11.01.2023. Wohnen im Eigentum (WiE) informiert über die Entlastungen in Form der Gas-, Fernwärme- und Strompreisbremse, zeigt Mängel im Hinblick auf die praktische Umsetzung in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) auf und gibt Handlungsempfehlungen, wie Wohnungseigentümer*innen mit den Regelungen umgehen können.

Mit zwei neuen Gesetzen sollen Verbraucher bei den hohen Energiepreisen entlastet werden: dem „Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – EWPBG“ und dem „Strompreisbremsengesetz – StromPBG“. In Kraft treten sie zum 01.03.2023 und gelten bis zum 30.04.2024. Die Berechnung der Entlastung durch die beiden „Bremsen“ erfolgt aber bereits rückwirkend zum 01.01.2023, das heißt die gedeckelten Preise wirken sich schon seit 01.01.2023 aus.

Wie werden die Gas-, Fernwärme- und Strompreise gedeckelt?

Private Haushalte zahlen von Januar 2023 bis einschließlich April 2024 einen gedeckelten Preis für Gas, Fernwärme und Strom. Der Gaspreis wird auf zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzt, bei Fernwärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Beim Strompreis wurde die Deckelung auf 40 Cent pro Kilowattstunde festgelegt.

Allerdings gelten die Preisbremsen jeweils nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs (für Stromverbrauch der über 30.000kw hinausgeht nur 70 Prozent). Für die restlichen 20 Prozent muss jeweils der „normale“ Marktpreis gezahlt werden.

Vorjahresverbrauch meint dabei den bisherigen Verbrauch! Die Berechnungsgröße, wann 80 Prozent überschritten sind, richtet sich also nicht nach dem Verbrauch, der 2023 entstehen wird, sondern nach dem Verbrauch in 2022.

Wie können die Preisbremsen in WEGs umgesetzt werden?     

Die Entlastung erfolgt bei Wohnungseigentümer*innen in der Jahresabrechnung 2023, die erst in 2024 erstellt wird. Dort werden die Entlastungen als Abzug von den Kosten ausgewiesen. Die WEG muss aber die Informationen über die Entlastung, die ihr der Lieferant mitteilen muss, unverzüglich nach Erhalt den Eigentümer*innen mitteilen.

Vermietende Eigentümer*innen müssen diese Informationen darauffolgend umgehend in Textform an ihre Mieter*innen weitergeben. Letztere erhalten die Entlastung über die Betriebskostenabrechnung.

Was jedoch einfach klingt, ist es in der Praxis nicht, denn die Gesetze warten mit einer Ausnahmeregelung auf, die einige Unklarheiten für Wohnungseigentümergemeinschaften bereit hält:

„Härteregelung“ bei einer Überdeckung von mehr als 10 Prozent

Wohnungseigentümer*innen (und auch Mieter*innen) können einen Anspruch auf Kürzung der Vorschüsse (Betriebskostenvorauszahlungen) geltend machen bevor die Entlastung im Rahmen der Jahresabrechnung 2023 weitergegeben wird.

Voraussetzung ist, dass durch hohe Betriebskostenvorauszahlungen bzw. hohe Hausgeldvorschüsse (z.B. weil diese im vergangenen Jahr wegen Kostensteigerungen bereits deutlich angehoben wurden) nun aufgrund der Gas-, Fernwärme- und Strompreisbremse eine „Überdeckung“ von mehr als 10 Prozent entstanden ist, also mehr als 10 Prozent zu viel vorausgezahlt wird, als nach der Neuberechnung notwendig.

Gerade Wohnungseigentümer*innen bzw. Mieter*innen, die finanziell in Not geraten sind, sollen damit vor überproportionalen Vorauszahlungen geschützt werden.

In der Praxis gibt es jedoch viele Fragen

Bei der praktischen Umsetzung wirft die Härtefallregelung jedoch viele Fragen für Wohnungseigentümergemeinschaften auf:

  • Wer berechnet die Überdeckung? Die Eigentümer*innen selbst? Die Verwaltung? Wer prüft die Richtigkeit?
  • Wie können Sie die Kürzung vornehmen? Dürfen die Eigentümer*innen den zu viel gezahlten Betrag einfach einbehalten? Oder müssen die Eigentümer*innen erst eine Bestätigung von der Verwaltung abwarten?
  • Muss das von der WEG beschlossen werden? Oder darf die Verwaltung selbst darüber entscheiden?

