08.03.2022. Martin Winkler, Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Bonn, hat die 13 Stellplätze in seiner Tiefgarage mit Ladestationen für E-Autos (Wallboxen) ausgestattet und nutzt hierfür ein Lastmangementsystem. Wie das funktioniert und was bei der Planung zu beachten ist, erzählt der Unternehmer, dessen Firma solche Systeme anbietet, im Interview mit WiE.

Für die Schaffung der Ladeinfrastruktur in Winklers Tiefgarage musste der Hausanschluss nicht verstärkt werden (Näheres dazu lesen Sie hier). Stattdessen werden die Ladestationen mit einem dynamischen Lastmanagementsystem gesteuert – damit wird vermieden, dass das Stromnetz überlastet und die Hausanschlussleistung überschritten wird.

Vor rund eineinhalb Jahren hat der Software-Entwickler gemeinsam mit einem Freund die Firma „cFos eMobility“ gegründet, die Wallboxen herstellt und ein Lastmanagementsystem entwickelt hat und anbietet.

WiE: „Herr Winkler, wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Ausbau der E-Mobilität in Mehrfamilienhäusern?“

Martin Winkler: „Ich bekomme immer wieder zu hören, dass Verwaltungen von WEGs sagen, das Einrichten von Wallboxen sei nicht möglich oder viel zu teuer, da der Hausanschluss ans Stromnetz ausgebaut werden müsse. In meinem Fall hätte mich der Ausbau des Hausanschlusses, um die erforderliche Ladeleistung (nämlich 260 kW) zu erreichen, zwischen 50.000 und 70.000 Euro gekostet. Dies war mir viel zu teuer – die hohen Kosten würden vermutlich für viele WEGs ein K.O.-Kriterium darstellen. In vielen Fällen braucht man aber den Hausanschluss gar nicht verstärken, sondern kommt mit der vorhandenen Leistung aus, indem man ein Lastmanagementsystem nutzt.“

Martin Winkler mit der App vor einer seiner Wallboxen.
Martin Winkler mit der App vor einer seiner Wallboxen.
Foto: WiE

WiE: „Und was macht ein Lastmanagementsystem?“

Martin Winkler: „Ein dynamisches Lastmanagementsystem analysiert stetig – in meinem Fall ca. alle drei Sekunden –, wieviel Strom das Haus gerade verbraucht und wie viel Strom für das Laden zur Verfügung steht. Es verteilt dann den aktuell verfügbaren Strom auf die Autos, die geladen werden sollen. Der Computer bekommt zum Beispiel die Information, dass ein Tesla und ein Renault Zoé laden wollen und versorgt die beiden Autos dann mit elf oder 22 Kilowatt, je nachdem wie viel gerade von den Autos gewünscht und an Leistung zur Verfügung steht. Diese Info wird mir jederzeit auch von der dazugehörigen App angezeigt. Es wird immer die vorhandene Hausanschlussleistung abzüglich des Stromverbrauchs fürs Wohnen den gerade ladenden Autos zur Verfügung gestellt. In meinem Wohngebäude werden derzeit erst sechs von 13 Ladestationen genutzt. Es laden erfahrungsgemäß ein bis zwei Autos gleichzeitig, manchmal drei. Wenn irgendwann einmal aber alle Ladestationen in Betrieb sind und viele Autos gleichzeitig geladen werden sollen, gehe ich davon aus, dass die Ladeleistung (gelegentlich) gedrosselt werden wird, dann wird das Laden also länger dauern. Ohne Lastmanagementsystem könnten hier höchstens zwei Autos gleichzeitig laden, d.h. man könnte auch nur maximal zwei Wallboxen installieren.“

WiE: „Was ist bei der Planung zu berücksichtigen?“

Martin Winkler: „Zu allererst ist wichtig zu wissen, wie viele Eigentümer*innen denn überhaupt eine Wallbox installieren lassen möchten. Gibt es nur einen oder zwei Interessenten und Interessentinnen, kann es sein, dass auch gar kein Lastmanagementsystem nötig ist, das kommt auf den Einzelfall an. Natürlich kann eine Eigentümergemeinschaft auch unabhängig vom jetzigen Interesse der Eigentümer*innen die Ausstattung aller Stellplätze mit Wallboxen beschließen, um die Immobilie fit für die Zukunft zu machen.

