31.03.2022. Wenn Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) per Beschluss festlegen oder im Verwaltervertrag geregelt ist, dass ihre Verwaltung Einzelmaßnahmen bis zu einem bestimmten Betrag ohne Beschluss der WEG vergeben darf, sollten sie darauf achten, auch eine Höchstgrenze festzulegen – um einem Missbrauch durch die Verwaltung vorzubeugen. Dies zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil (AG Schwarzenbek, 02. November 2021, Az. 2 C 54/19 WEG).

Im vorliegenden Fall begrenzte der Verwaltervertrag die Befugnisse zur Vergabe von Aufträgen ohne Beschluss der Eigentümerversammlung auf solche unter 2.500 Euro. Das Problem: Die Verwaltung vergab an einen Einzelunternehmer Aufträge über die Sanierung der Fußwege zu und zwischen den Häusern der WEG mit einem Gesamtvolumen von 68.425 Euro – jeweils als Teilaufträge in Höhe von bis zu 2.499 Euro.

Daraufhin rief die WEG die Verwaltung aus wichtigem Grund ab, woraufhin ein Wohnungseigentümer den Abberufungsbeschluss anfocht. Da der Rechtsstreit noch nach “altem Recht“ (altes Wohnungseigentumsgesetz) geführt wurde, kam es darauf an, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorlag. Das Gericht gab der WEG recht: „Ein wichtiger Grund für die Abberufung der Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft liegt vor, wenn sich die Verwalterin gezielt und planvoll über eine ihre Befugnisse einschränkende Regelung im Verwaltervertrag hinwegsetzt, indem sie kleinteilige Einzelaufträge mit einem gewichtigen Gesamtvolumen vergibt, ohne dass die Wohnungseigentümer an der Vergabe beteiligt werden.“

Muster-Beschluss von WiE nutzen

Um solche Fälle zu vermeiden, sollte Ihre WEG in einem Beschluss konkret festlegen, in welchen Fällen ihre Verwaltung ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft Aufträge vergeben darf, rät WiE. Wichtig dabei: Nicht nur die Beträge der jeweiligen Einzelmaßnahmen sollten darin definiert werden, sondern auch eine Gesamtsumme (Höchstgrenze) der Maßnahmen pro Kalenderjahr. Nutzen Sie als WiE-Mitglied gerne unseren Musterbeschluss über Kostengrenzen von Erhaltungsmaßnahmen und Zuständigkeitsverteilung. Diesen finden Sie in unserem Infoblatt „Sicher ist sicher – Muster-Beschlüsse für mehr Klarheit und Sicherheit in der Zusammenarbeit von WEGs und Verwalter*innen“, das Sie im geschützten Mitgliederbereich kostenfrei herunterladen können (vorher erst einloggen!).

Mit diesem Beschluss kann Ihre WEG verbindlich regeln, für welche Kosten je Einzelmaßnahme und Gesamtkosten pro Jahr die Verwaltung keinen Beschluss braucht. Werden diese Kostengrenzen überschritten, muss dann der Verwaltungsbeirat im nächsten Schritt der Verwaltung sein OK geben. Verweigert der Beirat das oder wird auch dieser Betrag überschritten, muss die Maßnahme durch die Eigentümerversammlung entschieden werden (dritter Schritt).

Belegeinsicht bei der Verwaltung

Selbst mit einem solchen Beschluss kann nicht ausgeschlossen werden, dass Verwalter*innen missbräuchlich vorgehen. Daher sollte der Beirat regelmäßig bei der Verwaltung nachfragen, ob denn Aufträge vergeben wurden und eine Belegeinsicht fordern – um möglichst sicherzustellen, dass die Auskunftspflicht durch die Verwalter*in nicht bewusst umgangen wird. Das bewusste Umgehen des Beirats bzw. der verbindlichen Regeln für die Auftragsvergabe sollten Sie nicht hinnehmen.

Bitte beachten Sie in dem Zusammenhang: Nach der neuen Gesetzeslage kann Ihre WEG Ihre Verwalter*in jederzeit abberufen, auch ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt.

Hintergund

Was Verwalter*innen allein entscheiden und machen dürfen und für was sie einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer*innen brauchen, ist im neuen Wohnungseigentumsgesetz  in § 27 Abs. 1 geregelt. Die Grenzziehung über die Befugnisse (= Entscheidungsrechte und Handlungspflichten) der Verwalter*innen ist hier sehr allgemein in zwei Generalklauseln mit unbestimmten Rechtsbegriffen geregelt, sodass es leicht zu Auslegungsfragen oder -problemen kommen kann. Um zu vermeiden, dass Verwalter*innen (zu) eigenmächtig handeln, bietet das WEGesetz nach § 27 Abs. 2 den WEGs die Möglichkeit, die Kompetenzen der Verwaltungen einzuschränken. Muster-Beschlussvorlagen hierfür finden Mitglieder im oben genannten WiE-Infoblatt.