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31.05.2019. Sie planen Sanierungs- oder Modernisierungsarbeiten und Ihre Immobilie wurde nach 1945 und vor 1993 gebaut? Dann müssen Sie damit rechnen, dass Asbest, der als krebserregend gilt, verbaut wurde – und bei den anstehenden Arbeiten freigesetzt werden kann. Was Sie beachten müssen und welche Vorschriften gelten, hat WiE für Sie zusammengestellt.

Die Herstellung und Verbreitung von Asbest ist seit 1993 in Deutschland und seit 2005 in der EU verboten, da er als krebserregend gilt. Vor allem in den 1960er bis 1980er Jahren wurde dieser Stoff in[MDH3]  vielen Häusern und Wohnungen verbaut. Sie kam in zahlreichen Baumaterialien und -produkten zum Einsatz – sowohl im Außenbereich (u.a. in Fassadenplatten, Dachschindeln, Zementfaserplatten) als auch im Innenbereich (z.B. in Fensterbänken, Boden- und Wandbelägen, Heizkörperverkleidungen, Dichtungen, Heizrohrisolierungen). Was vielen nicht bekannt ist: Auch Fliesenkleber, Putze, Spachtelmassen und Farbbeschichtungen können Asbest enthalten.

Bei all den Gefahren, die durch die Freisetzung von Asbestfasern ausgehen können, warnt Dr. Heinz-Jörn Moriske, der die Beratungsstelle Umwelthygiene beim Umweltbundesamt leitet, allerdings vor Panikmache. Solange asbesthaltige Produkte nicht verändert, beschädigt oder herausgerissen werden, also intakt sind und keiner besonderen Beanspruchung ausgesetzt sind, bestehe keine Gefahr für die Gesundheit, so Moriske. „Sie müssen sich also keine Sorgen machen, wenn in Ihrer Wohnung oder in Ihrem Haus an verschiedenen Stellen Asbest enthalten ist.“

Das Thema wird für Sie als Wohnungs- oder Hauseigentümer/in erst relevant, wenn in die Bausubstanz eingegriffen werden soll, wenn also Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen anstehen. Sobald Asbestfasern freigesetzt werden könnten, ist Vorsicht geboten. Wird asbesthaltiges Material gesägt, mit der Flex behandelt, herausgerissen und beschädigt, entsteht Faserfeinstaub, der tief in die Lungen eindringt und Krebs erzeugen kann. „Am gefährlichsten ist der Staub, der so fein ist, dass man ihn mit dem bloßen Auge nicht sieht“, informiert die Verbraucherzentrale.

Hinweise auf Asbest in Bauunterlagen suchen

Der erste Schritt im Vorfeld von Sanierungen: Erkunden Sie, ob in den Materialien, die Sie anfassen wollen, Asbest enthalten ist. Vielleicht enthalten bereits Ihre Bauunterlagen Hinweise, wo in Ihrer Immobilie Asbest verbaut wurde, rät Moriske. „Wurde Ihre Wohnung oder Ihr Haus nach 1945 und vor 1993 erbaut oder in der Zeit umfassend saniert wurde, müssen Sie davon ausgehen, dass Asbest in vielfältiger Form zum Einsatz kam. Man nimmt an, dass etwas jedes dritte Gebäude vor 1993 betroffen sein kann, es gibt aber weder verlässliche Zahlen noch Statistiken, so dass vom Worst Case ausgegangen wird. “ Eine Übersicht möglicher asbesthaltiger Materialien im Haus finden Sie in dem PDF „Asbest im Haus? (Sicher) Renovieren und Modernisieren“ des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales“.

Materialproben entnehmen (lassen)

Um wirklich sicher zu gehen, ob Sie mit Asbest zu tun haben, ist im Zweifel eine Materialprobe nötig. Diese können Sie durch eine fachkundige Messfirma entnehmen lassen. Die Kosten für zwei Proben liegen in der Regel zwischen 100 und 300 Euro. Spezialisierte Firmen finden Sie unter anderem auf der Website des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung, bei der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute oder beim Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger.

Zu teuer? Sie haben auch die Möglichkeit, selbst Proben zu entnehmen und zur Untersuchung einzuschicken (die Kosten hierfür liegen bei etwa 60 Euro). Das könne aber fehleranfällig sein – außerdem bestehe das Risiko, bei der Entnahme Asbestfasern freizusetzen und sich damit selbst zu gefährden, informiert Moriske.

Schutzkleidung und Staubmasken sind Pflicht!

Ihr Verdacht hat sich bestätigt? Dann darf nicht mehr einfach darauf los gewerkelt werden. „Das größte Risiko, an Asbestose und Lungenkrebs zu erkranken, haben Arbeiter, die beruflich ohne ausreichenden Schutz über lange Jahre hohen Belastungen ausgesetzt waren“, informiert die Verbraucherzentrale. Nicht nur Handwerker, auch Sie als Privatperson müssen sich – wenn Sie Arbeiten selbst übernehmen –an die Vorschriften halten, die die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 519 vorschreiben, zum Beispiel das Tragen von Schutzkleidung und Staubmaske.

