21.05.2019. Aktuell befasst sich eine Bund-Länder-AG mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes und will etwa im Sommer ihren Ergebnisbericht mit Reformvorschlägen vorlegen. Wohnen im Eigentum (WiE) hat die Berichterstatter der verschiedenen Fraktionen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags, der für die Reform des WEGesetzes federführend ist, befragt. Was Sebastian Steineke (CDU/CSU-Fraktion) von der Reform erwartet und wo er dringend Handlungsbedarf sieht, lesen Sie im Folgenden. Die Interviewreihe wird sukzessive erweitert.

Die Berichterstatter nehmen im Ausschuss in der Regel für ihre Fraktion Stellung, wenn über Vorlagen, zum Beispiel zur WEGesetzreform, beraten wird.

WiE: „Was sollte/n aus Ihrer Sicht das Ziel bzw. die Ziele der Gesetzreform sein und in welchen Bereichen Sehen Sie den größten Reformbedarf?“

Sebastian Steineke: „Zunächst einmal haben wir ja bereits im Koalitionsvertrag bezüglich Elektromobilität und Barrierefreiheit einige Dinge festgelegt, die bei der Umsetzung einer Reform zu berücksichtigen sind. Doch dies reicht uns nicht. Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion brauchen wir eine umfassende Reform, bei der wir auch die anderen Dinge angehen, die schon seit Jahren in der Diskussion sind. Ich denke dabei zum Beispiel an Harmonisierungserfordernisse mit dem Mietrecht, die bessere Kontrolle der Verwalter oder an die Berücksichtigung der zunehmenden Digitalisierung, z.B. im Rahmen von Beschlüssen der Eigentümerversammlungen.“

WiE: „Ein paar Stichworte: Was müsste aus Ihrer Sicht geändert werden bzgl.

baulicher Veränderungen:

Sebastian Steineke: „Hier sind insbesondere die Aspekte Elektromobilität und Barrierefreiheit zu nennen. Es ist klar zu regeln, unter welchen (erleichterten) Voraussetzungen bauliche Veränderungen in diesem Bereich vorgenommen werden können. Dies haben wir bereits im Koalitionsvertrag vereinbart.“

Eigentümerversammlungen:

„Hier ist eine Erleichterung der Beschlussfähigkeit anzustreben. Zudem sollten im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung notwendige Anpassungen geprüft werden. Zu denken ist dabei zum Beispiel an digitale Verfahren für Beschlüsse der Eigentümerversammlungen.“

Verwaltung:

„Die Frage nach den Qualifikationserfordernissen, die ein Verwalter für die Tätigkeit mitbringen muss, ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. Auch das Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für Verwalter reicht nicht aus, da es sich hier hauptsächlich um den Nachweis von Weiterbildungen handelt. Hier sind weitergehende Regelungen notwendig, die im Gleichklang mit effektiveren Kontrollmöglichkeiten des Eigentümers über die Arbeit des Verwalters erfolgen müssen.“

Verwaltungsbeirat:

„Der Beirat könnte ab einer bestimmten WEG-Größe obligatorisch werden. Im Gesetzgebungsverfahren müsste dann jedoch genau geprüft werden, welche Kompetenzen einem Beirat im Einzelnen übertragen werden können und welche Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um dem Beirat anzugehören.“

Harmonisierung WEG-Recht und Mietrecht:

„Bestehende Interessenkonflikte bleiben durch die strikte Trennung bzw. fehlende Verzahnung von WEG- und Mietrecht oftmals ungelöst. Der vermietende Sondereigentümer ist einerseits Mitglied der WEG und auf der anderen Seite befindet er sich zur WEG auch in einem Pflichtverhältnis. In Bezug auf Gebrauchsregelungen, Instandsetzungen undModernisierungen, der Jahresabrechnung oder auch beim Kostenverteilungs- oder Umlageschlüssel ist hier eine Harmonisierung zwischen Miet- und WEG-Recht zwingend geboten.“

WiE: „Sind Sie der Meinung, dass bei der Reform des WEGesetzes auch der Verbraucherschutz mit im Auge behalten oder sogar stark berücksichtigt werden sollte?“

