Wohnen im Eigentum fordert Notgesetz für Eigentümerversammlungen per Online-Konferenzen / 1. Lesung der Reform des WEGesetzes im Bundestag am 7. Mai / WiE befürchtet „Durchwinken“ noch vor der Sommerpause

30.04.2020. Viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) dürfen derzeit auf Grund behördlicher Anordnungen keine Eigentümerversammlungen abhalten. Sie müssen ihre Versammlungen verschieben. Für einige WEGs ohne besonderen Besprechungs- und Beschlussbedarf ist das kein Problem. „Aber was sollen WEGs machen, die mitten in einer Sanierung stecken oder andere dringende Entscheidungen treffen müssen?“ – das fragt Gabriele Heinrich, Vorstand des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE) in Richtung Bundesregierung und Politik.

WiE erhält zunehmend fragende Hilferufe von Wohnungseigentümern, die nicht wissen, wie sie vorgehen und was sie machen sollen. Nach dem derzeitigen Wohnungseigentumsgesetz dürfen nur Präsenzveranstaltungen abhalten werden. Alles andere ist nicht erlaubt, wenn es nicht bereits in der Gemeinschaftsordnung vereinbart ist – doch das ist selten der Fall. Die WEGs behelfen sich daher mit Vertreterversammlungen, bei denen die Verwalter Eigentümerversammlungen allein, aber mit Vollmachten der Eigentümer durchführen. Doch dann bleibt kein Raum für Diskussionen. Oder die Eigentümer treffen sich doch, vor Ort oder online, obwohl sie beides eigentlich nicht dürfen. Das Problem in all diesen Fällen: Werden dann Beschlüsse gefasst, z.B. zur Änderung einer Sanierung, die gerade deutlich teurer wird als geplant, könnten diese anfechtbar sein, weil die Versammlung nicht korrekt abläuft.

Aus dieser Zwickmühle gibt es aktuell keinen Ausweg. „Was sollen Wohnungseigentümer tun, wenn sie jetzt eigentlich komplexe Brandschutzmaßnahmen umsetzen müssten, weil ihnen sonst Bußgelder drohen?“, fragt händeringend auch Thomas Brandt, Rechtsanwalt und Berater von Wohnen im Eigentum. „Die Politik lässt die WEGs im Regen stehen.“ Etwa in der Coronaschutzverordnung NRW werden Eigentümerversammlungen nicht einmal erwähnt. Sie sind wie andere Versammlungen unzulässig.

Die Politik setzt nun wohl mehrheitlich auf die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, die am 7. Mai in 1. Lesung in den Bundestag kommt. Doch zum einen ermöglicht der Gesetzentwurf auch nur Präsenz-Eigentümerversammlungen mit Online-Zuschaltungen – keine reinen Online-Konferenzen –, zum anderen ist eine radikale Umgestaltung des Gesetzes geplant mit massiven Einschränkungen der Rechte der Wohnungseigentümer. Daher warnt WiE davor, diese große Reform zu übereilen, befürchtet jedoch, dass sie „durchgewunken“ werden wird. Für die Beratungen der komplexen und gravierenden Gesetzesänderungen im federführenden Rechtsausschuss ist gerade einmal die Zeit von zwei Sitzungswochen angesetzt;  gemäß Plan soll der Gesetzentwurf am 19. Juni verabschiedet werden. Dabei kennt sich kaum ein Bundestagsabgeordneter mit dieser besonderen Rechtsmaterie aus und kann oder will sich in der Kürze der Zeit auch nicht mehr einarbeiten. Nach Einschätzung von WiE wird es wohl nicht einmal eine Opposition gegen das neue Wohnungseigentumsgesetz geben. Auch die Medien – insbesondere Fernsehen und Rundfunk – berichten (bis auf wenige Ausnahmen) nicht darüber. Viele Wohnungseigentümer wissen noch gar nichts von der geplanten Reform.

Wegen Corona und zur schnellen Einführung der E-Mobilität in den WEGs werden politische Sachzwänge geschaffen – auf Kosten, zu Lasten und mit hohen Risiken für die Eigentümer und Mieter von 10 Mio. Wohnungen, das sind 25 % aller Wohnungen in Deutschland. Das darf so nicht geschehen! Wohnen im Eigentum fordert deshalb:

  1. Soforthilfe: Auf die Schnelle muss ein Notgesetz verabschiedet werden, damit WEGs in Bedrängnis Online-Versammlungen abhalten dürfen, bei denen auch eine Zuschaltung per Telefon möglich ist. Zudem sollten Umlaufbeschlüsse mit den Mehrheiten ermöglicht werden, die auch für Beschlüsse in einer Eigentümerversammlung erforderlich sind.
  2. Die Verabschiedung der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (geplant am 19. Juni) muss jedoch in den Herbst verschoben werden, damit dem Bundestag ausreichend Zeit zur Beratung bleibt und einige hochriskante Regelungen im Gesetzentwurf noch geändert oder wenigstens abgemildert werden können.

Heinrich: „Sonst kann ich nur sagen: Arme Wohnungseigentümer!“