Stellungnahme von Wohnen im Eigentum (WiE) zum Rechtsverordnungs-Entwurf des BMJV / BMJV nutzt Gestaltungs-Spielräume noch nicht aus
13.07.2021. Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz haben Wohnungseigentümer ab Dezember 2022 bzw. Juni 2024 einen Anspruch auf die Bestellung eines „zertifizierten Verwalters“. Wohnen im Eigentum (WiE) hat jetzt Stellung bezogen zu dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegten Entwurf für eine Rechtsverordnung, in der Prüfungsinhalte und -verfahren u.a. konkret festgelegt werden. Die Prüfungen werden durch die IHKs erfolgen. Als Wohnungseigentümer- und Verbraucherschutzverband hält Wohnen im Eigentum die Einführung einer Zertifizierung für gewerblich tätige Verwalterinnen und Verwalter für zwingend notwendig. Damit das Gesetz seiner Zielsetzung gerecht wird, sieht WiE allerdings noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Sonst wird das Zertifikat nicht das halten, was das Gesetz verspricht. Die Zertifizierung sieht WiE als einen ersten Schritt hin zu einem anerkannten Ausbildungsberuf „WEG-Verwalter/in“.
Bislang kann jede Person ohne fachliche Vorkenntnisse und Erfahrungen den Verwalterberuf ausüben. Gesetzliche Vorgaben für die Berufszulassung gibt es dazu bisher nicht, es wird lediglich eine Fortbildungspflicht im Umfang von 20 Stunden in drei Jahren gefordert. Dabei fordert Wohnen im Eigentum (WiE) an vorderster Front vieler Verbände seit vielen Jahren die Einführung angemessener gesetzlicher Vorgaben für die Berufszulassung.
Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz soll sich dieser Zustand ändern. Jede Wohnungseigentümerin und jeder -eigentümer wird ab Dezember 2022 bzw. Juni 2024 nun einen „zertifizierten Verwalter“ für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verlangen können. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat dazu jetzt einen Entwurf für eine Rechtsverordnung vorgelegt.
Gerade als Verbraucherschutzverband hält Wohnen im Eigentum (WiE) die Einführung einer Zertifizierung für gewerblich tätige Verwalterinnen und Verwalter für unerlässlich und überfällig – nach 70 Jahren Wildwuchs. Damit das Gesetz seiner Zielsetzung – Vereinheitlichung und Erhöhung der Verwalterkompetenzen sowie Verbesserung des Verbraucherschutzes – tatsächlich gerecht wird, sieht WiE allerdings noch erheblichen Nachbesserungsbedarf am Verordnungsentwurf.
Die wichtigsten Kernforderungen von WiE:
Kompetenzüberprüfung, keine reine Wissensabfrage: Die Prüfung darf sich nicht auf eine reine Wissensabfrage beschränken, sondern muss auch die beruflichen Handlungsfähigkeiten der Verwalter-Personen umfassen. „Es wird auch kein Führerschein ausgestellt nur auf der Basis eines bestandenen Multiple-Choice-Tests“, erläutert WiE-Vorständin Gabriele Heinrich diesen Forderung.
Keine Zertifizierung ohne Praxiserfahrung: Als Voraussetzung für die Zulassung zur Zertifizierungsprüfung muss eine einschlägige berufliche Praxis nachgewiesen werden (z.B. eine zweijährige Tätigkeit in der WEG-Verwaltung). Ansonsten kann jede Person ohne jegliche Berufs- und Praxiserfahrung die Prüfung ablegen und das Zertifikat erhalten. Diese Voraussetzung muss auch für die gleichgestellten Berufsgruppen wie Absolventen eines immobilienwirtschaftlichen Hochschulstudiums, Volljuristen und Immobilienkaufleuten gelten.
Da in sehr vielen Fällen auch GmbHs oder andere juristische Personen als Verwalterinnen bestellt werden, müssen auch diese den Status „zertifizierter Verwalter“ erhalten. Die für diesen Status vorgesehenen rechtlichen Vorgaben (eine Gesellschaft kann ja keine Prüfung ablegen) reichen allerdings nicht aus. Gesellschaften müssen ihren Zertifizierungs-Status gegenüber den Wohnungseigentümern nachweisen, insbesondere jederzeit bei personellen Veränderungen, „sonst erhält der Zertifizierungs-Status nur den Charakter einer Pro-Forma-Regelung“ so Heinrich. „Er wird zum Papiertiger werden.“ Der Nachweis kann über die Einführung eines öffentlich zugänglichen Registers für zertifizierte Personen, juristische Personen und Personengesellschaften bei den IHKs, die Einführung einer Informationspflicht der Gesellschaften gegenüber Wohnungseigentümern und oder einem Auskunftsrecht für Wohnungseigentümer erreicht werden. Außerdem müssen Sanktionen eingeführt werden bei ordnungsrechtswidrigem Verhalten dieser Unternehmen.
Im Verordnungsentwurf fehlen diese und weitere Vorgaben. „Damit nutzt der Verordnungsgeber seine Spielräume zur Ausgestaltung der Zertifizierung und zur Festlegung allgemeiner Anforderungen an die Qualität der Verwaltungsleistungen nicht aus", so Heinrich. „Den IHKs (bzw. dem DIHK) wird nach diesem Entwurf enorm viel Freiraum und Verantwortung bei der Konkretisierung des Prüfungsgegenstandes und der Prüfung überlassen bzw. übergeben.“
Sollen sich die Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer als Verbraucher auf dieses Zertifikat und die Gleichstellung bestimmter Berufsgruppen „verlassen“ können, also Vertrauen in die Zertifizierung fassen können, dann sind u.a. diese Nachbesserungen erforderlich. Zumal es Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern nicht nur in der langjährigen Übergangszeit schwerfallen wird, zwischen zertifizierten Personen, gleichgestellten Berufsgruppen, Personengesellschaften mit Zertifizierungs-Status und nicht zertifizierten Verwalterinnen und Verwaltern zu unterscheiden. „Wenn sich zertifizierte Personen nicht aufgrund der Prüfungsleistung und der erhöhten Qualität ihrer Dienstleistungen abheben, steht zu befürchten, dass die Zertifizierung den Wohnungseigentümern zu wenig Transparenz und nur wenig Nutzen für ihren Bedarf an qualifizierten Verwaltern bringen wird. Das bringt kein Mehr an Verbraucherschutz.“
Fernziel muss ein anerkannter Ausbildungsberuf „Wohnungseigentumsverwalter/in“ sein. Diese Forderung sollte spätestens bei der Evaluation des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) beim BMJV und bei den Rechts- wie Bildungspolitikern auf der Agenda stehen.
Ausführliche WiE-Stellungnahme zum Verordnungs-Entwurf (PDF)
Verordnungs-Entwurf des BMJV zur Verwalterzertifizierung (PDF)