Sebastian Steineke: „Unbedingt. Wie auch bereits durch die Rechtsprechung bestätigt, sind auch Wohnungseigentümergemeinschaften als Verbraucher anzusehen. Diese Auffassung teile ich. Bei vielen Wohnungseigentümern handelt es sich um Privatpersonen, die eine Wohnung nicht aus unternehmerischen Gründen erwerben, sondern einer privaten Nutzung ohne gewerblichen Zweck zuführen. Schließlich handelt eine WEG dann rechtsgeschäftlich ähnlich wie Mieterinnen und Mieter als Verbraucher, z.B. wenn sie Energielieferungsverträge abschließen. Daher würde ich das Thema auch ein Stück weit dem Verbraucherschutz unterordnen, insbesondere, wenn man die mittlerweile sehr hohe Zahl an Wohnungseigentümern in Deutschland berücksichtigt.“

WiE: „WiE führt gerade eine Umfrage unter Wohnungseigentümern durch um zu erfragen, was die Eigentümer selbst wollen. Was halten Sie davon, die Wohnungseigentümer als direkt Betroffene über das Gesetzgebungsverfahren laufend zu informieren und sogar zu befragen? Oder meinen Sie, dass das Thema für sie zu kompliziert und daher eher eine Sache für Fachleute ist, also in erster Linie Juristen?“

Sebastian Steineke: „In jedem Gesetzgebungsverfahren ist es ratsam, die direkt Betroffenen oder deren Interessenvertreter mit ihren Erfahrungen aus der Praxis mit einzubeziehen. Dies machen wir in der Regel auch nicht erst dann, wenn es konkrete Entwürfe gibt, sondern schon in den Diskussionen davor. Beim WEG-Recht sind wir zum Beispiel auch schon seit vielen Jahren mit den Verbänden wie ‚Wohnen im Eigentum‘ im Austausch. Für uns ist die Rückkopplung mit den Eigentümern sehr wichtig. Es werden - wie bei vielen anderen Vorhaben auch – die unterschiedlichsten Akteure berücksichtigt. Die Entscheidung muss dann natürlich aber letztlich der Bundestag treffen.“

WiE: „Angesichts der wieder erstarkten Klimaschutzdiskussion gibt es politischen Druck aus dem Verkehrs- und Umweltministerium und sicherlich auch von der Autoindustrie, die Schaffung von Ladestationen für E-Autos in Wohnungseigentumsanlagen vorrangig zu regeln. Halten auch Sie dieses Anliegen für wichtig genug, um es vorzuziehen vor eine umfassende Reform des WEGesetzes oder besteht dann die Gefahr, dass eine umfassende Modernisierung des WEGesetzes auf die nächste Legislaturperiode oder sogar auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben wird?“

Sebastian Steineke: „Die Regelung zu den Ladestationen wird kommen. Dennoch muss man mittlerweile eines konstatieren: Wir wollen und fordern als Union mittlerweile seit vielen Jahren eine umfassende Reform. Der Bedarf ist zweifelsohne vorhanden. In der vergangenen Legislaturperiode hat man sich allerdings lediglich auf den Bereich Berufszulassungsregeln für Verwalter beschränkt. Dabei sind alle anderen Punkte leider in den Hintergrund geraten. Hinzu kommt, dass der Koalitionspartner SPD sein Hauptaugenmerk eher auf das Mietrecht und speziell auf die Mietpreisbremse gelegt und an einer WEGesetz-Reform wenig Interesse gezeigt hat. Dem gilt es nun vorzubeugen. Regeln wir nur die Elektromobilitätsaspekte, bleibt alles andere wiederum auf der Strecke. Das geht aus unserer Sicht nicht mehr. Deshalb fordern wir eine umfassende Reform. Ich bin guter Dinge, dass wir dies nach Abschluss der Beratungen der Arbeitsgruppe zügig hinbekommen.“

WiE: „Zum Abschluss: Haben Sie selbst eine Eigentumswohnung?“

Sebastian Steineke: „Ja!“

WiE: „Herr Steineke, vielen Dank für das Interview.“

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