18.04.2024. In Wohnungseigentümergemeinschaften ist der Umgang mit Schäden nicht immer ganz einfach, da sowohl Sonder- als auch Gemeinschaftseigentum betroffen sein können. Wer wann für welche Schäden haftet, erläutert WiE-Rechtsreferent Michael Nack im Interview. Lesen Sie auch, wie die Beseitigung von Schäden in WEGs ablaufen muss.

Wenn ein Wohnungseigentümer einen Kochtopf auf die Fliesen in der Küche fallen lässt, hat er den Schaden selbst verursacht und damit „nur“ sein Sondereigentum beschädigt. Der Eigentümer muss also für die Reparatur selbst aufkommen. Doch sobald Gemeinschaftseigentum betroffen oder ursächlich für einen Schaden am Sondereigentum ist, ist die WEG involviert. Zunächst stellt sich die Frage der Abgrenzung - ist Sonder- oder Gemeinschaftseigentum vom Schaden betroffen. Dann muss ermittelt werden, wo die Schadensursache liegt bzw. wer den Schaden verursacht hat. Das ist wichtig, um herauszufinden, wer für die Kosten der Schadensbeseitigung aufkommen muss. Hier sind die einzelnen Wohnungseigentümer*innen, die WEG, die Verwaltung und ggf. Dritte (z.B. Handwerksunternehmen) die möglichen Beteiligten. Die Schadensursache bzw. der Verursacher ist auch relevant, um die Schadensregulierung mit der entsprechenden Versicherung abzuwickeln. Das folgende Interview gibt einen Überblick über die Thematik, hat allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

WiE: Es kann passieren, dass Schäden am Sondereigentum entstehen, die durch schadhaftes Gemeinschaftseigentum entstanden sind. Zum Beispiel die Verwaltung setzt einen Beschluss über die Reparatur einer undichten Terrassentür nicht um, woraufhin ein Feuchteschaden im Parkett eines Sondereigentümers oder einer Sondereigentümerin entsteht. Hat er oder sie dann einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die WEG?

Michael Nack: „In diesem Fall ja. Grundsätzlich gilt: Einen Anspruch auf Schadensersatz haben Sondereigentümer*innen nur dann, wenn der Schaden am Gemeinschaftseigentum durch schuldhaftes Verhalten verursacht wurde. Es muss also eine fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung der Verwaltung, eines Handwerksunternehmens oder von Miteigentümer*innen vorliegen. Dann muss der Verursacher bzw. die Verursacherin die Kosten für die Schadensbeseitigung tragen, bei einer vermieteten Eigentumswohnung ggf. auch Mietausfälle.“

WiE: Und wie müssen Sondereigentümer*innen vorgehen, wenn der Verursacher sich weigert, die Kosten zu übernehmen?

Michael Nack: „Anders als vor der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 2020 haftet im Innenverhältnis stets die rechtsfähige WEG. Sondereigentümer*innen müssen daher zunächst ihre Klage auf Schadensersatz gegen die WEG richten – die dann gegebenenfalls in einem zweiten Schritt die Verwaltung oder das Handwerksunternehmen für den Schaden in Regress nehmen kann. Das ist nun komplizierter als vor der Reform.“

Reparatur durch einen Klempner
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WiE: Was gilt, wenn keine Pflichtverletzung vorliegt?

Michael Nack: „Wenn kein schuldhaftes Verhalten vorliegt, also die WEG und auch die Verwaltung nichts von der defekten Terrassentür wussten, oder wenn zum Beispiel ein Heizungsrohr defekt ist und ein Wasserschaden am Sondereigentum als Folgeschaden auftritt, bleibt die Sondereigentümer*in auf den Kosten für die Beseitigung des Schadens sitzen – es sei denn die Wohngebäudeversicherung kommt für den Schaden auf.“

WiE: Anders herum kann auch durch eine Sondereigentümer*in das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt werden, z.B. der Wasserschlauch der Waschmaschine platzt und verursacht einen Wasserschaden an der Badezimmerwand. Was passiert dann?