WiE schlägt im Hinblick auf die ersten beiden Fragen folgendes Vorgehen vor:

Schritt 1: Die Verwaltung ermittelt den möglichen Einsparbetrag durch die jeweilige Bremse (bitte beachten Sie, dass sich in WEGs die Deckelung des Strompreises in der Regel nur auf den Allgemeinstrom bezieht (z.B. für Beleuchtung im Treppenhaus, Aufzug, Zentralheizung etc.). Den Wohnungsstrom beziehen alle Wohnungseigentümer*innen und Mieter*innen direkt.

Schritt 2: Falls erkennbar, sollte die Verwaltung auch Steigerungen anderer Kostenpositionen (Müllgebühren, Straßenreinigung etc.), die nicht in Zusammenhang mit der Gas-, Fernwärme- bzw. Strompreisbremse stehen, ermitteln.

Schritt 3: Auf dieser Basis wird ein „Wirtschaftsplankorrekturentwurf“ erstellt. Er sollte die Änderungsbeträge gegenüber den bisher festgesetzten Vorschüssen ausweisen.

Schritt 4: Dieser Entwurf wird allen Eigentümer*innen zur Verfügung gestellt.

Schritt 5: Die Eigentümer*innen können anhand dieses Entwurfes eines geänderten Einzelwirtschaftsplans prüfen, ob sie mehr als 10 Prozent zu viel an Hausgeldvorauszahlungen zahlen würden (10%ige Überdeckung) und überlegen, ob sie ihr Recht, ihren Anspruch auf Reduzierung ihrer Hausgeldvorauszahlungen ausüben wollen oder nicht (Es ist ein Recht – keine Pflicht!).

Beschluss über Reduzierung der Vorauszahlungen ja oder nein?

Ob ein Beschluss der WEG über eine Kürzung der Vorauszahlungen erforderlich ist oder nicht, ist ebenfalls unklar.

Sicher dürfte aber sein: Wenn die Eigentümer*innen einen gesetzlichen Anspruch auf Reduzierung ihrer Vorauszahlungen, also ihres Hausgeldes, haben, dann muss die WEG diesen auch erfüllen. Denn nur die Erfüllung dieses gesetzlichen Anspruchs entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Wenn die Berechnung für alle Eigentümer*innen nach gleichem Maßstab erfolgt und transparent ist, kann die Verwaltung hier auch (ausnahmsweise) ohne Beschluss (gemäß § 27 WEGesetz) die Reduzierung des Hausgeldes akzeptieren und umsetzen, und zwar bereits bevor die Jahresabrechnung 2023 vorliegt. Das dient der Praktikabilität, denn ansonsten müsste allein für diesen Zweck eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen werden.

Vermietende Eigentümer*innen in der Zwickmühle

Vermietende Eigentümer*innen sind möglicherweise in einer besonderen Zwickmühle, denn:

  • Sie müssen die Mietenden über ihr Recht auf Redzierung der Betriebskostenvorauszahlung informieren.
  • Wenn der Anspruch besteht, dürfen Mietende ihre Nebenkosten-Vorauszahlungen entsprechend kürzen.
  • Das kann dazu führen, dass Vermietende (zunächst – bis zur Abrechnung) über einen längeren Zeitraum bei den Gas- und Stromkosten in Vorleistung gehen müssen, ehe die Mietenden diese Kostendifferenz begleichen.

Liquidität der WEG sollte Vorrang haben

Grundsätzlich sollten sich Wohnungseigentümer*innen jedoch gut überlegen, ob sie den Anspruch auf Kürzung der Gas- und Stromvorauszahlung gegeüber der WEG geltend machen. Denn WEGs sollten immer ihre Liquidität im Blick behalten, dass andere Preise steigen können, für die das höhere Hausgeld dann verwendet werden kann.

WiE empfiehlt ein umsichtiges Handeln und möglichst kein eigenmächtiges Reduzieren des Hausgeldes. Denn oft basieren Berechnungen auf einer Prognose, die später nicht eintreffen muss.