Bauliche Veränderungen

Dämmen eines Dachbodens

Das Wohnungseigentumsgesetz definiert bauliche Veränderungen als Maßnahmen, die „über die ordnungsmäßige Erhaltung hinausgehen“. Deshalb kann als einfacher Merksatz gelten: Alles, was nicht Erhaltung ist, ist bauliche Veränderung.

Während die Erhaltung darauf abzielt, den ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, soll mit der baulichen Veränderung ein neuer Zustand hergestellt werden. Der Zustand der Wohnanlage wird an irgendeiner Stelle geändert und der geänderte Zustand soll dann der neue ordnungsgemäße Zustand sein.

Den Begriff der „modernisierenden Instandsetzung“ gibt es seit dem 01.12.2020 nicht mehr. Jede Modernisierungsmaßnahme ist eine bauliche Veränderung. Denn wenn es nach der Maßnahme „moderner“ ist, geht die Maßnahme über die (bloße) Erhaltung hinaus. Das gilt auch dann, wenn eine beschädigte Anlage durch eine bessere, modernere Anlage ersetzt wird.

Typische bauliche Veränderungen:

  • Energetische Sanierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel
  • Fassaden- oder Dachdämmung
  • Ersatz doppelt verglaster Fenster gegen dreifach verglaste Fenster
  • Alle nach § 20 Abs. 2 WEGesetz privilegierten Maßnahmen, das heißt:
  • Maßnahmen zur Barrierereduzierung (Rampe, Aufzug)
  • Maßnahmen zur E-Mobilität
  • Maßnahmen zum Einbruchsschutz
  • Maßnahmen zur Herstellung schnellen Internets
  • Maßnahmen zur Stromerzeugung durch Steckersolargeräte
     
  • Sonstige Substanzeingriffe in das Gebäude, wie zum Beispiel
  • Balkonanbau
  • Balkonverglasung
  • Hausaufstockung
  • Installation einer PV-Anlage auf dem Dach

    Eine Ausnahme dürfte der Tausch der Heizungsanlage gegen eine moderne Heizungsanlage nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes darstellen. Sie ist laut Gesetzesbegründung als Erhaltungsmaßnahme zu behandeln. 

Wie kommen bauliche Veränderungen zustande?

Es ist zu unterscheiden zwischen baulichen Veränderungen, auf die einzelne Eigentümer:innen einen Anspruch haben und solchen, auf die zwar kein Anspruch besteht, aber trotzdem beschlossen werden dürfen. Es dürfen aber keine baulichen Veränderungen beschlossen werden, die einzelne Eigentümer:innen unbillig benachteiligen oder die Wohnanlage grundlegend umgestalten.

Privilegierte Maßnahmen

Auf die oben aufgelisteten privilegierten Maßnahmen gemäß § 20 Abs. 2 WEGesetz hat jede der Wohnungseigentümer:innen einen Anspruch. Das heißt, Maßnahmen aus diesen vier speziellen Kategorien kann jede Eigentümer:in fordern, wenn sie „angemessen“ sind. Was im Einzelfall angemessen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten.

Beispielsweise besteht nach dem Gesetz ein Anspruch darauf, dass die Infrastruktur für die Installation einer Wallbox auf einem Stellplatz geschaffen wird. Eigentümer:innen, die aber gar keinen Stellplatz haben, hätten keinen Anspruch darauf, dass zuerst einmal ein Stellplatz eingerichtet wird. In diesem Fall wäre die Forderung nicht (mehr) angemessen.

Liegen die Voraussetzungen einer privilegierten Maßnahme vor, hat der bzw. die Eigentümer:in einen Anspruch auf Beschlussfassung über die Maßnahme. Wird der Beschluss abgelehnt, kann die Zustimmung zum Beschluss gerichtlich eingeklagt werden.

Zustimmungsbedürftige Maßnahmen

Fällt eine Maßnahme nicht unter eine der privilegierten Kategorien, haben Eigentümer:innen nur dann einen Anspruch auf eine Beschlussfassung, wenn alle potentiell beeinträchtigten anderen Eigentümer:innen zustimmen (§ 20 Abs. 3 WEGesetz).

Es wird oft nicht leicht feststellbar sein, wer alles zustimmen muss. Als Faustregel kann gelten: Ist die Maßnahme mit einem nicht ganz unerheblichen Nachteil für andere Eigentümer*innen verbunden? Lautet die Antwort ja, dann muss diese Person zustimmen. Ohne deren Zustimmung gibt es auch keinen Anspruch.

Bei Maßnahmen, die sich auf die „Optik“ auswirken, also Änderungen an der Fassade, wird regelmäßig gelten, dass alle anderen Eigentümer:innen zustimmen müssen, weil alle die Fassade sehen können.

Mehrheitsbeschluss immer erforderlich

Alle baulichen Veränderungen kommen mit einfachem Mehrheitsbeschluss zustande. Der Beschluss sagt aber für sich genommen noch nichts über die Verteilung der Kosten.

Unzulässige Maßnahmen: Die Veränderungssperre

Nicht alle Beschlüsse über bauliche Veränderungen sind zulässig. Die Grenzen der Zulässigkeit setzt § 20 Abs. 4 WEGesetz. Danach sind unzulässig

  • Maßnahmen, die andere Eigentümer:innen unbillig benachteiligen oder
  • die Wohnanlage grundlegend umgestalten.