Außerdem muss man zunächst die Hausanschlussleistung der Wohnungseigentumsanlage kennen. Diese kann die Verwaltung evtl. in den Unterlagen der WEG finden, denn beim Bau eines Gebäudes wurde die Hausanschlussleistung beim Netzbetreiber beantragt, oder man fragt beim Netzbetreiber nach. Oft ist noch eine gewisse „Reserve“ bei der Hausanschlussleistung vorhanden, d.h. die Leistung kann noch erhöht werden, ohne dass Baumaßnahmen am Hausanschluss erforderlich werden. Um sich ein Bild vom derzeitigen Stromverbrauch im gesamten Gebäude zu machen, kann der Netzbetreiber eine sogenannte Lastmessung durchführen (Hinweis von WiE: Informieren Sie sich vorab, welche Kosten hierfür anfallen würden. Bei mir lagen diese Kosten bei circa 350 Euro. Hierbei wird einige Tage lang der tatsächliche Leistungsbedarf zu allen Tageszeiten ermittelt. Danach wissen die Eigentümer*innen in der Regel, wieviel Strom für das Wohnen benötigt wird und wieviel Strom für das Laden der E-Autos zur Verfügung stehen würde.“

Mögliche Kosten für die Einführung eines Lastmanagementsystems inkl. 13 Wallboxen und Elektro-Installation am Beispiel des Mehrfamilienhauses von Martin Winkler (Preisangaben in brutto):

Wallboxen: 13-mal 600 Euro (inkl. geeichter Zähler): 7.800 Euro

Elektro-Installation (Verteilerschrank, Kabel zu den Parkplätzen, Sicherungen, 13-mal FI Typ A): circa 8000 Euro (Bitte beachten Sie, dass die Kosten für die Elektro-Arbeiten inzwischen deutlich höher ausfallen können).

Lastmanagement (13 Ladepunkte): bis zu 1250 Euro einmalig, keine laufenden Gebühren

Steuerungs-Computer: circa 250 Euro

Zentraler Zähler für Belastung Hausanschluss, inkl. Montage: circa 400 Euro

Gesamtkosten: 17.700 Euro

Weitere Hinweise:

  • Hinweise und Informationen finden Wohnungseigentümer*innen u.a. hier: https://www.cfos-emobility.de/de/cfos-charging-manager/documentation/par... (Planungshilfe für Parkgaragen)
  • Grundsätzlich ist es ratsam, sich von einem qualifizierten Elektrofachbetrieb oder einem Planer für Technische Gebäudeausrüstung (TGA) beraten zu lassen. Dieser prüft in der Regel die genannten Punkte (Kapazität des Hausanschlusses; Frage, ob es nötig ist, die Leistung des Hausanschlusses durch den Netzbetreiber zu erhöhen).
  • Zu den Elektroarbeiten: Die Installation einer Wallbox darf nur durch einen qualifizierten Elektroinstallateur erfolgen. Holen Sie auf jeden Fall mehrere Angebote ein. Fragen Sie auch konkret nach, ob bei den Elektroarbeiten der Einbau eines FI-Schutzschalters Typ A ausreichend ist (dies ist in der Regel der Fall, wenn eine Wallbox installiert werden soll, die bereits eine DC-Fehlerstrom-Erkennung integriert hat). FI-Schutzschalter des Typs B und des Typs A EV sind hingegen deutlich teurer. Hier lassen sich also möglicherweise Kosten sparen. Bei manchen Ladestationen ist übrigens bereits ein FI-Schalter integriert.
  • Elektrofachbetriebe finden Sie unter anderem hier (bei der Suche im Filter „E-Mobilitäts-Fachbetriebe“ anklicken).
  • Lastmanagementsysteme im Vergleich: Infos  hierzu gibt es unter anderem beim ADAC.
  • Das KfW-Förderprogramm für Wallboxen ist Ende Oktober 2021 ausgelaufen. Informieren Sie sich aber, ob es Förderprogramme Ihres Bundeslandes und/oder Ihrer Kommune für Wallboxen bzw. die Schaffung von Ladeinfrastruktur gibt. In dem Zusammenhang wichtig zu wissen: Die Fördermittel müssen stets vor der Bestellung beantragt werden. Achten Sie bei der Auswahl der Wallbox darauf, dass diese auch förderfähig ist, also den Fördervoraussetzungen entspricht.
  • Weitere Informationen für Wohnungseigentümer*innen zur E-Mobilität, u.a. zu Wallboxen, zur Beschlussfassung und zur Kostenregelung , finden Sie als Mitglied in unserem kostenlosen WiE-Infoblatt "Ladestationen für E-Autos", das Sie im geschützten Mitgliederbereich herunterladen können (bitte vorher erst einloggen!).