raum stehende Opt-Out-Lösung, insbesondere in Bezug auf das Wohnungseigentum. Danach können Immobilieneigentümer:innen die von der Versicherung verpflichtend angebotene Elementarschadenabsicherung ablehnen. WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller erläutert die Problematik für Wohnungseigentümergemeinschaften: „Mit der Opt-Out-Lösung kann der Versicherungsschutz zu Lasten einzelner Wohnungseigentümer durch die Mehrheit ausgehebelt werden, was im Schadensfall existenzbedrohend sein kann.“ Wohnungseigentümergemeinschaften können nämlich immer nur gemeinsam mehrheitlich über eine Elementarschadenversicherung beschließen. Wird eine Wohnungseigentümer:in überstimmt, kann sie ihre Wohnung, da sie zum Teil im Gemeinschaftseigentum steht, nicht in Eigenregie gegen Elementarschäden absichern.
WiE fordert daher für den Fall, dass der Gesetzgeber sich für die Opt-Out-Lösung entscheidet, dass der Verzicht auf eine solche Elementarschadenabsicherung nur dann möglich sein soll, wenn alle Wohnungseigentümer:innen einer Wohnungseigentümergemeinschaft zustimmen. „Hier muss zwingend die hohe Hürde der Allstimmigkeit ins Gesetz aufgenommen werden, um jeden einzelnen Wohnungseigentümer zu schützen“, so von Möller.
WiE fordert neben Pflichtversicherung auch staatliche Prävention und Förderung individueller Prävention
Aus Sicht von WiE ist eine umfassende Absicherung gegen Elementarschäden dringend geboten, da Extremwetterereignisse nicht nur Immobilien in Hochrisikogebieten betreffen, sondern insbesondere bei Starkregen auch Immobilien, die nicht in einem ausgewiesenen Hochwassergebiet stehen. Neben einer bereits erwähnten Pflichtversicherung sieht Wohnen im Eigentum die Notwendigkeit, auch staatliche und individuelle Präventionsmaßnahmen weiter auszubauen.
WiE fordert zudem in seinem Positionspapier einen „Dreiklang“ an Maßnahmen:
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Staatliche Präventionsmaßnahmen durch Anpassungen im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht sowie effektiver Hochwasserschutz und deren konsequente Umsetzung;
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Präventionsmaßnahmen der Eigentümer:innen an den Wohngebäuden;
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Verpflichtende Elementarschadenversicherung für alle Wohngebäude.
Im Rahmen der Bundestagswahl 2025 hatte Wohnen im Eigentum eine Forderung zur Elementarschadenpflichtversicherung in den Wahlprüfsteinen bekanntgemacht und an die Parteien versandt.