02.05.2019. Wer eine Wohnung oder ein Haus vermietet, wählt häufig einen Mustermietvertrag zum Ausfüllen. Vermieter vertrauen darauf, dass diese Verträge rechtssicher sind, den gesetzlichen Vorgaben und der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen und gleichzeitig ihre Interessen wahrnehmen. Rechtsanwalt Christian Carstens, der auch als Berater für Wohnen im Eigentum (WiE) in Bremen tätig ist, hat Musterverträge von „Haus und Grund“, vom Deutschen Mieterschutzverbund und vom RNK-Verlag geprüft und gibt eine Einschätzung. Wo es häufig zum Streit zwischen Vermietern und Mietern kommt, erläutert er im Interview mit WiE.

 

WiE: Herr Carstens, haben Vermieter denn überhaupt Gestaltungsspielraum beim Erstellen des Mietvertrags?

Christian Carstens: „Dieser ist in der Tat sehr gering, denn das Bürgerliche Gesetzbuch regelt sehr vieles zugunsten des Mieters und schränkt die Freiheiten des Vermieters stark ein. Insofern ist vieles einfach vorgegeben. Dennoch haben Sie als Vermieter bei bestimmten Punkten die Möglichkeit, den Vertrag abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten. Näheres können Sie, wenn Sie WiE-Mitglied sind, in dem neuen Infoblatt „Muster-Mietverträge: Zwischen Zwang und Spielraum“  nachlesen. Auch hat etwa im Bereich der Schönheitsreparaturen der Bundesgerichtshof in den vergangenen Jahren eine Reihe von mieterfreundlichen Urteilen gefällt. Seitdem sind viele gängige Schönheitsreparaturklauseln unwirksam.“

WiE: Viele Vermieter verwenden einen Mustermietvertrag. Welchen Formularmietvertrag würden Sie Vermietern denn empfehlen?
Christian Carstens: „Ich rate dazu, entweder den Vertrag von „Haus + Grund“ oder den des RNK-Verlags oder ein ähnliches Muster, etwa von Zweckform aus dem Zeitschriften- bzw. Buchhandel, zu verwenden. Der Vertrag von „Haus und Grund“ berücksichtigt die Interessen des Vermieters soweit wie möglich  – im Gegensatz zu dem Mustermietvertrag des Deutschen Mieterbundes, der sehr mieterfreundlich gestaltet ist. Der Vertrag des RNK-Verlags ist neutraler.“

WiE: An welchen Punkten kann man das konkret erkennen?

Christian Carstens: „Zum Beispiel an der Regelung zu Schönheitsreparaturen. Das Gesetz sieht vor, dass allein der Vermieter die Pflicht hat, Schönheitsreparaturen – also unter anderem das Anstreichen und Tapezieren von Wänden und Decken –   durchzuführen und zu bezahlen. Sie als Vermieter können diese Pflicht, ebenso wie den Winterdienst und die Gartenpflege – aber auf den Mieter übertragen, indem Sie eine entsprechende Klausel im Mietvertrag aufnehmen. Die Klausel muss allerdings so formuliert sein, dass sie vor Gericht Bestand hat. Während der Vertrag von „Haus und Grund“ dies so regelt, enthält der Vertrag vom Deutschen Mieterbund keine Regelung hierzu, das heißt die gesetzliche Regelung greift – und Sie als Vermieter müssen die Schönheitsreparaturen übernehmen. Beim Formularvertrag des RNK-Verlags ist wiederum die Möglichkeit gegeben, die Pflicht durch Ankreuzen einer der beiden Vertragsparteien aufzuerlegen. Einen deutlichen Unterschied gibt es zum Beispiel auch bei der Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter: Diese wird im Mustervertrag des Deutschen Mieterbundes für eine Dauer von 3 Jahren und 9 Monaten komplett ausgeschlossen, was äußerst ungewöhnlich ist. Bei solch einer Klausel sollten bei Ihnen als Vermieter die Alarmglocken angehen, so etwas sollten Sie keinesfalls unterschreiben.“

Gibt es denn weitere Unterschiede zwischen den Musterverträgen?

Christian Carstens: „Ja. Eklatant ist der Unterschied bei der Mietsicherheit. Der Mustervertrag des Mieterbundes verpflichtet den Vermieter, die Kaution nach spätestens drei Monaten zurückzuzahlen. Nach der Rechtsprechung darf der Vermieter die Mietsicherheit aber so lange behalten, wie ein Sicherungsbedürfnis besteht. Der Vertrag  des RNK-Verlags wiederholt hingegen die zwingend geltenden gesetzlichen Vorschriften, was gerade für unerfahrene Vermieter wichtig sein kann. Der Vertrag von „Haus und Grund“ ist sehr knapp gehalten und eventuell missverständlich, da hier  nur von „einem gesonderten Sparbuch“ die Rede ist, nicht aber die wichtige Vermögenstrennung bei der Mietkaution benannt ist. Zur Fälligkeit der Rückzahlung der Mietkaution sagen sowohl das Muster von „Haus und Grund“ als auch vom RNK-Verlag nichts. Das ist auch gut so, weil es da besonders auf den Einzelfall ankommt.“

WiE: Wo kommt es denn Ihrer Erfahrung nach häufig zum Streit zwischen Vermieter und Mieter?

Christian Carstens: „Bei der Frage der Schönheitsreparaturen und der Tierhaltung. Die Haltung von Kleintieren, zum Beispiel Hamstern oder Goldfischen, in üblicher Zahl können Sie als Vermieter nicht verbieten. Wer hingegen einen Hund oder eine Katze halten möchte, muss wiederum im Regelfall die Erlaubnis des Vermieters einholen, auch wenn im Mietvertrag hierzu keine Regelung enthalten ist. Auch in diesem Punkt unterscheiden sich übrigens die käuflich zu erwerbenden Muster und der vom Deutschen Mieterbund.“

WiE: Herr Carstens, vielen Dank für das Interview.

 

Hinweise zu den Musterverträgen:

Mustervertrag von „Haus und Grund“: Download (kostenpflichtig)

Mustervertrag des Deutschen Mieterbundes: Diesen können Sie auf der Website des Deutschen Mieterbundes herunterladen (kostenlos).

RNK-Verlag: Wohnungs-Einheitsmietsvertrag (Artikel-Nr. 599) oder Vertrag für die Vermietung eines Hauses (Artikel-Nr. 545), beide kostenpflichtig, im Schreibwaren- oder Buchhandel erhältlich, sowie auch online. Der Formular-Mietvertrag des Zweckform-Verlags ist ähnlich wie der des RNK-Verlags.

Wohnen im Eigentum (WiE) bietet seinen Mitgliedern derzeit keinen Muster-Mietvertrag an. Dafür gibt es von WiE ein Muster (kostenpflichtig), das sich als Grundlage für Ihren Vertrag mit der Verwaltung eignet, wenn Sie Ihre Wohnung nicht selbst verwalten können oder wollen. Das Muster "Sondereigentums-Verwaltervertrag" können Sie hier bestellen.

Christian Carstens ist als Berater für Wohnen im Eigentum tätig. Als Mitglied können Sie kostenlos Telefonauskünfte in Anspruch nehmen. Nähere Informationen und Terminvereinbarung