19.11.2021. Wohnungseigentümer*innen sind zur Sanierung ihrer Wohnungseigentumsanlage verpflichtet, auch wenn die Kosten hierfür sehr hoch ausfallen würden. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs. Diese Pflicht gilt auch dann, wenn ein Sanierungsstau durch Überalterung oder mangelnde Instandhaltung der Immobilie vorliegt.

Im verhandelten Fall (BGH, 15.10.2021, Az. V ZR 225/20) ging es um ein mehr als 40 Jahre altes, stark sanierungsbedürftiges Parkhaus. Drei Ebenen wurden noch genutzt – sie waren Sondereigentum einer GmbH. Diese hatte die Ebenen an ein benachbartes Hotel vermietet. Die restlichen acht Ebenen waren schon seit Jahren wegen Mängeln außer Betrieb. Nachdem das Bauamt Nachweise für die Einhaltung der brandschutztechnischen Mindestanforderungen angefordert hatte, verhängten die Wohnungseigentümer*innen per Mehrheitsbeschluss ein Nutzungsverbot für die drei Ebenen – aus Gründen der Verkehrssicherheit. Die WEG wollte das Parkhaus nicht sanieren und hatte auch bereits in der Vergangenheit eine Sanierung abgelehnt. Erst wenn die Firma die drei Ebenen auf eigene Kosten saniert hat, sollte sie die Ebenen wieder nutzen dürfen.

Gegen diesen Beschluss klagte die Firma ohne Erfolg vor dem Amtsgericht Augsburg und in Berufung vor dem Landgericht München. Vor dem Bundesgerichtshof bekam sie nun aber Recht.

Wohnungseigentümer*innen sind, so heißt es in dem BGH-Urteil, „verpflichtet, die Behebung gravierender baulicher Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums zu veranlassen, die eine Nutzung des Sondereigentums zu dem vereinbarten Zweck erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen“, heißt es in dem Urteil (BGH, 15.10.2021, Az. V ZR 225/20). Sie dürften sich nicht darauf berufen, dass die Kosten für die Sanierung nicht zumutbar seien, stellt der BGH klar. Der Verpflichtung könnten sich die Eigentümer*innen auch nicht durch das Verhängen eines ein dauerhaften Nutzungsverbots – wie in dem verhandelten Fall geschehen – entziehen.

Ein solches Nutzungsverbot kann nur dann rechtmäßig sein, wenn eine Sanierungspflicht der Wohnungseigentümer*innen ausgeschlossen werden kann, stellten die BGH-Richter klar – und dies sei nur dann der Fall, wenn ein Gebäude im Sinne von § 22 Wohnungseigentumsgesetz durch punktuelle Ereignisse wie Brand, Überflutung oder Explosion zerstört worden sei.

Hinweise von Wohnen im Eigentum:

  • Der BGH betont, dass hohe Kosten für eine Sanierung kein Argument sein können, eine Sanierung nicht durchzuführen. Auch wenn also einzelne Eigentümer*innen mit einer Sanierung wirtschaftlich überfordert sein sollten, müsste die WEG die Wohnungseigentumsanlage sanieren, wenn sonst die weitere Nutzung seines Sondereigentums aufgrund von Mängeln bzw. Schäden am Gemeinschaftseigentum nicht möglich wäre. Das bedeutet: Eine einzelne Eigentümer*in kann künftig einfacher als bisher eine Sanierung einfordern. Kommt in der Eigentümerversammlung kein Mehrheitsbeschluss dafür zustande, kann sie eine Beschlussersetzungsklage einreichen, um einen entsprechenden Beschluss zu erzwingen.
  • Die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen tragen in der Regel alle Wohnungseigentümer*innen anteilig gemäß ihrer Miteigentumsanteile, es sei denn in der Gemeinschaftsordnung ist etwas anderes vereinbart.
  • Wohnen im Eigentum rät, anstehende Sanierungen möglichst nicht aufzuschieben, damit kein Sanierungsstau entsteht.
  • Sollten Sie den Kauf einer Bestands-Wohnung planen, informieren Sie sich zunächst gründlich über den Zustand des Gebäudes (insbesondere des Gemeinschaftseigentums) und über mögliche Sanierungen. Lassen Sie sich hierzu Protokolle der letzten Eigentümerversammlungen der WEG und einige Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne vorlegen. Wurden in den letzten Eigentümerversammlungen noch nicht durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen oder Modernisierungen beschlossen? Ist bald mit Sonderumlagen für Erhaltungsmaßnahmen/Modernisierungen zu rechnen? Wie hoch ist die Instandhaltungsrücklage der WEG? Außerdem sollten Sie die Finanzlage Ihrer WEG im Blick haben. Wie hoch ist das Hausgeld? Werden die Zahlungen von den Miteigentümer*innen rechtzeitig geleistet oder haben einzelne Miteigentümer*innen Schulden bei der WEG?