Der Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung umfasst insgesamt 178 Seiten. Wohnen im Eigentum hat die wichtigsten Abschnitte für Wohnungseigentümer*innen zusammengetragen. Insgesamt werden dem Bereich Bauen und Wohnen sechs Seiten gewidmet (88 – 93). Der für Wohnungseigentümer*innen zentrale Satz des Programms befindet sich auf Seite 88 „Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten.“

Speziell zum Wohnungseigentum sind dabei nach Auffassung von WiE die nachfolgenden Kernaussagen von Bedeutung: „Wir streben eine breite, systematische Nutzung von Sanierungsfahrplänen an und werden diese z. B. für Wohnungseigentumsgemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos machen“ (Seite 91). Obwohl sich dieser Satz im Abschnitt zu Klimaschutz im Gebäudebereich steht, sollten Sanierungspläne nicht nur den Klimaschutz im Blick haben. Denn auch andere Bereiche, wie die Barrierefreiheit, müssen Berücksichtigung finden. „Wir wollen mehr Menschen in Deutschland ermöglichen, im selbstgenutzten Eigentum zu wohnen. Die Hürden beim Eigentumserwerb wollen wir durch eigenkapitalersetzende Darlehen senken und Schwellenhaushalte langfristig z. B. mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen beim Eigentumserwerb unterstützen“ (Seite 92).

Weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt in der eigenen Immobilie. Zuletzt ging die Wohneigentumsquote in Deutschland sogar zurück. Mit dieser Absichtserklärung sollen nicht der Erwerb von Eigentumswohnungen gefördert werden, sondern auch das klassische Eigenheim. Als eine Maßnahme plant die Koalition eine „flexiblere Gestaltung der Grunderwerbssteuer, z.B. durch einen Freibetrag zu ermöglichen“ (Seite 92). Zur Gegenfinanzierung sollen „steuerliche Schlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen geschlossen werden. Jedoch können die Bundesländer bereits gegenwärtig den Steuersatz aufgrund Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG selbst festlegen. Mit Ausnahme von Bayern und Sachsen wurde in den vergangenen 11 Jahren in allen Bundesländern die Steuersätze erhöht. Die Einräumung von Freibeträgen könnte die Belastung weiter verringern – vorausgesetzt, dass die Steuersätze unverändert bleiben.


„Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, verhindert die Wohnraumknappheit vor allem in Ballungsgebieten, dass sich angemessene Mieten am Wohnungsmarkt bilden können. Daher werden wir die geltenden Mieterschutzregelungen evaluieren und verlängern. In angespannten Märkten werden wir die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren absenken. Wir verlängern die Mietpreisbremse bis zum Jahre 2029“ (Seite 91).

Bisher gilt in Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt eine Kappungsgrenze von 15% (ansonsten 20%). Die Mietpreisbremse ist derzeit noch zeitlich begrenzt bis zum 31.12.2025. Diese Absichten betreffen also die vermietenden Wohnungseigentümer.


„Im Grundbuch wird eine ladungsfähige Anschrift bei Änderungen verpflichtend“ (Seite 92).
Die verpflichtende Eintragung einer ladungsfähigen Anschrift im Grundbuch dürfte für Wohnungseigentümergemeinschaften durchaus von Interesse sein, wenn die Adresse einer Eigentümer*in in Erfahrung gebracht werden muss.


„Wir führen den echten Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter ein“ (Seite 92).

Die Verordnung zur Verwalterzertifizierung (VerwZertV) ist zum 26.11.2021 erlassen worden. Der Anspruch der Wohnungseigentümer*innen auf einen zertifizierten Verwalter wird ab dem 01.12.2022 bestehen. Die Absichtserklärung bezieht sich aber nicht speziell auf die WEG-Verwalter, sondern auch auf die weiteren Akteure in der Immobilienbranche – die Makler und Mietverwalter.

WiE hat sich bereits kritisch zu dieser Rechtsverordnung geäußert. Hier geht es zur Stellungnahme.


„Die TA Lärm werden wir modernisieren und an die geänderten Lebensverhältnisse in den Innenstädten anpassen, um Zielkonflikte zwischen Lärmschutz und heranrückender Wohnbebauung aufzulösen. Wir erkennen für Clubs und Livemusikspielstätten ihren kulturellen Bezug an. Für beides werden wir die Baunutzungsverordnung und TA Lärm anpassen (Seite 93).

Bei der TA Lärm (technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die die einzuhaltenden Richtwerte für Geräuschimmissionen bestimmt.  Dieser Programmpunkt dürfte durchaus einen gewissen „sozialen Sprengstoff“ beinhalten. Denn einerseits wünschen sich viele Menschen möglichst geringe Geräuschimmissionen, andererseits kann dieser Programmpunkt darauf hindeuten, dass Erleichterungen für den Betrieb von Clubs und Livemusikspielstätten denkbar sind.


„Wir unterstützen Kommunen bei der Prävention und Bewältigung von Starkregenereignissen und der Anpassung an den Klimawandel. Die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021, vor allem im Ahrtal und Teilen Nordrhein-Westfalens, hat uns eindrücklich vor Augen geführt, welche verheerenden Folgen Extremwetter haben können. Wir werden den Wiederaufbau dort gemeinsam mit den Ländern mit aller Kraft vorantreiben“ (Seite 93).

Die Flutkatastrophe hat deutlich vor Augen geführt, dass der Klimawandel in Deutschland angekommen ist. Eine Stellungnahme im Koalitionsvertrag, wie mit solchen Ereignissen umzugehen ist, war deshalb zu erwarten. Die Unterstützung der Kommunen kann aber nur ein Pfeiler der Prävention und Bewältigung sein. Hier wäre es wünschenswert, wenn auch die Betroffenen unmittelbar einbezogen werden.