Barrierefreiheit

Rampe im Eingangsbereich eines Hauses


Die Zahl der alten Menschen steigt. 2030 wird fast jede Dritte älter als 65 sein, im Jahr 2050 jede Siebte älter als 80 Jahre. Die meisten Menschen möchten so lange wie möglich in ihrem eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung bleiben. Doch nur 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland sind derzeit barriere­frei ausgestattet. Bis 2035 werden einer im Auftrag der KfW durchgeführten Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU) zufolge rund zwei Millionen altersgerechte Wohnungen fehlen. 

Bestehende Wohnungen: Privilegierte Maßnahmen

Wer eine bestehende Eigentumswohnung für das Alter anpassen möchte, muss einige rechtliche Punkte beachten.

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 2020 hat jede Wohnungseigentümer*in Anspruch auf „angemessene bauliche Veränderungen“, die der Barrierefreiheit dienen (§ 20 Abs. 2 WEGesetz). 

Das bedeutet, jede einzelne Wohnungseigentümer*in kann auf eigene Kosten bauliche Maßnahmen zur Barrierefreiheit (sogenannte privilegierte Maßnahmen, zum Beispiel der Einbau einer Rampe, eines Treppenlifts, eines Aufzugs) durchsetzen, ohne dass dafür die Zustimmung der Miteigentümer*innen nötig ist. 

Allerdings darf die Eigentümergemeinschaft über das „Wie“ der Maßnahme, also über die Art der Aus- und Durchführung der Maßnahme, beschließen. Der neue gesetzliche Anspruch soll gerade mit Blick auf den demografischen Wandel Umbauten in Wohnungseigentumsanlagen vereinfachen – nach dem alten Wohnungseigentumsgesetz war für solche Maßnahmen eine doppelt qualifizierte Mehrheit der Eigentümergemeinschaft bzw. eine Zustimmung aller Eigentümer*innen notwendig, was in der Praxis häufig dazu führte, dass Maßnahmen nicht umgesetzt werden konnten.

Kostentragung

Folgendes sollten Sie in Bezug auf die Kosten wissen: Die Kosten für die Maßnahme müssen Sie als Antragsteller*in selbst tragen – und auch nur Sie dürfen die bauliche Veränderung dann nutzen, vorausgesetzt eine Einschränkung der Nutzung ist überhaupt möglich (wie z.B. bei einem Fahrstuhl). Natürlich können Sie den Antrag auch gemeinsam mit weiteren Eigentümer*innen stellen, um sich von Anfang an Kosten und Nutzung zu teilen. Mit Kosten sind nicht nur die Baukosten gemeint, sondern auch auf Dauer sämtliche Folgekosten wie Wartung, Reparaturen, Versicherung etc.

Wenn später weitere Eigentümer*innen verlangen, dass ihnen nach „billigem Ermessen“ die Mitnutzung gestattet wird, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) diesem Verlangen entsprechen – gegen eine angemessene Ausgleichszahlung für die bisher geleistete Investition sowie gegen eine anteilige Beteiligung an den künftig entstehenden Kosten (§ 21 Abs. 4 WEGesetz, „Nachzügler-Regelung“). Die Ausgleichszahlung muss die WEG per Beschluss festsetzen. Allerdings ist nicht klar, wie diese ermittelt werden soll – dies wird im Lauf der Zeit die Rechtsprechung konkretisieren müssen.

Beispiel Rampe - Nutzung kann nicht eingeschränkt werden

Verlangen Sie von der WEG, dass etwa durch eine Rampe die Treppen am Eingang überbrückt werden, dann können Sie das – wie oben ausgeführt – auf Ihre Kosten durchsetzen. Allerdings können eine solche bauliche Veränderung dann alle nutzen, die Nutzung kann ja nicht eingeschränkt werden. Das Problem der Nachrücker*innen stellt sich nicht, die Folgekosten liegen „auf ewig“ bei Ihnen.

