Wohnungseigentumsspezifische Schritt-für-Schritt-Regelungen fehlen / Wenig Rechte für klimaschützende Wohnungseigentümer*innen / WiE fordert Nachbesserung

13.04.2023 Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WIE) stellt in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) fest, dass der Gesetzesentwurf gerade für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) deutlich hinter den möglichen Mitteln und Wegen für eine effektive Energiewende zurückbleibt. Die Einführung von konkreten Umstellungsschritten und -fristen, technischen aber technologieneutralen Vorgaben sowie staatlichen Hilfsprogrammen wird nicht konsequent fortentwickelt und zu Ende gedacht. Wohnen im Eigentum fordert konsequenteres Vorgehen und konkrete Verbesserungen für WEGs – für den Klimaschutz und den Verbraucherschutz.

In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes begrüßt der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) das Bestreben der Bundesministerien für Wirtschaft, Klimaschutz sowie Wohnen und Bauwesen (BMWK und BMWSB), die Umstellung der Wärmeversorgung im Wohnungsbestand auf 65% Erneuerbare Energien voranzutreiben. Der Gesetzgeber gibt dafür technische, technologieneutrale Anforderungen, Umstellungsfristen und staatliche Hilfsprogramme vor.

Im Hinblick auf die Energiewende bleiben diese Vorgaben aber gerade für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Einführung einer wohnungseigentumsspezifischen Schritt-für-Schritt-Regelung für WEGs, mit der die Eigentümer*innen Orientierung erhalten, wie sie die Wärmewende in ihren WEGs umsetzen können, wird nicht konsequent bis zur Umstellung fortentwickelt. „Der Zug bleibt auf halber Strecke stehen.“ so die Einschätzung von Vorständin Gabriele Heinrich. Damit wird die Chance vertan, den 65 EE%-Umbauprozess in WEGs mit konkreten Verantwortungszuweisungen und wegweisenden Handlungsanweisungen zu steuern. „Die Vorgaben haben eine noch zu geringe Steuerungswirkung.“ So Heinrich.

Weiterer wichtiger fehlender Punkt: an Klimaschutz interessierte und engagierte Wohnungseigentümer*innen benötigen Anspruchsgrundlagen zur Durchsetzung bzw. Umsetzung der 65% EE-Anforderungen und müssen Gestaltungsmöglichkeiten erhalten, um als Vorreiter*innen oder Wegbereiter*innen in ihren WEGs zu agieren. Diese Rechte, die im Bedarfsfall gegenüber der Verwaltung oder Miteigentümer*innen sowie bei selbstverwaltenden WEGs auch gegenüber Dritten geltend gemacht werden können, fehlen im aktuellen Entwurf. „Sie sind aber notwendig, um Dynamik in die Umbauprozesse in WEGs zu bringen.“ Erklärt Vorständin Heinrich. Deshalb bleibt es nach Einschätzung von Wohnen im Eigentum e.V. zweifelhaft, ob mit dem aktuellen Referentenentwurf das Ziel der Energie- und Klimawende in WEGs wirklich erreicht werden kann.

Unklar bleibt auch, ob und wie die neu eingeführten Härtefallregelungen für über 80-Jährige und Transferleistungsbeziehende im Wohnungseigentum angewendet bzw. umgesetzt werden sollen.

WiE fordert deutliche Optimierungen und Ergänzungen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und Bundesministerium für Wohnen, Städtebau und Bauwesen (BMWSB):

  • Die Entwicklung eines Heizungs-Umstellungsplans nebst Kosten- und Finanzierungsplan und dessen Integration in einen verbindlichen mittel- und langfristigen Erhaltungs- und Sanierungsplan ist einzuführen, damit Wohnungseigentümer*innen rechtzeitig anfangen, Rücklagen zu bilden. Diese Vorsorge ist auch Verbraucherschutz. Die Frist sollte 3 Jahre dauern und ab 2025 beginnen. Auf dieser Grundlage kann dann die Umstellung innerhalb von 7 weiteren Jahren erfolgen.
  • Die Verwaltungen der WEGs sind stärker in die Pflicht zu nehmen. Denn nur die Verwaltung ist per Gesetz die „handelnde Hand“ der WEG. Nur sie haben die Aufgabe, die Wärmewende in den WEGs umzusetzen – auf der Grundlage der Beschlüsse der WEGs. Die Steuerungsmöglichkeiten der einzelnen Wohnungseigentümer*innen sind zu gering und die Gestaltungsmöglichkeiten und -prozesse in den WEGs systembedingt langwierig und leicht ausbremsbar.
  • Der Beiratsvorsitzende oder ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer muss gesetzlich eine Sonderermächtigung erhalten, um Maßnahmen zur Heizungsumstellung für die WEG bei Bedarf oder im Notfall selbständig durchführen zu können. Für selbstverwaltende WEGs und für WEGs, die zeitweise ohne Verwaltung dastehen, ist dies dringend notwendig.
  • Ein Scheitern der Planung der Wärmenetzbetreiber darf nicht auf dem Rücken von Gebäude- und Wohnungseigentümern ausgetragen werden, die einen Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetzanschluss beantragt haben.
  • Die angedachte soziale Schutzregelung, dass Gebäudeeigentümer*innen über 80 Jahren keine Heizungsanlagenumstellung mehr vornehmen müssen, muss gestrichen werden. In WEGs ist dieses Kriterium nicht umsetzbar und würde die Wohnungseigentümer*innen benachteiligen.
  • Differenzierte Ausnahmeregelungen bei der Umsetzungsfrist (z.B. nach Einkommens- und Vermögensverhältnissen und entstehenden Kosten) sind zu entwickeln.
  • Für einkommensschwache Wohnungseigentümer*innen sind staatliche Unterstützungsleistungen zu entwickeln, wie auch sie staatliche Unterstützung für die Heizungsumstellung erhalten können.

„Klimaschutz und Verbraucherschutz müssen bei der Heizungsumstellung in WEGs auf 65% Erneuerbare Energien gleichzeitig und gemeinsam bedacht und angegangen werden.“ fasst Gabriele Heinrich das Anliegen und die Stellungnahme des Verbandes Wohnen im Eigentum zusammen. „Dahingehend müssen die Bundesministerien noch nachbessern.“

-------------------------------------

Hier geht es zur Stellungnahme von WiE zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes

Weitere Informationen: Eine Blitz-Umfrage von Wohnen im Eigentum (WiE) im letzten Jahr weist nach: Wohnungseigentümer*innen haben es deutlich schwerer als Hauseigentümer*innen, energetische Sanierungen auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Hier finden Sie die Umfrageergebnisse: wie-auswertung-umfrage-energie-beratung_221123_1.pdf (wohnen-im-eigentum.de)