03.01.2022. Lärm ist eine häufige Ursache für Konflikte zwischen Bewohner*innen eines Hauses oder Nachbar*innen. Architekt und WiE-Berater Werner Neumann erläutert im Interview, mit welchen baulichen Maßnahmen sich der Schallschutz nachträglich verbessern lässt.

WiE: „Herr Neumann, gibt es Unterschiede beim Schallschutz zwischen Neubauten und Altbauten?“

Werner Neumann: „Ja. Bei Neubauten ist Schallschutz Standard. Größere Probleme mit Lärm gibt es häufig in älteren Bestandsbauten und Altbauten– entweder, weil es noch keine bzw. keine ausreichenden Schallschutznormen gab oder/und weil billig, also nicht solide gebaut wurde.“

WiE: „Wie kann man sich denn in der Wohnung bzw. im Haus nachträglich vor äußerem Lärm schützen?“

Werner Neumann: „Zunächst muss man, wenn man über Schallschutz spricht, zwischen externen und internen Lärmquellen unterscheiden. Wer sich vor Außenlärm, der etwa von viel befahrenen Straßen, Bahnlinien oder Flugverkehr kommt, besser schützen möchte, kann spezielle Schallschutzfenster einbauen lassen. Diese gibt es in verschiedenen Schallschutzklassen (1 bis 6). Je höher die Schallschutzklasse, desto besser die Schalldämmung. Vor einem Fensteraustausch sollten Sie sich auch informieren, ob es möglicherweise kommunale Zuschüsse und/oder Zuschüsse der KfW bzw. Bafa hierfür gibt. Fragen Sie auch beim Fensterbauer oder Tischler nach, ob alternativ die Fenster nachgerüstet werden können.“

WiE: „Gerade in älteren Mehrfamilienhäusern bzw. Altbauten klagen Bewohner*innen häufig über Lärm im Haus, etwa zu laute Musik oder trampelnde Kinder. Was kann man dann für einen besseren Schallschutz tun?“

Werner Neumann: „Am wirkungsvollsten ist eine Trittschalldämmung des Fußbodens in der darüberliegenden Wohnung. Eine Trittschalldämmung sorgt dafür, dass Geräusche, die beim Gehen oder Laufen entstehen, geschluckt werden und weniger in die darunter liegenden Räume dringen. Sie ist besonders bei harten Bodenbelägen wie Fliesen, Parkett, Laminat oder Vinyl wichtig. Die Schallisolierung kann grundsätzlich unter oder auf dem Estrich angebracht werden, wobei eine nachträgliche Isolierung unter dem Estrich wegen des großen Aufwandes in der Regel nur selten gewählt wird. Eine umfassende und fachkundige Beratung sollte an erster Stelle stehen, bevor man eine Trittschalldämmung nachrüstet. Teppichböden nehmen übrigens ‚von Natur aus‘ Schall auf und dämpfen Geräusche. Bei dicken Teppichen ist der Trittschallschutz in der Regel besser als bei dünnen.“

WiE: „Welche Möglichkeiten gibt es noch?“

Werner Neumann: „Wenn die darüber liegende Wohnung nicht nachträglich mit einer Trittschallschutzdämmung nachgerüstet werden kann bzw. dies nicht gewünscht ist, kann man auch durch das Abhängen von Decken den Schallschutz verbessern, allerdings ist diese Maßnahme in der Regel weniger effektiv. Dazu muss allerdings die Raumhöhe ausreichend sein, was in Altbau-Wohnungen meist der Fall ist. Hier wird mit Abhängern eine Trockenbaukonstruktion montiert, die eine Dämmschicht enthält.

Abhängen der Decke

Wichtig bei dieser Konstruktion: Diese neue Decke darf nicht fest mit dem Bauwerk verbunden werden, damit der Schall nicht übertragen wird. Auch spezielle Schallschutztüren gibt es. Möglicherweise können auch bestehende Türen nachgerüstet werden. Den Schallschutz verbessern können grundsätzlich auch eine Dämmung der Wände und des Dachs, wobei das natürlich sehr umfangreiche und kostspielige Maßnahmen sind, die man in der Regel nur im Rahmen einer umfassenden energetischen Sanierung angeht.“  (Foto: Knauf/Bernd Ducke)

Hinweise von WiE:

  • Das Thema Schallschutz ist sehr komplex, unter anderem weil es verschiedene Regelwerke gibt. Am effektivsten ist Schallschutz, wenn er bereits beim Bau eines      Gebäudes berücksichtigt bzw. mitgeplant wird. Die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) wurde im Lauf der Zeit mehrmals überarbeitet. In der DIN 4109-1, die 2018 neugefasst wurde, werden Mindestanforderungen an die Schalldämmung von Bauteilen, die an schutzbedürftige Räume (das sind Wohn- und Schlafräume) grenzen, festgelegt sowie Anforderungen an die zulässigen Schallpegel in schutzbedürftigen Räumen definiert. Es werden auch Mindestanforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung festgelegt. Parallel zur DIN 4109 gibt es die VDI-Richtlinie 4100. Diese beinhaltet drei Schallschutzstufen, die untere Stufe entspricht der DIN 4109 (Quelle: Deutsches Architektenblatt). Außerdem gibt es die DEGA-Empfehlung 103 (der Deutschen Gesellschaft für Akustik). Letztere definiert sieben Schallschutzklassen.
  • „Die DIN 4109 ist die allgemein anerkannte Regel der Technik in Bezug auf die Herstellung eines einfachen, jedoch nicht in Bezug auf die Herstellung eines üblichen Wohn und Komfortstandards. Für Letzteren gilt ein erhöhtes Schallschutzniveau“, schreibt das Deutsche Architektenblatt.
  • Fußbodenbeläge sind mit Ausnahme des Estrichs Sondereigentum. Eine Trittschalldämmung Ihres Fußbodens können Sie daher in der Regel ohne einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vornehmen, solange in den Estrich nicht eingegriffen werden muss
  • Für den Austausch bzw. die Nachrüstung von Außenfenstern und Wohnungseingangstür benötigen Sie allerdings einen Beschluss, denn hierbei handelt es sich um Gemeinschaftseigentum.
  • Nehmen Sie als WiE-Mitglied gern unsere kostenlosen telefonischen Auskünfte, unter anderem zum Baurecht und zu baulichen Fragen, in Anspruch.
  • Schauen Sie sich vor dem Kauf einer Neubau-Eigentumswohnung oder eines Neubau-Hauses genau die Baubeschreibung an, auch mit Blick auf den Schallschutz, und lassen diese von einem Experten oder einer Expertin prüfen. Mitgliedern bietet WiE eine Prüfung der Baubeschreibung zu attraktiven Konditionen an