Alternativ könnten Sie daher auch einen „normalen“ Beschlussantrag einbringen, dass die WEG eine solche Rampe bauen soll, und hoffen, dass eine Mehrheit für den Beschluss zusammenkommt. Dann müssen zumindest alle Ja-Sager für die Rampe zahlen. 

Kommt der Beschluss sogar zustande mit einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der Stimmen, die zusammen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile besitzen (doppelt qualifizierte Mehrheit), dann werden die Kosten – und später auch alle Folgekosten – auf alle Eigentümer*innen verteilt. Sofern es in Ihrer WEG also eine (große) Mehrheit für eine solche Maßnahme zur Herstellung von Barrierefreiheit gibt, wäre dieser Weg besser für Sie als der, sich auf Ihren neuen Anspruch auf eine solche Maßnahme zu berufen.

Neubauten: DIN-Norm vereinbart?

Die Vielfalt der Begriffe, mit denen Neubau-Wohnungen präsentiert werden, ist groß und reicht von „barrierearm“ über „altersgerecht“, „familiengerecht“ bis hin zu „behindertengerecht“. Die DIN 18040-2 legt fest, unter welchen Voraussetzungen Wohngebäude und Wohnungen barrierefrei sind. 

WiE rät: Kaufinteressenten sollten genau hinschauen, ob tatsächlich die DIN 18040-2 im Bauträgervertrag vereinbart ist oder ob lediglich einzelne Ausstattungsmerkmale, zum Beispiel eine bodengleiche Dusche oder schwellenlose Zugänge in der Wohnung, umgesetzt werden sollen. 

Wer sicher gehen will, dass seine Wohnung tatsächlich barrierefrei oder rollstuhlgerecht gebaut wird, sollte daher den Bauträgervertrag und die Baubeschreibung vor der Vertragsunterzeichnung von einem Experten prüfen lassen.

Soll die Wohnung mit dem Rollstuhl genutzt werden können?

Wenn eine Wohnung mit dem Rollstuhl genutzt werden soll, muss sie weitere Anforderungen erfüllen, die über die Barrierefreiheit hinausgehen. Die DIN 18040-2 unterscheidet zwischen „barrierefrei nutzbaren Wohnungen“ und „barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen“.

Achtung bei "Betreutem Wohnen" 

Nicht nur den Bauträgervertrag und die Baubeschreibung, sondern auch die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung sollten Kaufinteressenten unbedingt vor dem Kauf prüfen lassen. Denn diese können konfliktträchtige Regelungen in Bezug auf "Betreutes Wohnen" enthalten. 

Teilungserklärung prüfen lassen

Die Teilungserklärung kann "Knebel-Klauseln" enthalten, die vorschreiben, dass alle Wohnungseigentümer*innen der WEG einen Betreuungsvertrag mit einem bestimmten Unternehmen abschließen müssen. Stellt sich die Firma später als teuer oder unzuverlässig heraus, werden Kündigungen mit Verweis auf die Teilungserklärung zurückgewiesen.

Wenn eine Eigentumswohnungsanlage für den Zweck des Betreuten Wohnens errichtet wird, darf und sollte das natürlich auch so in der Teilungserklärung stehen. Doch welches konkrete Unternehmen den Betreuungsservice dann zu welchen Konditionen gewährleistet, muss den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft überlassen bleiben, die darüber dann bei Bedarf neu entscheiden kann.

Betreutes Wohnen – auch Service-Wohnen genannt – ist ein Markt mit sehr unterschiedlichen Angeboten. Bevor Senioren sich eine entsprechende Wohnung kaufen, sollten sie sich über Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle informieren. Was entspricht den persönlichen Bedürfnissen? Ist ein Angebot mit Pflege-Schwerpunkt gewünscht? Oder benötigen sie in der Wohnung nur wenige Unterstützungsleistungen, gar bloß zusätzlichen Komfort?