09.05.2022. Die Jahresabrechnung zu prüfen, ist nicht nur Sache des Verwaltungsbeirats, sondern alle Eigentümer*innen müssen vor der Eigentümerversammlung und Beschlussfassung ihre Einzelabrechnungen prüfen und möglichst auch die weiteren Bestandteile der Jahresabrechnung. Lesen Sie hier, was Sie tun können, wenn Sie Fehler entdecken. Die Vorgehensweisen hängen dabei wesentlich davon ab, ob Sie die Fehler vor, während oder nach der Eigentümerversammlung finden und reklamieren.

Jede Wohnungseigentümer*in hat einen Anspruch auf eine inhaltlich vollständige und richtige Jahresabrechnung. Daran hat sich auch mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes nichts geändert.

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (§ 29 Abs. 2 Satz 2) soll der Beirat die Jahresabrechnung vor der Beschlussfassung prüfen - insbesondere die Belegprüfung durchführen und den Entwurf der Jahresabrechnung prüfen -,  diese mit der Vewaltung durchsprechen und dann mit einer Stellungnahme für die WEG versehen. Das entlastet die Eigentümer*innen nicht davon, ihre Einzelabrechnungen prüfen zu müssen, also ob die Kostenverteilungsschlüssel stimmen, ob die Kostenverteilung korrekt ist etc. Das ist nicht Sache des Beirats. Darüber hinaus ist es immer gut, die weiteren Bestandteile der Jahresabrechnung auch zu sichten. Wie Sie dabei vorgehen können und worauf Sie noch ein besonderes Augenmerk legen sollten, können Sie im WiE-Ratgeber „Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen“ (Seite 91) nachlesen. Im Folgenden wird beschrieben, welche Wege Sie als Wohnungseigentümer*in beschreiten können, wenn Sie Fehler finden.

Sie stellen (einen) Fehler vor der Eigentümerversammlung fest

Die Verwaltung ist verpflichtet, Ihnen die Jahresabrechnung vor der Eigentümerversammlung, in der Ihre WEG darüber beschließt, zukommen zu lassen; in der Regel erhalten die Wohnungseigentümer*innen diese gemeinsam mit der Einladung zur Versammlung. Fallen Ihnen Fehler in der Jahresabrechnung auf, sollten Sie diese erst einmal mit dem Beirat abklären (auch um sicherzugehen, dass es tatsächlich Fehler sind) und dann möglichst frühzeitig vor der Versammlung der Verwaltung mitteilen und eine Korrektur verlangen. Dann besteht die Chance, dass die Verwaltung noch vor dem Versammlungstermin korrigierte Abrechnungen erstellen und verteilen kann.

WiE bietet seinen Mitgliedern hierfür ein kostenfreies Musterschreiben „Widerspruch gegen Einzelpositionen der Jahresabrechnung“ an (hier herunterladen, bitte vorher auf der Website einloggen) zu richten an die Verwaltung. Eine Kopie des Schreibens sollten Sie an den Verwaltungsbeirat schicken, damit dieser informiert ist.

Sie stellen (einen) Fehler erst in der Eigentümerversammlung fest:

Je nach „Schwierigkeitsgrad“ der Fehler gibt es zwei Vorgehensweisen.

1. Bei eindeutigen Fehlern:

Erst in der Versammlung stellen Sie fest, dass beispielsweise die Kosten für die Straßenreinigung nach einem falschen Verteilungsschlüssel verteilt wurden und stattdessen nach Miteigentumsanteilen verteilt werden müssen.

  • Wird der Fehler in der Versammlung erkannt, kann im Versammlungsprotokoll eine klare Vorgabe aufgenommen werden, wie der Fehler korrigiert werden muss – nach diesem Beispiel, dass die Kosten nach Miteigentumsanteilen neu verteilt werden müssen.
  • Ihre Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) beschließt dann in der Eigentümerversammlung, dass die Verwaltung eine neue Abrechnung erstellen muss. Da sich nach der Korrektur die Nachzahlungsbeträge oder Guthaben für alle Wohnungseigentümer*innen ändern, muss die WEG einen neuen Beschluss über die Nachzahlungen oder Rückzahlungen fassen (also über die "Anforderung von Nachschüssen bzw. Anpassung der beschlossenen Vorschüsse“). Um das Verfahren abzukürzen, sollte dieser Beschluss nun in einem Umlaufverfahren in Textform gefasst werden mit der Vorgabe, dass dafür die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht. So kann Ihre WEG, ohne dass eine außerordentliche Versammlung einberufen werden muss, zeitnah einen Beschluss herbeiführen.