Michael Nack: „In dem Fall muss die Sondereigentümer*in für den Schaden aufkommen. In der Regel wird in diesem Fall die private Haftpflichtversicherung der Sondereigentümer*in greifen. Anderes Beispiel: Eine Wasserleitung, die von der Steigleitung abgeht und im Sondereigentum steht (weil das so in der Teilungserklärung geregelt ist), hat einen Rohrbruch und verursacht einen Wasserschaden an der Badezimmerwand. Dann wird in der Regel die Wohngebäudeversicherung der WEG die Kosten für die Schadensbeseitigung übernehmen.“

WiE: Häufig gibt es in WEGs Unklarheiten, wie die Behebung eines Schadens ablaufen muss. Was muss man hierüber wissen?

Michael Nack: „Wenn eine akute Gefahrensituation vorliegt, zum Beispiel ein Wasserrohrbruch, ist natürlich schnelles Handeln gefragt. Dann darf und muss die Verwaltung sofort – bzw. wenn diese nicht erreichbar ist— jede Wohnungseigentümer*in Notmaßnahmen vornehmen, um die Gefahr zu beseitigen und zu verhindern, dass sich der Schaden noch vergrößert, also zum Beispiel einen Havariedienst beauftragen. Das heißt, in diesen Fällen ist kein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nötig. Keinesfalls dürfen einzelne Eigentümer*innen aber eine Maßnahme ergreifen, um die Ursache des Schadens dauerhaft zu beheben (Näheres lesen Sie hier). Die Verwaltung ist auch dafür zuständig, den Schaden so schnell wie möglich der Wohngebäudeversicherung zu melden und – wenn ein Versicherungsfall vorliegt – die Abwicklung der Schadensregulierung zu managen.“

WiE: Welche Pflichten hat die Verwaltung darüber hinaus?

Michael Nack: „Die Verwaltung muss, wenn die akute Gefahr vorbei ist, einen Beschluss zur Instandsetzung (Erhaltungsmaßnahme) vorbereiten, ggf. auch indem sie einen Gutachter hinzuzieht und Angebote von Handwerksunternehmen einholt. Die WEG muss dann die Maßnahme beschließen. Allerdings gilt das nur, wenn Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Einen Schaden am Sondereigentum darf die WEG mangels Beschlusskompetenz nicht ohne Zustimmung der betroffenen Sondereigentümer*innen beheben. Diese dürfen selbst entscheiden, wie ein Schaden behoben wird – die Verwaltung ist dann „nur noch“ verpflichtet, die Eigentümer*innen bei der Regulierung durch die Gebäudeversicherung der WEG zu unterstützen. Bei großen Schäden, die mehrere Wohnungen betreffen, ist aber ein konzertiertes Vorgehen der betroffenen Eigentümer*innen meist sinnvoller.“

Es gibt auch einen „Spezialfall“ – nämlich wenn Sondereigentümer*innen ein Schaden durch Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum entsteht. Was genau ist damit gemeint?

Michael Nack: „Klassisches Beispiel: Die Wandfliesen im Badezimmer müssen herausgerissen werden, da eine Rohrleitung (Gemeinschaftseigentum) einen Rohrbruch hatte und repariert werden muss. Die Eigentümer*in muss diesen Eingriff ins Sondereigentum dulden und hat dann nach der neuen Rechtslage einen Anspruch auf einen ‚angemessenen Ausgleich in Geld‘, d.h. die WEG muss ihr die Kosten ersetzen, die ihr entstehen, um den Schaden am Sondereigentum zu beheben. Oftmals ist es aus Sicht der WEG aber einfacher, mit der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gleichzeitig auch die Wiederherstellung des Sondereigentums zu beschließen und ein Handwerksunternehmen mit der entsprechenden Maßnahme zu beauftragen und bezahlen. Ob dies zulässig ist, ist in der Rechtsliteratur derzeit umstritten. Ich halte dies für weiterhin zulässig und auch für viele Sondereigentümer*innen dürfte das der bequemere Weg sein.“

Weitere Hinweise von WiE:

  • Bei Schäden am Gebäude ist für die Wohngebäudeversicherung die Unterscheidung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum nicht relevant.
  • Wie Sie als Wohnungseigentümer*in vorgehen sollten, wenn Sie Schäden am Gebäude entdecken, lesen Sie hier.