WiE: Gut Ding will Weile haben / Vorgesehene Verwalterstärkung nicht konsensfähig / Politik ringt um Spagat zwischen Gebäudemodernisierung und Schutz der Eigentümer vor finanzieller Überforderung

03.07.2020. Ohne Verabschiedung der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes sind Bundestag und Bundesrat in die Sommerpause gegangen. „Für die Eigentümer von rund 10 Mio. Wohnungen bundesweit ist das eine gute Nachricht“, sagt Gabriele Heinrich, Vorständin des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE). „Wäre der Gesetzentwurf der Bundesregierung jetzt durchgekommen, hätte die an sich dringend nötige Reform mehr neue Probleme geschaffen als alte gelöst!“ WiE begrüßt ausdrücklich die Versprechen sowohl aus der SPD als auch der CDU/CSU, bis zum Herbst noch sorgfältig zu beraten, wie die Gebäudemodernisierung gefördert und die Eigentümerrechte im neuen Wohnungseigentumsgesetz gesichert werden können. Entsprechende Mitteilungen hatten die Fraktionen nach einem internen Berichterstattergespräch veröffentlicht.

Verwalter dürfen keine WEG-Geschäftsführer werden

Einigkeit scheint zu bestehen, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Verwalterstärkung wieder eingeschränkt werden muss – in welchem Umfang, wird noch diskutiert. Laut Gesetzentwurf sollen externe Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen zu „Geschäftsführern“ der Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) aufsteigen, ausgestattet mit einer unbeschränkbaren Vertretungsmacht, beliebige Verträge für die Eigentümer verbindlich abzuschließen. Ob Handwerkerauftrag oder gar Kreditaufnahme – die Eigentümer müssten zahlen und könnten höchstens Schadensersatz vom Verwalter verlangen, wenn dieser eigentlich einen Beschluss der Eigentümer für den Vertrag gebraucht hätte. Angemessene und leicht praktikable Eingriffs- und Kontrollrechte der Eigentümer fehlen hingegen.

Gabriele Heinrich: „Diese Konstruktion ist fragwürdig, da die Verwalter fremdes Geld und fremdes Vermögen verwalten. Zudem passt diese hohe Verantwortung nicht zu einem Berufsstand, in dem bei weitem nicht nur Profis unterwegs sind.“ WiE fordert, die Verwalterstärkung zu streichen, mindestens aber deutlich einzuschränken.

Neuregelung der baulichen Veränderungen überzeugt nicht

Ein weiterer Knackpunkt des Gesetzentwurfs: Sämtliche bauliche Veränderungen in Wohnungseigentümergemeinschaften sollen künftig mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Die nicht zustimmende Minderheit könnte eine Modernisierung der Anlage somit nicht mehr verhindern. Maßnahmen, die sich amortisieren, und solche, die die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen, sollen von allen gezahlt werden müssen. Als Schutz vor einer finanziellen Überlastung einzelner Eigentümer ist angedacht, dass alle anderen Maßnahmen nur von denen gezahlt werden sollen, die diesen baulichen Maßnahmen zustimmen und sie auch nutzen wollen. Das heißt: Wer nicht zustimmt, soll die Kosten und Folgekosten nicht zahlen müssen, die modernisierten Anlagen - soweit möglich - dann aber auch nicht nutzen dürfen. Ob Fahrradständer im Hof, Spielplatz im Garten, Bau einer gemeinschaftlichen Dachterrasse – die Neuregelung würde damit zu einer schier unüberschaubaren Fülle komplizierter Kosten-, Folgekosten- und Nutzungsregelungen in den WEGs führen. Es bleibt die Frage, wie trotz der wünschenswerten Beseitigung von Sanierungsstaus finanziell nicht so starke Eigentümer vor Überforderungen geschützt werden  – und verhindert wird, dass sie von Mehrheitseigentümern und Investoren aus ihren Wohnungen „herausmodernisiert“ werden könnten.

„Insgesamt überzeugt die Neuregelung von baulichen Veränderungen nicht“, sagt Heinrich. „Gefördert werden sollten Sanierungen durch eine Pflicht zu einer mittel- und langfristigen Erhaltungsplanung und zum Ansparen einer Rücklage in ausreichender Höhe.“ Breite Zustimmung findet einzig der neue Duldungsanspruch für Maßnahmen zur Herstellung von eMobilität, Barrierefreiheit, Einbruchschutz und schnellem Internet – auf Kosten des Eigentümers, der sie verlangt.

Appell: Wohnungseigentum bezahlbar halten!

„Gut Ding will Weile haben“, so das Fazit von Heinrich. „Jetzt ist die Hoffnung groß, dass sich im Herbst aus Eigentümersicht noch einiges bewegt und Eigentümerrechte gewahrt werden. Wir setzen darauf, dass SPD und CDU/CSU die Chance nutzen werden, über parteipolitische Grenzen hinweg verbraucherorientierte Verbesserungen zu entwickeln, die das Wohnungseigentum bezahlbar halten und seine Attraktivität für breite Kreise der Gesellschaft steigern.“