04.04.2022. Im Verwaltervertrag werden die einzelnen Rechte und Pflichten und insbesondere auch die Kosten der Verwaltung näher festgelegt. Was Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) beim Abschluss beachten sollten, erläutert Rechtsanwältin Sandra Weeger-Elsner, die für Mitglieder von Wohnen im Eigentum Verwalterverträge prüft, im Interview.

WiE: „Frau Weeger-Elsner, wie gut wissen Wohnungseigentümer*innen nach Ihrer Erfahrung über den Vertrag mit der Verwaltung Bescheid?“

Sandra Weeger-Elsner: „Nur die wenigsten Eigentümer*innen kennen überhaupt ihren Verwaltervertrag. Der Verwaltervertrag ist häufig quasi ein unbekanntes Wesen. Das liegt meist daran, dass die Bestellung einer bestimmten Verwaltung vor und in der Eigentümerversammlung viel diskutiert wird, der wichtige Vertrag mit dem Verwalter oder der Verwalterin aber unter demselben Tagesordnungspunkt dann einfach nur noch durchgewunken wird. Bestellung und Vertrag begründen aber grundsätzlich zwei voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse. Laut Rechtsprechung müssen der Eigentümergemeinschaft, wenn die Neubestellung einer Verwaltung ansteht, drei Angebote von unterschiedlichen Verwaltungen vorliegen. Das heißt, diese Angebote, also die Vertragsentwürfe, müssen bereits der Einladung zur Eigentümerversammlung beiliegen. Das wird aber häufig nicht gemacht.“

WiE: „Wer sollte die Angebote einholen, die ‚alte‘ Verwaltung ja wahrscheinlich nicht?“

Sandra Weeger-Elsner: „Nein, darum kümmern sich in der Regel die Eigentümer*innen, die den Verwaltungswechsel vorbereitet und die diesen Beschlusspunkt dann auch auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung gebracht haben. Das ist oft der Verwaltungsbeirat. Aber auch jede andere Eigentümer*in kann aktiv werden.“

WiE: „Gibt es bei einer Wiederbestellung der amtierenden Verwaltung einen neuen Vertrag?“

Sandra Weeger-Elsner: „Das kommt darauf an, inwieweit der alte Vertrag nach der WEGesetz-Reform noch mit der seit dem 1.12.2020 geltenden Rechtslage in Einklang zu bringen ist. Enthält der alte Vertrag Klauseln, die dem neuen Wohnungseigentumsgesetz widersprechen (Beispiel: "Der Verwalter kann nur aus wichtigem Grund abberufen werden"), ist eine Neufassung sinnvoll, unter Umständen sogar geboten. Aber Achtung: In neuen Verwalterverträgen stehen sehr häufig vielfältige Kostenregelungen im Vordergrund. Das heißt, ein neuer Vertrag wird in aller Regel spürbar teurer werden."

WiE: „Welche Vertragslaufzeit empfehlen Sie?“

Sandra Weeger-Elsner: „Ganz wichtig ist zunächst, dass die Laufzeit des Vertrages mit der Dauer der Verwalterbestellung, die die WEG beschließt, übereinstimmt. Manche Verwalterverträge enthalten Verlängerungsklauseln für den Fall, dass der Vertrag nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt wird. In diesem Fall kann es schnell zu einem Auseinanderfallen von Bestell- und Vertragslaufzeit kommen. Solche Klauseln sollten daher nicht akzeptiert werden. Bei der Bestellung einer neuen Verwaltung sind ein oder zwei Jahre empfehlenswert. Plant eine WEG ein größeres Bau- oder Sanierungsvorhaben, sollte die Vertragslaufzeit wiederum so bemessen sein, dass sie nicht mitten im Bauvorhaben endet.“

WiE: „Welchen Verhandlungsspielraum haben WEGs? “

Sandra Weeger-Elsner: „Oft interessieren sich die Eigentümer*innen nur für die Höhe der Vergütung und verhandeln auch nur darüber. Doch das ist zu kurz gedacht. Ein Verwaltervertrag regelt auch Rechte und Pflichten – mithin die „Macht“, die der Verwalter*in zugestanden wird. (Im WiE-Ratgeber "Das Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen"  finden Sie Erläuterungen und Tipps zur Gestaltung des Verwaltervertrags) Allerdings ist der Verhandlungspielraum natürlich erheblich eingeschränkter, wenn die Verwaltung bereits bestellt wurde. Der Verwaltervertrag sollte stets vor der Eigentümerversammlung, in der die Verwaltung bestellt werden soll, ausgehandelt sein und in der betreffenden Versammlung dann nur noch beschlossen werden müssen. Häufig arbeiten Verwalter*innen mit Musterverträgen ihrer Verbände, die naturgemäß so gestaltet sind, dass die Interessen der Verwalter*innen besonders gut gewahrt sind. Doch viele Klauseln sind verhandelbar! Deshalb macht ein Vergleich mit dem WiE-Muster-Verwaltervertrag, der aus Eigentümersicht geschrieben ist, unbedingt Sinn. Als Mitglied von WiE kann die WEG auch eine Überprüfung eines Verwaltervertrags – idealerweise vor dem Beschluss darüber! – in Auftrag geben. Bei einer solchen Vertragsprüfung gebe ich Tipps zu den für die WEG günstigsten Formulierungen und spreche Empfehlungen aus, welche Klauseln gestrichen werden sollten und welche für eine WEG wichtig sind, aber fehlen.“

WiE: „Welche Entwicklungen gibt es denn bei den Verwalterverträgen?“

Sandra Weeger-Elsner: „Auffällig ist, dass Verwaltungen zunehmend Sondervergütungen erheben. Das ufert mittlerweile häufig aus und ist nach der Rechtsprechung nicht immer zulässig. Manchmal werden Leistungen, für die Sondervergütungen erhoben werden, auch wild über den Vertrag verteilt, so dass sie für die Wohnungseigentümer*innen nur noch schwer nachzuvollziehen sind und es dem Vertrag an Transparenz fehlt. Grundsätzlich können Verwaltungen Sondervergütungen nur für solche Leistungen erheben, die laut Gesetz und Rechtsprechung nicht über die Grundvergütung abgedeckt sind. Möglich ist das zum Beispiel für die Einladung zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung, sofern diese nicht aufgrund eines Versäumnisses der Verwaltung erforderlich wird, sowie für eine ggf. laut Teilungserklärung nötige Zustimmungserteilung beim Eigentümerwechsel. Diese Sonderleistungen müssen im Vertrag definiert sein – ebenso wie die Höhe der jeweiligen Sondervergütung. Sonst hat die Verwaltung keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung.

Natürlich kann die WEG der Verwaltung auch jederzeit per Beschluss eine Sondervergütung zusagen, etwa dann, wenn die Verwaltung während des laufenden Vertragsverhältnisses Aufgaben erfüllen muss, die objektiv mit einem erheblichen Mehraufwand und/oder einer besonderen Haftungsgefahr verbunden sind. Ein Beispiel für einen unvorhergesehenen Mehraufwand ist etwa der Zensus in diesem Jahr 2022 bzw. die Einführung der Pflicht zu Dichtigkeits- und der Legionellenprüfungen. Eine Klausel im Vertrag, die der Verwaltung per se das Recht auf eine Sondervergütung einräumt, wenn solche Zusatzaufgaben im laufenden Vertragsverhältnis unvorhersehbar anfallen, sollte dagegen nicht akzeptiert werden.“  

WiE: Frau Weeger-Elsner, vielen Dank für das Interview.