07.04.2022. Wohnungseigentümer*innen in WEGs mit mehr als acht Sondereigentumsrechten haben ab Dezember 2022 bzw. Juni 2024 einen Anspruch auf die Bestellung eines „zertifizierten Verwalters“. Die Details zur Verwalterzertifizierung regelt eine Verordnung, die WiE mehrfach kritisiert hat, weil zu oberflächlich. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat nun einen Rahmenplan mit Lernzielen für die Prüfung veröffentlicht.

Der Rahmenplan dient als Grundlage für die Erstellung der Prüfungsaufgaben und der Vorbereitungslehrgänge (die nicht verpflichtend sind). In ihm hat der DIHK gemeinsam mit einem Expertengremium und drei Fachverbänden der Immobilienwirtschaft die Lernziele zusammengefasst. Empfohlen wird darin auch eine Gewichtung der Themen bei der Prüfungsvorbereitung: 10 Unterrichtseinheiten über die Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 60 über die rechtlichen Grundlagen, 20 über die kaufmännischen Grundlagen und 30 für die technischen Grundlagen.

Die Prüfungen werden voraussichtlich ab August bzw. September 2022 durch die Industrie- und Handelskammern angeboten.

Die Prüfung setzt sich aus einem schriftlichen (90 Minuten) und einem mündlichen Teil (mindestens 15 Minuten) zusammen und darf so oft wie gewünscht wiederholt werden.

WiE warnt Wohnungseigentümer*innen, Beiräte und WEGs davor, sich bei der Bestellung einer neuen Verwaltung auf die Bezeichnung „zertifizierter Verwalter“ zu verlassen. Denn aus Sicht von Wohnen im Eigentum ist die Verordnung nicht ausreichend, um langfristig und nachhaltig die Qualität der WEG-Verwaltungen zu erhöhen. Einer der Kritikpunkte: Bei den Prüfungen wird nur theoretisches Wissen abgefragt, Praxiserfahrung muss nicht nachgewiesen werden.

Außerdem kritisiert WiE (siehe Stellungnahme), dass alle Personen mit einer in § 7 der „Verordnung über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz“ (VerwZertV) aufgeführten Ausbildung sich nun als „zertifizierte Verwalter“ bezeichnen dürfen. Das sind: alle Volljuristen, alle Immobilienkaufleute, alle Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, alle geprüften Immobilienfachwirte und alle Absolventen eines Hochschulabschlusses mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt. Eine Prüfung ist für sie nicht vorgeschrieben, sie müssen auch keinerlei Praxiserfahrung in der WEG-Verwaltung nachweisen.

Welche Nachbesserungen und Ergänzungen am Verordnungsentwurf WiE konkret gefordert hatte, lesen Sie hier in der Stellungnahme von WiE.

Eine Anekdote über Politik im Hinterzimmer

Das Justizministerium in Bayern hat in Abstimmung mit Baden-Württemberg die Verordnung zur Verwalterzertifizierung kurzfristig vor der Beratung im Bundesrat noch etwas „nachverwässert“. Initiator dieser Aktion in eigenem Interesse war der Verwalterverband VDIV Bayern mit guten Kontakten ins Bayerische Justizministierum. Während im ursprünglichen Entwurf noch vorgesehen war, dass bestimmte Berufsgruppen (Juristen, Immobilienkaufleute etc.) zwar den zertifizierten Verwalter*innen gleichgestellt waren, sich aber nur so nennen durften, nachdem sie die Prüfung mitgemacht und bestanden hätten, wurde im Bundesrat ein Automatismus durchgewunken: Diese Berufsgruppen dürfen sich nun auch ohne Prüfung zertifizierte Verwalter nennen.

Rechtlicher Hintergrund

Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz (§ 19 Abs. 2 Nr. 5 WEGesetz) kann jede Wohnungseigentümer*in in WEGs mit mehr als acht Sondereigentumsrechten ab 01.12.2022 verlangen, dass ein von der IHK zertifizierter Dienstleister als Verwalter bestellt wird. Für kleine WEGs mit weniger als neun Sondereigentumsrechten gilt: Hier muss mindestens ein Drittel der Eigentümer*innen dies verlangen. Für bereits vor dem 01.12.2020 bestellte Verwalter*innen gilt eine Übergangsfrist bis 01.06.2024.