Die erste Variante soll einzelne Eigentümer:innen vor Nachteilen schützen, die sie stärker treffen als andere Eigentümer:innen. So wären Eigentümer:innen mit der Terrasse im Erdgeschoss durch den Balkonanbau im 1. OG stärker betroffen als Eigentümer*innen im 2. oder höheren OG.

Die zweite Variante betrifft, wie der Name schon sagt „grundlegende“ Veränderungen. Das ist eine sehr hohe Hürde. Das Gebäude müsste nach der Maßnahme buchstäblich „nicht wiederzuerkennen“ sein oder seine Nutzung müsste sich dramatisch ändern, beispielsweise wenn ein 2-stöckiges Gebäude um zwei Stockwerke aufgestockt würde oder die riesige parkähnliche Grünanlage „wegbetoniert“ würde.

Kostenverteilung

Wie werden die Kosten verteilt?

Die Verteilung der Kosten richtet sich in erster Linie danach, wer die bauliche Veränderung nutzen darf. Es gilt der Grundsatz, dass sich nur diejenigen an den Kosten (sowohl der ersten Installation als auch der nachfolgenden laufenden Kosten) beteiligen müssen, die die bauliche Veränderung nutzen dürfen.

Der gesetzliche Regelfall

Eine der Eigentümer:innen will eine bauliche Veränderung (entweder eine privilegierte Maßnahme oder eine zustimmungspflichtige Maßnahme) durchführen.

Die Kosten der Maßnahme sind dann von dieser  Eigentümer*in zu übernehmen. Das kann auf zwei Arten geschehen, je nachdem wie der Beschluss gefasst wird:

  • Entweder die Gemeinschaft führt auf Wunsch des oder der Eigentümer:in die Maßnahme aus, holt also Angebote ein und beauftragt das Handwerksunternehmen. Dann wird dafür sinnvollerweise ein Sonderumlage nur bei dieser Eigentümer:in erhoben und damit werden die Kosten bezahlt.
  • Oder die Gemeinschaft gestattet dem oder der Eigentümer:in die Durchführung. Dann bezahlt diese Person die Kosten „direkt aus eigener Tasche“ und schließt selbst den Vertrag mit dem Handwerksunternehmen.

Wollen mehrere Eigentümer:innen die bauliche Veränderung gemeinsam installieren und nutzen, werden die Kosten nur unter diesen Eigentümer:innen verteilt. Dabei können sie selbst über den Verteilungsschlüssel bestimmen. Die Verteilung nach Miteigentumsanteilen dürfte fast immer sachgerecht sein, aber auch ein anderer Verteilungsschlüssel kann innerhalb dieser Gruppe beschlossen werden.

Ausnahmen

Die Sonderfälle

Es gibt Fälle, wo eine Nutzung durch Einzelne gar nicht möglich ist oder wo es nicht um einen Anspruch eines Einzelnen geht, sondern die Gemeinschaft sich die Durchführung einer Maßnahme überlegt, weil sie sinnvoll ist. Die Dämmung der Fassade betrifft alle Eigentümer:innen. Hier würde zunächst auch der Grundsatz gelten, dass nur diejenigen die Maßnahme bezahlen, die dafür gestimmt haben. Da das aber ungerecht wäre und dazu führen könnte, dass einige Eigentümer:innen dagegen stimmen, um keine Kosten tragen zu müssen, gibt es hier zwei Ausnahmen:

Die doppelt qualifizierte Mehrheit

Stimmen mehr als 2/3 der teilnehmenden Eigentümer:innen, die zugleich mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile haben dafür, geht das Gesetz von einer Allgemeinnützigkeit der Maßnahme aus. Die Kosten werden dann nach dem üblichen Verteilungsschlüssel (Miteigentumsanteil) auf alle Eigentümer:innen verteilt.

Amortisation

Eine weitere Ausnahme ist die Amortisation. Werden die Kosten der Maßnahme durch Einsparungen innerhalb eines angemessenen Zeitraums „wieder hereingeholt“, amortisiert sich die Maßnahme. Da von den Einsparungen alle Eigentümer:innen profitieren, sollen in diesem Fall auch alle Eigentümer*innen die Kosten tragen. Den Zeitraum, in dem sich die Kosten amortisieren müssen, nennt das Gesetz nicht. Im Regelfall dürfte von einem Zeitraum von 10 Jahren auszugehen sein.

Zwei Dinge sind wichtig zu wissen:

  • Eine Amortisationsrechnung ist immer eine Prognose für die Zukunft. Ob sich die Zukunft wirklich so entwickelt, kann niemand vorhersehen. Entscheidend ist, dass es sich um eine plausible, realistische Prognose handelt.
  • Handelt es sich bei der baulichen Veränderung zugleich um eine Modernisierung, sind für die Amortisationsrechnung nur die auf die Modernisierung entfallenden Kosten entscheidend. Wenn ein sanierungsbedürftiges Dach modernisiert wird (z.B. verbesserte Wärmedämmung), gehören diejenigen Kosten, die im Fall einer reinen Dachreparatur entstehen würden, nicht dazu.