Massive Kritik am „frischen“ Gesetzentwurf zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes / Vier Verbraucherverbände fordern in einem offenen Brief an die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht eine Reform, die die Wohnungseigentümer nicht entmachtet

23.3.2020. Das Bundeskabinett hat den für Mittwoch vorgesehenen Beschluss für ein Gesetzentwurf zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vorgezogen (Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes … - Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz, WEMoG). Kurz zuvor hatten vier Verbraucherverbände, darunter Wohnen im Eigentum (WiE), noch in einem Offenen Brief die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht auf die Gefahren und negativen Folgen der anvisierten Neuregelungen im Referentenentwurf hingewiesen und an sie appelliert, den Entwurf noch einmal überarbeiten zu lassen. Soweit es kurzfristig zu überblicken ist, weicht der Gesetzentwurf nicht wesentlich vom Referentenentwurf ab. Wir werden weiter darüber berichten. Den offenen Brief nebst Positionspapier finden Sie hier als PDF.

 

Offener Brief der Verbraucherverbände Bauherren-Schutzbund (BSB), Verein Deutscher Wohnungseigentümer (VDWE), Verband Wohneigentümer (VWE) und Wohnen im Eigentum (WiE)

an die

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz
Frau Christine Lambrecht
Mohrenstraße 37
11017 Berlin

 

Berlin / Bonn, den 23.3.2020

Die Entmachtung der Wohnungseigentümer darf nicht Kern der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes sein

Sehr geehrte Frau Ministerin Lambrecht,

trotz der Corona-Pandemie befassen wir uns weiterhin mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes. Denn wir sehen mit großer Besorgnis auf die Neuregelungen im Referentenentwurf und die aktuelle Vorgehensweise.

Diese Reform ist keine Nebensache, umsetzbar in einem schnellen Gesetzgebungsverfahren. Denn das Gesetz stellt den künftigen Rechtsrahmen für das Wohnungseigentum, ist für die Wohnungseigentümer ein wichtiges Instrument und macht Vorgaben zur Organisation der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Davon betroffen werden die Eigentümer und die Mieter von ca. 10 Mio. Eigentumswohnungen sein, das sind fast 25% aller Wohnungen in Deutschland.

Der vom BMJV vorgelegte Entwurf für ein Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEModG) entspricht nicht den Anforderungen, die aus Eigentümer- und Verbrauchersicht an eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes zu stellen sind. Der Entwurf sieht starke Eingriffe in die Eigentümerrechte und die Eigentumsgarantie vor. Eigentumswohnungen würden insgesamt gesehen zu einem „Eigentum zweiter Klasse“, was gesellschafts- und wohnungspolitischen Zielen widerspricht. Wir Verbraucherverbände lehnen hier insbesondere den Systemwechsel bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in Kombination mit der Stärkung der Verwalterstellung ab sowie die Stärkung der Stellung des Bauträgers oder Aufteilers bei der Entstehung von Wohnungseigentum. Die gravierendsten Risiken und Gefahren haben wir im anliegenden Positionspapier zusammengefasst und in unseren Stellungnahmen ausführlich dargelegt.

So ist eine tragfähige Lösung vieler der bestehenden tatsächlichen Praxisprobleme im Wohnungseigentum nicht zu erreichen. Als weitere Folgen der Neuregelungen steht zu befürchten, dass das Wohnen in Eigentumswohnungen sowohl für die Selbstnutzer als auch für die Mieter teurer wird. Das ursprüngliche Ziel des Wohnungseigentumsgesetzes, breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb des Eigenheims zu ermöglichen, würde konterkariert. Die Gefahr der Verdrängung sozial schwacher Eigentümer aus Wohnanlagen in attraktiver Lage wird deutlich erhöht.

Mehr Rechtssicherheit gäbe es für die Wirtschaft, aber nicht für die Wohnungseigentümer, die als Verbraucher geschützt werden müssen.

Dieses neue Gesetz werden die Wohnungseigentümer nicht wollen, nicht nachvollziehen können und auch nicht akzeptieren. Mit Rechtsstreitigkeiten zur Frage, ob dies noch verfassungsmäßig ist, wäre zu rechnen.

Aus diesem Grund appellieren wir Verbraucherverbände an Sie als Bundesjustizministerin, den Referentenentwurf in wesentlichen Punkten überarbeiten zu lassen, orientiert an den Problemen und Interessen der Wohnungseigentümer.

Mit freundlichen Grüßen

Wendelin Monz
Vorstand Bauherren-Schutzbund (BSB)

Lothar Blaschke
Vorsitzender Verein Deutscher Wohnungseigentümer (VDWE)

Manfred Jost
Präsident Verband Wohneigentum (VWE)

Gabriele Heinrich
Vorstand von Wohnen im Eigentum (WiE)

 

Den offenen Brief nebst Positionspapier finden Sie hier als PDF.

Lesen Sie hier auch die wenig überzeugende Antwort.

Weitere Informationen zum Reform-Entwurf.