20.10.2021: Wohnen im Eigentum informiert: WEGs müssen hybride Eigentümerversammlung erst beschließen / Reine Online-Versammlungen sind nicht erlaubt/ Zusätzliche Kosten genau prüfen
Das neue Wohnungseigentumsgesetz, das seit 01.12.2020 in Kraft ist, ermöglicht es Wohnungseigentümern, online an ihren Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Laut einer aktuellen Umfrage des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE) würden 78 Prozent der befragten Wohnungseigentümer diese Möglichkeit auch nutzen. Allerdings müssen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) die Online-Teilnahme erst beschließen – und in dem Beschluss mindestens festlegen, welche technischen Kommunikationsmittel die Eigentümer nutzen und welche Rechte sie online ausüben dürfen. Darauf weist WiE hin und unterstützt Wohnungseigentümer mit einer Muster-Beschlussvorlage.
Nicht nur während der Corona-Pandemie kann die Möglichkeit, sich online zu versammeln, eine attraktive Alternative darstellen – insbesondere für vermietende Eigentümer, die weiter entfernt vom Ort der Wohnungseigentumsanlage wohnen, oder für Eigentümer, die beruflich viel unterwegs sind.
Physische Teilnahme muss immer möglich sein
Reine Online-Eigentümerversammlungen erlaubt das neue Wohnungseigentumsgesetz allerdings nicht. Das heißt: Auch weiterhin müssen Eigentümerversammlungen stets Präsenzversammlungen sein, an denen die Eigentümer physisch teilnehmen können. Eigentümer können sich aber online dazu schalten (hybride Eigentümerversammlung), wenn die WEG dies beschlossen hat. Hierfür reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
In dem Beschluss müssen WEGs mindestens regeln, welche Kommunikationsmittel online genutzt werden dürfen (z.B. Video- und Audiokonferenz; reiner Text-Chat; Telefonie) und welche Rechte die Wohnungseigentümer damit ausüben dürfen (z.B. nur Rederecht, nur Stimmrecht). Sind diese Punkte nicht enthalten, besteht das Risiko, dass der Beschluss wegen Unbestimmtheit von Miteigentümern angefochten werden oder sogar nichtig sein kann.
Umgang mit technischen Störungen regeln
Außerdem ist es ratsam, festzulegen, wie mit technischen Störungen bzw. Übertragungsfehlern, deren Ursachen im Telekommunikationsnetz außerhalb des Versammlungsraums liegen oder die auf Fehlfunktionen der Endgeräte der Eigentümer beruhen, umgegangen wird. „Der Beschluss sollte den einzelnen Eigentümern die Möglichkeit geben, kurzfristig eine Vollmacht zu erteilen – für den Fall, dass sie eine schlechte Internetverbindung haben und nicht an Abstimmungen teilnehmen können“, empfiehlt Michael Nack, Rechtsreferent von Wohnen im Eigentum.
Um den Beschluss zur Online-Teilnahme gut vorbereiten zu können, sollten der Verwaltungsbeirat und die Verwaltung am besten gemeinsam im Vorfeld prüfen, welche technischen Möglichkeiten es gibt, welche die WEG nutzen möchte (inklusive der Auswahl eines Anbieters) und wie die hybride Versammlung – und insbesondere Abstimmungen – organisiert werden soll. Seinen Mitgliedern stellt Wohnen im Eigentum kostenlos einen Muster-Beschluss für die Online-Teilnahme zur Verfügung (Einloggen in den Mitgliederbereich - Arbeitsmaterialien - Mustervorlagen Eigentumswohnung).
Zusatzkosten müssen transparent sein
Was Wohnungseigentümer in dem Zusammenhang auch wissen sollten: Für die Organisation und Durchführung einer hybriden Eigentümerversammlung können Verwalter WEGs in der Regel den entstehenden Mehraufwand – also Kosten, die zum Beispiel für die Anmietung eines Projektors oder für die Beauftragung eines Moderators für die konkrete Versammlung anfallen – in Form einer Sondervergütung in Rechnung stellen, vorausgesetzt der Verwaltervertrag lässt Sondervergütungen zu.
„Wichtig ist, dass Wohnungseigentümer dann genau hinsehen und den Verwalter auffordern, darzulegen, wie sich diese zusätzlichen Kosten denn konkret zusammensetzen“, so Michael Nack. Regelmäßig anfallende Lizenzgebühren für eine Software, die die Verwalter auch für die Online-Versammlungen anderer WEGs nutzen können, sollten Wohnungseigentümer nicht akzeptieren. Dasselbe gilt für die Anschaffung von Arbeitsgeräten, zum Beispiel eines Laptops. Auch von der Vereinbarung allgemeiner Pauschalen für die Online-Teilnahme an Versammlungen im Verwaltervertrag rät Wohnen im Eigentum ab.
Die Online-Teilnahme an der Eigentümerversammlung ist auch Thema in dem neuen WiE-Ratgeber „Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen. XY aufgelöst: Ein Verbraucherratgeber mit Fallbeispielen aus der Krimiwelt.“ Der Ratgeber klärt Eigentümer fundiert und verständlich über ihre neuen Pflichten und Rechte auf und erklärt, wie sich die neuen Bestimmungen auf Eigentümer und ihre WEGs auswirken. Er ist über den Web-Shop von WiE oder über den Buchhandel erhältlich.
Titel: Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen. XY aufgelöst: ein Verbraucherratgeber mit Fallbeispielen aus der Krimiwelt
Autorinnen: Gabriele Heinrich, Sabine Feuersänger
Erscheinungsjahr: Juni 2021
ISBN: 978-3-9815045-7-6
Umfang: 356 Seiten, Format DIN-A5 mit vielen Fotos, Karikaturen, Checklisten, Tabellen etc.
Preis: 34,90 Euro (im WiE-Shop inkl. MwSt.)
Um die komplexe WEGesetz-Reform zu verstehen, unterstützt WiE Wohnungseigentümer auch mit umfassenden Schulungen, Vorträgen und individuellen Beratungsangeboten.
Über Wohnen im Eigentum (WiE)
Wohnen im Eigentum ist bundesweit aktiv, Mitglied im Verbraucherzentrale Bundesverband und vertritt speziell die Wohnungseigentümer. Parteipolitisch neutral und unabhängig engagiert sich WiE für ihre Interessen und Rechte in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Politik und Wirtschaft. WiE fordert mehr Verbraucherschutz und Markttransparenz auf dem Bau-, Wohnungs- und Wohnmarkt. Seine Mitglieder unterstützt WiE unter anderem mit kostenfreier Telefonberatung durch Rechtsanwälte und Architekten, kostenlosen Online-Vorträgen sowie weiteren Beratungsdienstleistungen rund um die Themen Eigentumswohnung, Bauen und Modernisieren. Weitere Informationen unter www.wohnen-im-eigentum.de.