Diese geschilderte Möglichkeit sollte Ihre WEG aber wirklich nur dann in Betracht ziehen, wenn der Fehler sowie dessen Korrektur und deren Auswirkungen klar auf der Hand liegen.

2. Bei unklaren Fehlern bzw. unvollständigen Jahresabrechnungen:

Ist der Fehler erkennbar, kann er aber nicht sofort in der Versammlung aufgelöst werden – oder gibt es mehrere Fehler und ihre Auswirkungen sind in der Gesamtheit unklar – sollte die WEG die Verwaltung per Mehrheitsbeschluss zur Erstellung einer neuen Jahresabrechnung und zur Erläuterung der Korrekturen auffordern. Das gilt natürlich erst recht, wenn die Abrechnung nicht schlüssig ist und/oder gar Bestandteile fehlen. Die korrigierte Jahresabrechnung sollte dann in einer späteren Eigentümerversammlung beraten und beschlossen werden.

Sie stellen (einen) Fehler erst nach der Beschlussfassung fest

Wenn Ihre WEG die Abrechnungsspitzen beschlossen hat, obwohl sie falsch sind, bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit, diesen Beschluss gerichtlich anzufechten, die WEG dahingehend zu verklagen. Achten Sie dabei auf die Frist: Die Anfechtungsklage müssen Sie innerhalb eines Monats ab Verkündung des Beschlusses erheben, für die Begründung haben sie hingegen zwei Monate ab Verkündung des Beschlusses Zeit. Wichtig zu wissen: Nach der neuen Rechtslage können Sie nur Fehler anfechten, die sich auf die Abrechnungsspitzen auswirken, die also zu falschen Abrechnungsspitzen führen. Das Zahlenwerk an sich können Sie – anders als nach der alten Gesetzeslage – nicht mehr anfechten.

Sie müssen also in der Anfechtungsklage

  • behaupten, dass die Abrechnungsspitzen falsch sind (ist eine Abrechnungsspitze falsch, z.B. wegen eines falschen Verteilerschlüssels, sind meistens auch alle anderen Abrechnungsspitzen falsch - es reicht aber, wenn nur Ihre Abrechnungsspitze falsch ist) 
  • begründen, warum sie falsch sind (dass also z.B. ein falscher Verteilerschlüssel verwendet wurde oder die Heizkosten falsch beziffert wurden).

Falls Ihre Einzelabrechnung und / oder die Gesamtabrechnung Fehler enthalten, die Ihre oder alle Abrechnungsspitze(n) nicht beeinflussen, können Sie diese – anders als nach der alten Rechtslage – nicht mehr über den Weg der Anfechtungsklage gegen die Verwaltung geltend machen. Da aber jede Eigentümer*in einen Anspruch auf eine inhaltlich vollständige und richtige Jahresabrechnung und somit auch auf eine Nachbesserung hat, sollten Sie in diesem Fall Ihre WEG dazu bewegen, die Verwaltung anzuweisen, die Jahresabrechnung zu korrigieren oder eine neue Jahresabrechnung zu erstellen. Kommt die WEG dieser Aufforderung nicht nach, können Sie eine Leistungsklage gegen die WEG auf Erstellung einer korrekten Jahresabrechnung bei Gericht einreichen.
Dieses umständliche Verfahren liegt darin begründet, dass die Eigentümer*innen seit der WEGesetz-Reform keinen eigenen direkten Anspruch mehr gegen die Verwaltung haben, sondern die Verwaltung als Organ der rechtsfähigen Gemeinschaft tätig ist.