23.08.2019. Eine WEG kann beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks, mit dem Strom an einen außenstehenden Abnehmer geliefert wird, gewerblich tätig sein, auch wenn dafür nicht ausdrücklich ein Unternehmen gegründet wurde. Das zeigt ein Urteil des Bundesfinanzhofs (20.9 2018, Az. IV R 6/16). Wenn Ihre WEG die Errichtung eines Blockheizkraftwerks oder einer Solaranlage plant, sollten Sie bereits im Vorfeld klären, ob Sie Strom ausschließlich für den Eigenbedarf produzieren möchten oder Sie diesen bzw. einen Teil davon ins öffentliche Netz einspeisen wollen. Im letztern Fall erzielen Sie gewerbliche Einkünfte, die ggf. zu versteuern sind. Das muss Ihre WEG einkalkulieren, rät ein WiE-Experte.
Laut dem Urteil gilt eine WEG ohne weiteres als „Mitunternehmerschaft“, für die das gewerbesteuerliche Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgt damit nicht der Auffassung, WEGs betrieben nur dann ein Gewerbe, wenn sie zur Stromerzeugung ausdrücklich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (oder ein anderes Unternehmen) gründeten. Im vorliegenden Fall war eine Wohnanlage errichtet worden, zu der ein Blockheizkraftwerk gehörte, mit dem der eigene Wärmeenergiebedarf gedeckt werden sollte. Der außerdem erzeugte und nicht von den Wohnungseigentümern verbrauchte Strom wurde gegen eine Vergütung in das Netz eines Energieversorgers eingespeist. Das Finanzamt war der Meinung, die Wohnungseigentümergemeinschaft unterhalte mit der Stromeinspeisung einen Gewerbebetrieb, und erließ einen Bescheid, mit dem gewerbliche Einkünfte festgestellt wurden. Hiergegen setzten sich die klagenden Eigentümer einer Wohnung zur Wehr. Sie meinten, der Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern allenfalls eine zusätzlich von den Eigentümern gegründete GbR hätte gewerblich tätig sein können. Im Übrigen sei der Gewinn auch zu hoch festgestellt worden.
Der nach Klageabweisung durch das Finanzgericht angerufene Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgericht darin, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft infolge ihrer zivilrechtlichen Verselbständigung ähnlich einer Personengesellschaft steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft anzusehen sei. Das Urteil enthält darüber hinaus eine Reihe von praktischen Hinweisen, wie innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit planungsintensiven Projekten umgegangen werden sollte.
Klären: Reine Selbstversorgung oder auch gewerbliche Einkünfte?
Helmut Bischoff, der als Steuerexperte für WiE tätig ist, rät: „Bevor Sie in Ihrer Eigentümerversammlung Beschlüsse über den Erwerb und die Installation eines Blockheizkraftwerks oder einer Solaranlage fassen, sollten Sie unbedingt klären, ob Ihre WEG mit dem – teilweisen – Verkauf von Strom an Nicht-Eigentümer Einkünfte erzielen will.“ Um diese Frage beantworten zu können, sollten Verwaltungsbeirat und Verwaltung dafür sorgen, dass eine umfassende und fachkundige Beratung der WEG erfolgt – und zwar bevor Ihre WEG einen Vertrag für den Erwerb und die Installation eines Blockheizkraftwerks oder einer Solaranlage unterzeichnet. Darauf weist auch der BFH im oben erwähnten Urteil hin.
„Da technische, steuerliche und finanzielle Fragen als zusammenhängendes Ganzes erörtert werden sollten, setzen Sie sich am besten mit einem technischen Experten (der vermutlich ein Vertreter der entsprechenden Firma sein wird) und einem unabhängigen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer an einen Tisch“, sagt Bischoff. Dadurch könnten langwierige, gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden, so Bischoff. Außerdem schaffe es Klarheit für steuerliche Behandlung und die Erstellung der Jahresabrechnung.
Interessierte können das Urteil im Volltext hier nachlesen: http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Geric.... Dabei können Sie sich, rät Bischoff, auf die Ausführungen beschränken, die sich auf die Aktionen von Verwaltung, Beirat und WEG beziehen.