23.12.2021. WEGs können Umlaufbeschlüsse nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz auch per E-Mail fassen, eine Unterschrift der Eigentümer*innen ist nicht mehr nötig. Wie das in der Praxis ablaufen kann und was dabei zu beachten ist, erläutert WiE-Rechtsreferent Michael Nack.

WiE: "Herr Nack, was sollten Wohnungseigentümer*innen über den Umlaufbeschluss wissen?"

Michael Nack: „Ein Umlaufbeschluss bedeutet, dass eine WEG etwas im Umlaufverfahren beschließt, ohne dass dafür eine Eigentümerversammlung stattfindet. Ein Umlaufbeschluss erfordert Allstimmigkeit, d.h. alle Eigentümer*innen müssen zustimmen. Das ist eine recht hohe Hürde – daher kommen solche Beschlüsse in der Regel auch nur in kleineren WEGs zustande. In größeren WEGs wird nur selten Allstimmigkeit erreicht werden können. Ein Umlaufbeschluss bietet sich zum Beispiel insbesondere dann an, wenn es um Maßnahmen geht, mit denen ein Schaden zeitnah behoben werden und nicht nur notmäßig repariert werden sollte, damit z.B. kein größerer Schaden entsteht (z.B. Schäden am Dach, Wanddurchfeuchtung).“

WiE: „Und was hat sich durch das neue Wohnungseigentumsgesetz an Umlaufbeschlüssen geändert?“

Michael Nack: „Nach dem neuen WEGesetz können WEGs einen Umlaufbeschluss auch in Textform, also z.B. per E-Mail, fassen. Eine Unterschrift der Eigentümer*innen ist nicht mehr nötig. Es kann nun auch für einzelne Gegenstände beschlossen werden, dass im Nachgang zur Versammlung ein Beschluss zu diesem Gegenstand im Umlaufverfahren herbeigeführt werden soll und für diesen Beschluss die einfache Mehrheit ausreicht.“

WiE: „Wann macht dieses Vorgehen Sinn?“

Michael Nack: „Wenn beispielsweise das Gutachten eines Sachverständigen erst am Tag vor der Eigentümerversammlung ankommt und die Eigentümer*innen daher nicht genügend Zeit haben, sich damit zu befassen. Dann können die Eigentümer*innen in der Versammlung beschließen, dass für einen Umlaufbeschluss zu diesem Thema die einfache Mehrheit ausreicht. Nachdem das Gutachten an alle Eigentümer*innen verteilt wurde und genügend Zeit war, sich in Ruhe mit dem Gutachten zu befassen, kann dann im Umlaufverfahren der Beschluss über das weitere Vorgehen – der Empfehlung des Sachverständigen folgen oder nicht – gefasst werden.“

WiE: „Muss denn immer die Verwalter*in einen Umlaufbeschluss „starten“`?“

Michael Nack: „Das ist nicht zwingend so. In der Regel schickt die Verwalter*in den Umlaufbeschluss – per Post oder per E-Mail – an alle Eigentümer*innen los. Daraufhin antwortet jede Eigentümer*in der Verwalter*in mit „Ja“ oder „Nein“. Ein Umlaufbeschluss, der Allstimmigkeit erfordert, kann allerdings auch von jeder einzelnen Eigentümer*in ausgehen und zwar jederzeit. Dadurch, dass Unterschriften nicht mehr nötig ist, lässt sich das recht einfach organisieren: Eine Eigentümer*in schickt die Beschlussvorlage per E-Mail alle anderen Eigentümer*innen und bittet um Rückantwort. Die Antworten werden gesammelt und dann der Verwalter*in übermittelt. Alternativ könnte die Email auch an eine Eigentümer*in verschickt werden, diese schickt dann wiederum an die nächste Eigentümer*in weiter und so geht das weiter. Natürlich muss dabei jeweils die eigene Stimme, also „Ja“ oder „Nein“ mitgeschickt werden. Am Ende erhält die Verwalter*in eine E-Mail mit allen Stimmen. Wichtig: Wenn Eigentümer*innen den Umflaubeschluss starten, müssen sie die Beschlussvorlage selbst erstellen, den Beschluss also formulieren. Und das sollte natürlich so erfolgen, dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (also z.B. bestimmt genug ist). Da dies nicht immer ganz einfach ist, kann es sinnvoll und hilfreich sein, den Beirat bei der Beschlussvorbereitung und -formulierung mit einzubeziehen.“

WiE: „Wer selbst einen Umlaufbeschluss startet, braucht dafür die Daten der Miteigentümer*innen. Habe ich als Eigentümer*in ein Recht, diese zu erhalten?“

Michael Nack: „Grundsätzlich ja. Die Verwalter*in muss allerdings lediglich die Namen und postalischen Adressen zur Verfügung stellen. Das gilt nicht für Telefonnummern. Um Umlaufverfahren künftig per E-Mail zu ermöglichen, ist es für WEGs also sinnvoll, in der Eigentümerversammlung einen Beschluss darüber zu fassen, dass alle Eigentümer*innen ihre E-Mail-Adresse der Verwalter*in mitteilen. Ob ohne solchen Beschluss Email-Adressen in Listenform den Eigentümer*innen zur Verfügung gestellt werden müssen, ist gerichtlich noch nicht geklärt. Was man wissen sollte: Per E-Mail geht das Ganze natürlich schneller als per Post, allerdings besteht hierbei immer das Risiko, dass eine E-Mail nicht beim Empfänger ankommt.“