Wohnen im Eigentum kritisiert: Zu kurze Umsetzungsfrist für größere WEGs / fehlende Vorgaben für die Umsetzung
27.10.2022. Die neue „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV) ist seit 01. Oktober in Kraft. Sie schreibt für Gaszentralheizungen in Wohngebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten einen hydraulischen Abgleich der zentralen Heizungsanlage vor. Als Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht müssen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) diese Maßnahme mit einfacher Mehrheit beschließen. Doch gerade wenn Heizkörper laut Teilungserklärung im Sondereigentum stehen und Heizungsventile daran ausgetauscht werden müssen, darf die WEG ihre Befugnisse nicht überschreiten. Wieder einmal ist gesetzlich nicht festgelegt worden, wie die WEGs diese Pflicht umsetzen sollen. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) kritisiert diese Ignoranz des Verordnungsgebers (hier BMWK), informiert über die Rechtslage und gibt Tipps, wie WEGs vorgehen können.
Gaszentralheizungssysteme: Hydraulischer Abgleich ab sechs Wohneinheiten Pflicht
Um einen unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden und zu verhindern, dass eine Mangelsituation bei der Gasversorgung eintritt, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV) erlassen. Die Verordnung gilt seit dem 01.10.2022 für die nächsten zwei Jahre.
Neben der Pflicht zu einem Heizungscheck und Maßnahmen zur Heizungsoptimierung müssen Eigentümer*innen von Gebäuden mit einer zentralen Gasheizungsanlage und mindestens sechs Wohneinheiten einen hydraulischen Abgleich des Heizungssystems durchführen.
Rechtszustand der Heizung klären
Anders als bei Gasetagenheizungen, die sich im Sondereigentum befinden und bei denen die einzelnen Wohnungseigentümer*innen allein über Optimierungen entscheiden können, muss in Wohnungseigentumsanlagen, die über eine Zentralheizung verfügen, die WEG über die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs mit einfacher Mehrheit beschließen, denn eine zentrale Heizungsanlage ist Gemeinschaftseigentum.
„Bei den Heizkörpern hingegen kommt es darauf an, ob diese in der Teilungserklärung als Sondereigentum definiert sind. In vielen Fällen ist das der Fall“, informiert WiE-Rechtsreferent Michael Nack. „Wenn beim hydraulischen Abgleich an ihnen Thermostatventile ausgetauscht werden müssen, handelt es sich um eine bauliche Veränderung im Sondereigentum, über die die WEG nicht beschließen darf.“ Es sollte deshalb vorab geprüft werden, ob die Heizkörper Gemeinschaftseigentum sind oder im Sondereigentum stehen, damit der Beschluss so formuliert werden kann, dass kein rechtswidriger Eingriff ins Sondereigentum erfolgt.
Beschlusssache Hydraulischer Abgleich
Da die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs ab sechs Wohneinheiten öffentlich-rechtliche Pflicht ist, haben alle Eigentümer*innen einen Anspruch darauf - als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung. Selbst wenn keine einfache Mehrheit zustande kommt, könnte jeder oder jede einzelne Eigentümer*in eine Beschlussersetzungsklage führen. Soweit sollte es jedoch gar nicht erst kommen, denn alle Eigentümer*innen sind als Adressaten der Verordnung gleichermaßen in der Pflicht und sollten hier gemeinsam vorgehen.
Um die Vornahme des hydraulischen Abgleichs generell anzustoßen, sollte die WEG in der nächsten Eigentümerversammlung beschließen, dass ein hydraulischer Abgleich durchgeführt werden und die Verwaltung dafür drei Vergleichsangebote einholen soll. Dieses Angebot kann dann in einer übernächsten Sitzung bzw. per Umlaufbeschluss „beauftragt“ werden. Die Kosten sind nach den Miteigentumsanteilen je Wohnung unter den Eigentümer*innen aufzuteilen, denkbar ist aber auch eine Kostenverteilung nach Anzahl der Heizkörper in den jeweiligen Eigentumswohnungen. Die Kostenverteilung ist in dem Beschluss mit zu regeln.
Sonderfall: Heizkörper sind Sondereigentum
Auch wenn die Heizkörper im Sondereigentum stehen, ist es sinnvoll, dass alle Eigentümer*innen den hydraulischen Abgleich gemeinsam durchführen, denn durchgeführt werden muss er, ob allein oder mit der WEG zusammen. Letzteres wird wahrscheinlich kostengünstiger sein.
In diesem Fall sollte die Verwaltung bei der Einholung der Angebote die beim Abgleich pro Heizkörper anfallenden Kosten gesondert ausweisen lassen. Parallel sollte sie bei allen Eigentümer*innen das Einverständnis einholen, dass der hydraulische Abgleich sich auch auf „ihre“ Heizkörper mit erstrecken soll und die WEG die anteiligen Kosten für die Heizkörper ihnen in Rechnung stellen darf.
Entsprechend der Zustimmungsquote kann dann in der Eigentümerversammlung der Beschluss über das passendste Angebot gefasst werden. Haben einige Eigentümer*innen nicht zugestimmt, muss im Beschluss enthalten sein, dass sie den hydraulischen Abgleich an ihren Heizkörpern selbst beauftragen.
Frist zur Umsetzung der Verordnung
Der hydraulische Abgleich bei sechs bis neun Wohneinheiten muss bis zum 15.09.2024 durchgeführt werden. Für Gebäude mit mindestens zehn Wohneinheiten gilt bereits der 30.09.2023 als Stichtag. WiE kritisiert diese viel zu kurze Frist für größere WEGs. Nack: „Systembedingt können Wohnungseigentümergemeinschaften oft nicht so schnell handeln. Die Verordnung wird auf diese Weise für WEGs zum Papiertiger.“