Keine Beteiligung der Wohnungseigentümer an der geplanten Gesetzesänderung „Online-Eigentümerversammlung“ im Bundesjustizministerium / WiE fordert partizipatives Gesetzgebungsverfahren

 

17.08.2022 Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) plant eine zentrale Änderung im Wohnungseigentumsgesetz wohl auf Initiative eines Verwalterverbandes. Geplant ist die Einführung einer reinen Online-Eigentümerversammlung ins Wohnungseigentumsgesetz. Wohnungseigentümer sollen sich per einstimmigen Beschluss in der Eigentümerversammlung für diese Art der Durchführung von Eigentümerversammlungen entscheiden, obwohl schon jetzt die Online-Zuschaltung zur Eigentümerversammlung möglich ist. WiE übt grundsätzliche Kritik an diesem Vorgehen des BMJ: Es ist keine Beteiligung der Wohnungseigentümer an diesem Gesetzgebungsverfahren geplant, es gab keine Evaluation, sie werden nicht gefragt. WiE sieht große Risiken für die Wohnungseigentümer und Gemeinschaften (WEGs) und fordert: Wenn das Gesetzgebungsverfahren kommen soll, dann nur unter direkter Beteiligung der Wohnungseigentümer.

 

Sitzen die Wohnungseigentümer am Katzentisch?
©WiE

Das Wohnungseigentumsgesetz betrifft in erster Linie die Wohnungseigentümer. Das Gesetz soll die Organisation der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums im Sinne und zum Nutzen der Wohnungseigentümer regeln. Deshalb müssen aus Sicht des Verbraucherschutzverbandes Wohnen im Eigentum (WiE) die Wohnungseigentümer befragt und beteiligt werden, soll am Gesetz etwas geändert werden. Insbesondere wenn es um Kernrechte der Wohnungseigentümer geht. Das ist bisher nicht geschehen.

 

Zwei Jahre nach der letzten Reform des Wohnungseigentumsgesetzes soll schon jetzt ein zentrales Recht der Wohnungseigentümer im Wohnungseigentumsgesetz wieder geändert werden. Und wieder werden die Wohnungseigentümer nicht befragt und nicht beteiligt – obwohl dies mit heutigen digitalen Mitteln einfach möglich wäre. Es wurde oder soll dem Vorhaben auch keine Evaluationsstudie vorgeschaltet werden – wie im Gesetzgebungsverfahren 2020 nach einem Erfahrungszeitraum von sieben Jahren vorgegeben wurde* - , sondern die Änderungsplanung basiert wohl allein auf der intensiven Lobbyarbeit der Verwalterverbände, also der Immobilienwirtschaft. Sie haben direkten Nutzen davon - weniger Personal- und Zeitaufwand, weniger Kosten. In den Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) kann dies dagegen zu Stress und Streit und zur Ausgrenzung von älteren und bildungsbenachteiligten Eigentümern führen.

„In einer Demokratie sollte jeder Betroffene (= hier die Wohnungseigentümer) die Möglichkeit haben, sich politisch einzubringen und nicht erst mit den bereits gefällten politischen Entscheidungen konfrontiert werden“, kritisiert Vorständin Gabriele Heinrich das Vorgehen des BMJ. Partizipation auf Augenhöhe zum Wohnungseigentumsgesetz fand bisher schon nicht statt. Jetzt wäre die Zeit dafür gegeben. Das Wohnungseigentumsgesetz böte sich für ein partizipatives Gesetzgebungsverfahren geradezu an.

Angesichts der zunehmenden Zahl an Bürgerräten für mehr Demokratie und der gesellschaftlichen Diskussionen über Bürgerbeteiligungen zur Klimawende, Partizipation der Behinderten an der Sozialgesetzgebung, der Forderung nach Kinder- und Jugendparlamenten, nach Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre etc. müsste das WEGesetz im BMJ ganz oben auf der Prioritätenliste für solch ein Gesetzgebungsverfahren stehen. WiE fordert deshalb die Einrichtung eines Eigentümer-Rates nach dem Vorbild der Bürgerräte für dieses Gesetzgebungsverfahren, organisiert vom BMJ.

„Das BMJ hat die Wohnungseigentümer weder als Eigentümer mit Schutzrechten bezüglich des eigenen Eigentums, noch als Verbraucher und auch nicht als Experten in eigener Sache zu dieser geplanten Gesetzesänderung bisher befragt“, konstatiert Heinrich. Stattdessen werden einseitig Gespräche mit Verwalterverbänden geführt.

* „Der Zeitraum von sieben Jahren ist erforderlich, weil sich die Wirksamkeit der Rechtsänderungen erst nach einem längeren Zeitraum messen lassen wird.“ heißt es in der Gesetzesbegründung in Bundestags-Drucksache 19/18791, S. 38.

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