15.06.2023. WiE-Mitglied und Beirat Paul K. würde gerne gemeinsam mit möglichst vielen Miteigentümer*innen eine Photovoltaikanlage auf dem Dach seiner Wohnungseigentumsanlage installieren und betreiben. Doch er ist abgeschreckt von den bürokratischen Hürden und wartet nun auf Erleichterungen für das Erzeugen von Solarstrom, die in der „Solarstrategie“ der Bundesregierung vorgesehen sind.
„Unsere WEG besteht aus zwölf Einheiten, darunter vier vermietete. Wir haben zwei nicht verschattete Flachdächer mit insgesamt rund 300 Quadratmetern Dachfläche. Also beste Voraussetzungen für die Produktion von Solarstrom. Außerdem haben wir einen hohen Eigenverbrauch – so lohnt es sich erst richtig. Die Vergütung für Strom, den man ins öffentliche Netz einspeist, ist nämlich sehr gering, sodass dies wirtschaftlich weniger interessant ist.
Vor dem Hintergrund habe ich mich ausführlicher mit dem Thema Solarstrom für WEGs befasst und in dem Zusammenhang auch das Interesse innerhalb unserer Eigentümergemeinschaft ausgelotet. Etwa ein Drittel der Eigentümer, darunter ich, will gerne eine gemeinschaftliche Photovoltaik (PV)-Anlage umsetzen – wir wären quasi ,Überzeugungstäter‘, das Ganze soll sich aber wirtschaftlich lohnen. Andere fänden eine PV-Anlage auf dem Dach zwar gut, möchten dies aber am liebsten an einen Dienstleister auslagern (Contracting), um möglichst keinen Aufwand damit zu haben. Für Contracting erscheint mir unsere WEG allerdings zu klein – und selbst wenn wir ein Unternehmen finden würden, wäre das wirtschaftlich wahrscheinlich nicht attraktiv, denn das Unternehmen möchte ja auch Geld verdienen. Die meisten Eigentümer, darunter auch ,Überzeugungstäter‘, tun sich schwer mit einer Investition – nachdem wir gerade erst unsere Wohnungen gekauft haben (es handelt sich bei unserer Anlage um einen Neubau).
Ich selbst bin Beirat und könnte mir gut vorstellen, einige Miteigentümer zu überzeugen und mit diesen als ,Koalition der Willigen‘ in eine PV-Anlage auf dem Dach zu investieren und diese zu betreiben – doch unter den derzeitigen Bedingungen bin selbst ich nicht bereit dazu. Der bürokratische Aufwand ist noch viel zu groß. Derzeit sind leider noch nicht die Voraussetzungen vorhanden, damit es für WEGs wirklich attraktiv ist, (gemeinschaftlich) Solarstrom zu produzieren. Wir müssten beispielsweise Stromlieferverträge zwischen der Betreibergemeinschaft und den Bewohnern schließen, da es bisher laut Gesetz keine Personenidentität zwischen Stromproduzent und Stromverbrauchern gibt. Zudem wäre die Frage, wie mit den Mietern in Bezug auf Solarstrom umgegangen wird – denn diese können nicht gezwungen werden, den von der WEG produzierten Strom dann auch abzunehmen.
Immerhin befasst sich die Politik derzeit mit Photovoltaikanlagen (Solarstrategie der Bundesregierung), und es sollen verschiedene Erleichterungen kommen – auf die warte ich jetzt:
- Der in der Solarstrategie enthaltene Vorschlag, virtuelle Summenzähler einzuführen, wäre für WEGs eine große Erleichterung. Hierfür müssten die Eigentümer, die sich an der gemeinschaftlichen PVAnlage beteiligen, nur noch den PV-Erzeugungszähler einbauen sowie ihre Einzelzähler durch smarte Zähler ersetzen (die ohnehin bald günstig und dann verpflichtend werden. Die Vorteile eines virtuellen Summenzählers – im Vergleich zum bisher erforderlichen physischen Summenzähler – wären: Die Errechnung des Gesamtstroms (Einspeisung ins bzw. Bezug aus dem Netz) sowie die Aufteilung auf die einzelnen Teilnehmer, die einerseits über individuelle Stromversorgungsverträge versorgt werden und andererseits die Einspeisevergütung untereinander aufteilen können, übernimmt dann der Stromversorger. Damit gibt es dann hoffentlich keine Diskussionen mehr zwischen Endnutzern, deren Stromlieferanten, der Betreibergemeinschaft als Ganzes und den Mitgliedern der Betreibergemeinschaft, weil der Stromversorger nach einer standardisierten Methode alles auseinanderdividiert und abrechnet. Zum anderen würden keine Kosten für den Einbau eines physischen Summenzählers anfallen, die in der Regel recht hoch sind.
- Die Anlehnung an das österreichische Modell – unter dem Stichwort „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ – könnte einen gangbaren Weg darstellen. ,In Abgrenzung zum bisherigen Mieterstrom soll die Umsetzung für die Anlagenbetreiberin oder den Anlagenbetreiber deutlich vereinfacht werden‘, heißt es in der Solarstrategie.
- Zusätzlich braucht es sicherlich die auch von WiE geforderte Personenidentität, dass also die WEG und die einzelnen Wohnungseigentümer als identische rechtliche Person gesehen werden. Die WEG wäre dann kein Stromlieferant (Unternehmen) mehr. Damit würden bürokratische Hürden entfallen und Eigentümer in WEGs wären den Eigentümern von Einfamilienhäusern bei der Produktion von Solarstrom gleichgestellt.“
Weitere Hinweise:
- Nähere Informationen zu den genannten Punkten finden Sie im Rahmen der Solarstrategie der Bundesregierung, die allerdings erst noch vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden muss.
- Informationen und Hinweise, wie WEGs Photovoltaik-Anlagen gemeinschaftlich umsetzen können, finden Sie auf unserer Themenseite "Solarstrom für Wohnungseigentümer*innen und WEGs".
- Nicht nur Steckersolargeräte, sondern auch Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sollten nach Auffassung von WiE in den Katalog der privilegierten Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen werden. Diese und weitere Forderungen von Wohnen im Eigentum in Bezug auf Solarstrom und WEGs können Sie in unserer Stellungnahme zur Solarstrategie der Bundesregierung“ nachlesen.