Neu: Übergangslösung mit zusätzlicher Präsenz-Eigentümerversammlung bis 2028 / Evaluation des Gesetzes in 2027
04.07.2024. Der Deutsche Bundestag wird voraussichtlich am heutigen Donnerstag, 4. Juli 2024, beschließen, dass die Wohnungseigentümerversammlung künftig auch rein virtuell stattfinden kann, wenn eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen dies beschließt. Allerdings muss in der Regel bis einschließlich 2028 immer auch noch eine zusätzliche Präsenzversammlung durchgeführt werden - davon kann die WEG nur einstimmig abweichen. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) sieht in dieser Gesetzesänderung eine Digitalisierung in maßvollen Schritten und setzt auf die Evaluation und Befragung der Wohnungseigentümer in 2027.
Die Eigentümerversammlung ist das Beschlussorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft. In ihr werden wichtige Entscheidungen gefällt. Die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes sieht nun vor, dass eien WeG die rein virtuelle Eigentümerversammlung für die Dauer von bis zu 3 Jahren beschließen kann, wenn eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen dafür stimmt. Allerdings soll eine zusätzlich durchzuführende Präsenzversammlung sicherstellen, dass bei der Einführung einer virtuellen Eigentümerversammlung diejenigen nicht ausgeschlossen werden, die nur vor Ort teilnehmen können oder wollen. Nur wenn in der Eigentümerversammlung alle gegen die zusätzliche Präsenzversammlung stimmen, kann die WEG auf sie verzichten.
Die Gesetzesänderung muss noch den Bundesrat passieren (voraussichtlich Ende September) und tritt am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
„Um die Einführung der rein virtuellen Eigentümerversammlung mit einem einfachen, einem dreiviertel oder einstimmigen Beschluss ohne zusätzliche Präsenzversammlung hatte es lang kontroverse Diskussionen und unterschiedliche Auffassungen gegeben“, erklärt WiE-Vorständin Gabriele Heinrich. Wohnen im Eigentum (WiE) und weitere Verbände hatten unter anderem in der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages auf die Gefahr hingewiesen, dass ältere oder technikferne Eigentümer*innen benachteiligt werden könnten. Zudem biete eine Eigentümerversammlung vor Ort ganz andere Möglichkeiten des Austausches. „Die nun gefundene Übergangslösung mit der zusätzlichen Präsenzversammlung ist eine Abwägung zwischen dem Wunsch nach schneller Digitalisierung der Eigentümerversammlung und den vorgebrachten Bedenken, sich generell von Vor-Ort-Veranstaltungen zu verabschieden.“
Wohnen im Eigentum empfiehlt weiterhin die hybride Versammlung
„Diese Übergangslösung wird in der Praxis sicherlich oft als hybride Versammlung (= Präsenzveranstaltung mit Online-Zuschaltung) umgesetzt werden. Denn welche Verwaltung wird und will zeitnah zwei Eigentümerversammlungen durchführen?", so Heinrich.
Wohnen im Eigentum setzt sich weiterhin für die hybride Eigentümerversammlung als inklusives Versammlungsformat ein. „Die virtuellen Versammlungen während der Corona-Zeit waren häufig keine Glanzlichter für den Willensbildungsprozess unter den Wohnungseigentümer*innen und somit keine Vorbilder.“ Die hybride Versammlung vereine hingegen die Interessen aller Teilnehmenden, sei bereits in vielen gesellschaftlichen Bereichen eingeführt und gewinne zunehmend an Bedeutung.
Gesetz in der Testphase – Evaluation in 2027
Die Praxistauglichkeit dieser Gesetzesänderung soll geprüft und 2027 evaluiert werden. „In der Gesetzesbegründung wird gleich viermal auf die Evaluation des Wohnungseigentumsgesetzes hingewiesen, die 2027 stattfinden soll“, so Heinrich. Das Ergebnis der Evaluation soll gegebenenfalls wieder zu einer Gesetzesänderung führen.
Deshalb fordert WiE schon jetzt, dass bei der Evaluation auch die Wohnungseigentümer*innen selbst über eine direkte Befragung oder – noch besser - im Rahmen eines Partizipationsverfahrens beteiligt werden. „Wir als Verbraucherverband mit direktem Draht zu den Wohnungseigentümer*innen können das Bundesjustizministerium dabei gerne unterstützen“, so Heinrich.
Auf jeden Fall gilt: „WiE wird die Entwicklung der Eigentümerversammlungen im Auge behalten“, so Heinrich „Uns ist es wichtig, dass alle Wohnungseigentümer die Chance erhalten, das für sie und ihre WEG richtige Versammlungsformat frei zu wählen. Dass ihnen also nichts aufgedrängt wird.“
Hinweis: Die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes sieht zudem vor, dass die Installation von Steckersolargeräten als privilegierte Maßnahme ins Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen wird. Darüber berichten wir in einer weiteren Pressemitteilung.
Auf unserer Übersichtsseite "Streitpunkt: Reine Online-Eigentümerversammlung" finden Sie Informationen zu den Versammlungsformaten, zur Chronologie des Gesetzgebungsprozesses und zu unseren politischen Arbeit rund um die Gesetzesänderung.