Bedenken Sie: Die Vorgaben dienen nicht nur Ihrem Schutz, sondern auch dem Schutz Ihrer Nachbarn. Sollten diese durch die Freisetzung von Asbestfasern geschädigt werden, können diese zivilrechtliche Ansprüche gegen Sie geltend machen. Ein falscher Umgang mit Asbest kann zudem als Ordnungswidrigkeit sowie als Straftat geahndet werden (Grundlage ist das Chemikaliengesetz in Verbindung mit der Chemikalienverbotsverordnung sowie der Gefahrstoffverordnung) – und das kann teuer werden. Wenn Sie in größerem Umfang auf asbesthaltige Materialien stoßen, sollten Sie mit den Arbeiten einen Fachbetrieb bzw. Handwerker beauftragen, die den Sachkundenachweis nach TRGS 519 haben, dann dürften Sie auf der sicheren Seite sein.

Entsorgung als Sondermüll

Auch wenn Sie die Arbeiten selbst ausgeführt haben, gilt: Asbesthaltiges Material entsorgen dürfen nur Firmen, die den Sachkundenachweis gemäß den TRGS 519 vorweisen können. Wie umfangreich die Entsorgungsmaßnahmen sind, hängt von der jeweiligen Baumaßnahme und sicherlich auch von der anfallenden Menge ab.

Kosten, mit denen Sie rechnen müssen

Da Asbest als gefährlicher Abfall (Sondermüll) fachgerecht verpackt und entsorgt werden muss, kann das teuer werden. Eine ordnungsgemäße Asbestentsorgung durch eine Fachfirma umfasst in der Regel folgende Kostenpunkte: Anfahrtskosten, mögliche Gerüstmiete, Anzahl der Arbeitsstunden für den Ausbau des asbesthaltigen Materials, Verpackungsmaterial und Entsorgungskosten. Letztere werden in der Regel pro Kubikmeter berechnet und unterscheiden sich je nach Kommune (in der Regel zwischen 100 und 300 Euro pro Tonne). Für den fachgerechten Ausbau von asbesthaltigen Platten auf einem 120 Quadratmeter großen Dach durch eine Fachfirma können so knapp 7.000 Euro anfallen (inklusive der Entsorgungskosten bei der Kommune), wie ein Rechenbeispiel zeigt.

Alternative: Überkleben statt Entfernen

Was, wenn Sie vermuten, dass Asbest hinter alten Fliesen oder Tapeten steckt, aber die Kosten der Prüfung und Entsorgung scheuen?  Bestimmte Renovierungs- bzw. Sanierungsarbeiten umgehen das Problem. Ein kleines Badezimmer, in dem asbesthaltige Fliesenkleber benutzt wurden, lässt sich beispielsweise relativ einfach modernisieren, indem man die alten Fliesen mit neuen überklebt. Das ist weiterhin gestattet. Wenn allerdings asbesthaltiger Fliesenkleber freigelegt wurde, dann gilt das sogenannte Überdeckungsverbot – das heißt, Sie können nicht einfach neue Fliesen darüber anbringen, sondern müssen den alten Kleber fachgerecht entsorgen lassen. 

Auch Arbeiten wie das Überstreichen von intakten Tapeten, die asbesthaltigen Putz und Spachtelmassen überdecken, seien weiterhin erlaubt, so Moriske, und könnten vom Heimwerker ohne Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Weitere Hinweise und Tipps:

  • Nehmen Sie, wenn der Verdacht besteht, dass Asbest in Ihrer Immobilie verbaut wurde, insbesondere bei umfassenden Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen einen Sachverständigen mit ins Boot, der Ihre Wohnung oder Ihr Haus auch auf andere Schadstoffe untersucht.
  • Wenn Sie Arbeiten selbst durchführen möchten, müssen Sie sich vorab unbedingt informieren, zum Beispiel beim örtlichen Umweltamt, ob diese zulässig sind – dies ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
  • Sie möchten Ihre Wohnung oder Ihr Haus verkaufen und haben Kenntnis von asbesthaltigen Materialien in der Immobilie? Dann sind Sie verpflichtet, dies Kaufinteressenten von sich aus mitzuteilen. Wenn Sie die Asbestsanierung durchführen, bevor Sie mit der Immobilie in den Verkauf gehen, werden Sie vermutlich einen höheren Preis erzielen – wägen Sie das ab.
  • Die Kosten einer Asbestsanierung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend machen als außergewöhnliche Belastung.
  • Sie sind Wohnungseigentümer/in? Für das Gemeinschaftseigentum, z.B. Balkone, ist die  WEG zuständig. Wenn eine Sanierung beschlossen werden soll, beantragen Sie ggf., dass die Prüfung auf Asbest und bei Befund die fachgerechte Entsorgung mit in den Beschluss aufgenommen wird.
  • Weiterführende Informationen zum Umgang mit Asbest gibt es u.a. bei der Verbraucherzentrale, beim Umweltbundesamt, beim Gesamtverband Schadstoffsanierung e.V., und bei den Landesämtern für Umwelt und Arbeitsschutz.
  • Im Rahmen des „Nationalen Asbestdialoges“ wird derzeit eine Leitlinie dreier Bundesoberbehörden zum Umgang und zur sicheren Erkundung erarbeitet, die Ende dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Ziel ist es, Haus- und Wohnungseigentümern, Mietern und auch Handwerksbetrieben konkrete Hilfestellungen und Tipps für den Umgang mit Asbest zu geben.