27.04.2023. Immobilienmakler dürfen von Kaufinteressenten in vorformulierten Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Reservierungsgebühr verlangen, wenn diese beim Nicht-Zustandekommen des Geschäfts nicht zurückgezahlt wird. Das gilt auch dann, wenn die Gebühr nicht direkt im Maklervertrag steht, sondern separat vereinbart wird. Das hat vor kurzem der Bundesgerichtshof entschieden. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) begrüßt das Urteil und sieht in ihm eine Stärkung des Verbraucherschutzes.
Eine Vereinbarung zur Zahlung einer Reservierungsgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist unwirksam, stellte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil (Urteil vom 20.04.2023, Az.: I ZR 113/22) fest, da sie die Maklerkunden unangemessen benachteiligt – unter anderem weil eine Rückzahlung der Gebühr ausgeschlossen sei. Zudem komme der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich – was dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags widerspreche.
Der Bundesgerichtshof ergänzt und bekräftigt mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung: Bereits 2010 hatte er die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr im Maklervertrag für unwirksam erklärt (Urteil vom 23.09.2010; Az. III ZR 21/10), da sie die Kunden unangemessen benachteiligt. Jetzt ist klar: Eine Reservierungsgebühr ist auch dann unzulässig, wenn sie nicht im Maklervertrag selbst, sondern in einer separaten Vereinbarung ergänzend zum Maklervertrag vereinbart wird.
Kein „Schleichweg“ zur Erhebung einer Reservierungsgebühr mehr möglich
Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) begrüßt die höchstrichterliche Entscheidung: „Es spielt für den Kaufinteressenten keine Rolle, ob die Reservierungsgebühr im Maklervertrag oder in einer gesonderten Vereinbarung steht. Die Benachteiligung und Auswirkung für den Verbraucher ist in beiden Fällen identisch. Daher ist es gut, dass der BGH nun auch den ‚Schleichweg‘ von Maklern, über eine gesonderte Vereinbarung eine Reservierungsgebühr zu erheben, einen Riegel vorgeschoben und den Verbraucherschutz dadurch gestärkt hat“, sagt Michael Nack, Rechtsreferent von Wohnen im Eigentum.
Hintergrund: Makler oder Bauträger verlangen von Kaufinteressenten häufig ein so genanntes „Reservierungsentgelt“ – dafür, dass sie die Immobilie für einen gewissen Zeitraum keinem anderen Interessenten anbieten. Kauft der Kunde das Haus oder die Wohnung, wird die Gebühr mit dem Kaufpreis verrechnet; kommt der Kauf nicht zustande, musste die Gebühr dennoch bezahlt werden. Wohnen im Eigentum kritisiert das Erheben einer Reservierungsgebühr schon seit langem und sieht seine Auffassung durch den BGH bestätigt: Wird der Verkäufer nicht in die Reservierung eingebunden, kann der Makler nicht garantieren, dass der Interessent die gewünschte Immobilie wirklich erhält. Außerdem kritisch: Eine Reservierungsgebühr übt auf Kaufinteressenten einen Druck zum Kauf aus, da diese die Zahlung nicht verfallen lassen möchten. „Es handelt sich häufig um den Versuch von Immobilienmaklern, eine zusätzliche Einnahmequelle zu schaffen“, so Michael Nack.
Rückzahlung der Reservierungsgebühr prüfen lassen
Das Urteil betrifft alle Fälle, in denen Makler mit ihren Kunden vorgefertigte Reservierungsverträge abgeschlossen haben. Wohnen im Eigentum rät daher: Kaufinteressenten, die eine Reservierungsgebühr bezahlt haben, sollten rechtlich prüfen lassen, ob sie diese vom Makler zurückfordern können. Seinen Mitgliedern bietet Wohnen im Eigentum kostenfreie, telefonische Rechtsauskünfte an.
Individuell ausgehandelte Reservierungsgebühr weiterhin zulässig
Die Entscheidung betrifft allerdings nicht die Fälle, in denen Makler und Kaufinteressent die Reservierungsvereinbarung individuell ausgehandelt haben bzw. aushandeln, also keine vorgefertigten Formulierungen verwendet wurden und der Kaufinteressent tatsächlich die Möglichkeit hatte, auf die Höhe der Gebühr einen Einfluss zu nehmen. Denn solche Individualvereinbarungen unterliegen nicht der so genannten Inhaltskontrolle nach den AGB-Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch.„Dies kommt in der Praxis aber nur selten vor“, so die Einschätzung von Michael Nack.
Potenzielle Interessenten, die jetzt oder zukünftig auf der Suche nach einer Immobilie sind, sollten das BGH-Urteil im Hinterkopf haben und vor dem Hintergrund keinesfalls eine Reservierungsgebühr akzeptieren, egal ob diese im Maklervertrag, separat mit vorgefertigten Formulierungen oder individuell vereinbart werden soll, so die Empfehlung von Wohnen im Eigentum.