09.03.2023. Die meisten Menschen möchten in ihrer eigenen Immobilie alt werden, sich jedoch im Alter nicht mehr selbst um das Haus oder die Wohnung kümmern müssen. Eine mögliche Lösung: Die Verantwortung abgeben und die Immobilie an die Kinder verschenken und mit dem Nießbrauchrecht weiterhin darin wohnen bleiben. Lesen Sie, was dabei zu beachten ist, insbesondere in Bezug auf Eigentumswohnungen.

(Bitte beachten Sie: Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich lediglich um allgemeine Informationen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit! Sie ersetzen keine Beratung durch eine Notar*in, Steuerberater*in oder/und einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Erbrecht!)

Bei dem Nießbrauchrecht, gesetzlich geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB §§ 1030 ff), handelt es sich um ein umfassendes Nutzungsrecht am Eigentum. Nicht selten wird eine Immobilie als Schenkung den Kindern übertragen, die diese später ohnehin erben sollen (vorweggenommene Erbfolge). Aber auch andere Personen, zum Beispiel Angehörige, können mit einer Schenkung begünstigt werden.

Was muss ich beim Nießbrauchrecht beachten?

  • Das Nießbrauchrecht ermöglicht es Ihnen, die Immobilie weiterhin flexibel zu nutzen – also selbst zu bewohnen oder zu vermieten (z.B. wenn Sie irgendwann in ein Pflegeheim ziehen müssen). Im Unterschied dazu ist ein Wohnrecht (§ 1093 BGB) weniger umfassend: Damit dürfen Sie die Immobilie nicht vermieten, sondern nur selbst bewohnen.
  • Die Schenkung einer Immobilie und auch das Nießbrauchrecht muss notariell beurkundet werden (für Sie und auch ggf. für Ihren Ehepartner bzw. Lebenspartner).
  • Beim Nießbrauchrecht handelt es sich um ein „höchstpersönliches“ Recht, das heißt, Sie können es nicht auf andere Personen übertragen und auch nicht vererben.
  • Das Nießbrauchrecht wird in der Regel lebenslang bestellt. Es erlischt dann mit dem Tod des Nießbrauchers automatisch. Es kann allerdings auch befristet für eine bestimmte Dauer bestellt werden oder „auflösend bedingt“. Letzteres bedeutet, dass das Nießbrauchrecht dann erlischt, wenn bestimmte Bedingungen eintreten.
  • Die Notar*in muss den Nießbrauch im Grundbuch eintragen lassen. Dadurch bleibt das Nießbrauchrecht auch dann bestehen, wenn die Immobilie, die Sie verschenkt haben, später verkauft wird.

Wer muss die laufenden Kosten für die Immobilie bezahlen?

Als Nießbraucher müssen Sie für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand sorgen (§ 1041 BGB). „Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören“, heißt es im BGB. Zu den gewöhnlichen Kosten und Lasten gehören beispielsweise die Grundsteuer, der Beitrag für die Wohngebäudeversicherung, Schornsteinfegergebühren, Heizkosten, aber auch die Kosten für Reparaturen und Ausbesserungen bzw. Neuerungen, die durch Verschleiß nötig werden, sowie Wartungskosten. Gemäß § Gemäß § 1041 BGB muss der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand sorgen.

Für außergewöhnliche Maßnahmen muss hingegen alleine die Eigentümer*in der Immobilie aufkommen (§ 1050 BGB). Darunter sind größere Sanierungsmaßnahmen, die den Wert der Immobilie erhöhen können, zu verstehen, zum Beispiel eine Erneuerung der Elektroinstallation, eine Dachsanierung oder eine Heizungserneuerung.

Allerdings können Sie vertraglich vereinbaren, dass die Kosten anders, als es das Gesetz vorsieht, aufgeteilt werden. Dies kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Sie Ihre Immobilie an Ihre Kinder verschenken und als Nießbraucher weiterhin darin wohnen möchten, aber Ihre Rente nicht hoch genug ist für die laufenden Kosten.

Was gibt es zu beachten, wenn eine Eigentumswohnung verschenkt und mit Nießbrauch bewohnt werden soll?

Die Beschenkte tritt dann als neue Eigentümer*in der Wohnung in die Wohnungseigentümergemeinschaft ein – mit allen Rechten und Pflichten, zum Beispiel dem Stimmrecht in der Eigentümerversammlung. Die laufenden Bewirtschaftungskosten, also die monatlichen Vorauszahlungen für das Hausgeld, muss der Nießbraucher an die Eigentümer*in bezahlen.

Komplizierter wird es bei der Zuführung zur Erhaltungsrücklage. Da mit der Erhaltungsrücklage sowohl Erhaltungsmaßnahmen als auch bauliche Veränderungen in einer WEG finanziert werden können, kann es in der Praxis zu Unklarheiten bzw. Streit zwischen Nießbraucher und Eigentümer*in kommen – etwa, wenn die Zuführung zur Erhaltungsrücklage von dem Nießbraucher bezahlt wird, mit der Erhaltungsrücklage aber eine Dachsanierung finanziert wird, deren Kosten eigentlich laut BGB die Wohnungseigentümer*in tragen muss.

WiE rät daher: Vereinbaren Sie am besten bei der Einräumung des Nießbrauchrechts, wer die Zuführung zur Erhaltungsrücklage leisten muss (Nießbraucher oder Eigentümer*in oder beide anteilig). Dies ist auch in Bezug auf Sonderumlagen sinnvoll, um Streit ums Geld vorzubeugen.

Weitere Hinweise:

  • Bei der Frage, ob bei einer Schenkung die Schenkungsteuer anfällt oder nicht, spielt ein mögliches Nießbrauchrecht eine Rolle. Dieses mindert in der Regel den Wert der Immobilie, die verschenkt werden soll. Bei einer Schenkung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge stellt sich die Frage, wie sich ein Nießbrauchrecht auf den Wert des Nachlasses (insbesondere Pflichtteilsergänzungsansprüche) auswirkt. Zu diesen beiden und weiteren Fragen in Zusammenhang mit dem Nießbrauchrecht sollten Sie sich auf jeden Fall von einem Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Erbrecht beraten lassen.
  • Eine mögliche Alternative zum Nießbrauchrecht: Laut Wohnungseigentumsgesetz kann ein Dauerwohnrecht (§ 31 WEGesetz) im Grundbuch eingetragen werden. Mit diesem wird eine Person berechtigt, eine Eigentumswohnung zu bewohnen. Das Dauerwohnrecht ist im Unterschied zum Nießbrauchrecht und Wohnrecht (siehe oben) vererbbar. Nehmen Sie bei Fragen hierzu gerne als Mitglied unsere kostenlosen telefonischen Rechtsauskünfte in Anspruch.