17.04.2024. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) hat eine Kurzumfrage durchgeführt, um Erkenntnisse über (mögliche) Mehrkosten bei der Durchführung hybrider Wohnungseigentümerversammlungen gegenüber Präsenzversammlungen zu gewinnen. Dazu hat WiE einen Online-Fragebogen mit 9 offenen Fragen veröffentlicht und eine bundesweite Befragung unter Wohnungseigentümer*innen durchgeführt, die bereits Erfahrungen mit hybriden Eigentümerversammlungen gemacht haben. Da dieser Eigentümerkreis (noch) überschaubar ist, wurde keine hohe Beteiligungsquote erwartet und die Umfrage auch zeitlich kurzgefasst. Ergänzt wurde die Umfrage um Kosten-Recherchen bei Anbietern von Hard- und Software zur Durchführung von hybriden Eigentümerversammlungen.
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes in 2020 können Wohnungseigentümer*innen mit einfacher Mehrheit in der Eigentümerversammlung die Durchführung der Eigentümerversammlung in hybrider Form beschließen. Sie haben dann die Wahl, ob sie in einem Versammlungsraum vor Ort an der Eigentümerversammlung teilnehmen oder sich von zu Hause online zuschalten wollen. Bisher gibt es keine Befragungen oder Studien über die Erfahrungen der WEGs mit dieser Versammlungsform, gleichwohl werden Behauptungen und Spekulationen über die Kosten und den Aufwand aufgestellt. Um hier etwas „Licht ins Dunkel“ zu bringen, hat WiE nun eine kurze Befragung unter Wohnungseigentümer*innen durchgeführt, die Erfahrungen mit hybriden Eigentümerversammlungen vorweisen können. Die Ergebnisse dieser Befragung geben Tendenzen wieder. Daraus können Trends abgeleitet und erste Empfehlungen für den Einsatz dieses Formats in unterschiedlich großen WEGs gegeben werden. Mehr nicht.
WiE appelliert an das Bundesjustizministerium (BMJ), 2027 die Evaluation des WEMoG anzugehen und hierfür insbesondere die Wohnungseigentümer*innen nach ihren Erfahrungen zu befragen, unter anderem zur hybriden Eigentümerversammlung. Mit diesem Versammlungsformat soll es weit entfernt wohnenden oder zeitlich oder körperlich eingeschränkten Wohnungseigentümer*innen ermöglicht werden, an Eigentümerversammlungen teilzunehmen, sich an Planungen ihrer WEG zu beteiligen und die Entwicklung ihrer WEG mitzugestalten.
Hybride Eigentümerversammlungen werden am häufigsten in kleinen WEGs durchgeführt
Mit dieser Umfrage möchte WiE den Wohnungseigentümer*innen und Beiratsmitgliedern Informationen an die Hand geben, wie hybride Eigentümerversammlungen angegangen werden können. WiE will Bedenken oder Skepsis gegenüber diesem Versammlungsformat abbauen helfen und Wohnungseigentümer*innen Mut machen, es auszuprobieren.
Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse auf einen Blick:
- Grundsätzliches zur Umfrage: Nicht sehr viele WEGs nutzen dieses Versammlungsformat. Es liegen noch wenig Erfahrungen vor. 125 Wohnungseigentümer*innen aus 125 WEGs haben sich an dieser Online-Umfrage beteiligt. (Die Online-Umfrage wurde bundesweit an ca. 26.200 Wohnungseigentümer*innen in verschieden großen WEGs verschickt, an Mitglieder von WiE und Nicht-Mitglieder. In der Regel liegt die Beteiligung an Online-Befragungen bei WiE deutlich höher.)
- Zum Einsatz dieses Versammlungsformates in WEGs:
Diese Form der Eigentümerversammlung wird am häufigsten in kleinen WEGs genutzt, sie haben damit bisher die meisten Erfahrungen gemacht. In mittelgroßen WEGs liegen erste Erfahrungen vor. Hier steht zu erwarten, dass in diesen WEGs die Durchführung hybrider Versammlungen zunehmen wird. Die geringe Anzahl an Teilnehmenden aus großen WEGs lässt darauf schließen, dass die hybride Eigentümerversammlung (ebenso die virtuelle Eigentümerversammlung) in großen WEGs nur sehr selten zur Diskussion steht, auch nicht in naher Zukunft. 53,6% der Teilnehmenden kommen aus kleinen WEGs mit bis zu 15 Wohnungen, 41,6% aus mittelgroßen WEGs mit bis zu 99 Wohnungen und 6 aus großen WEGs mit über 100 Wohnungen. - Zum Thema Mehrkosten: Die Durchführung hybrider Eigentümerversammlungen ist für WEGs nicht teuer. Die Behauptung, dass die Durchführung hybrider Eigentümerversammlungen für die WEGs besonders teuer wird, wird in dieser Umfrage widerlegt. Denn 77,6 % der Teilnehmenden (97 Personen) gaben an, bisher keine Mehrkosten für die Durchführung von hybriden Eigentümerversammlungen gezahlt zu haben. Besonders viele kleine WEGs zahlen nichts (89%). Aber auch in den mittelgroßen WEGs haben zwei Drittel keine Mehrkosten angeführt, bei großen WEGs 3 von 6 – die Hälfte. Lediglich 24 Wohnungseigentümer*innen (19 % der Teilnehmenden) nannten Mehrkosten für die Durchführung hybrider Eigentümerversammlungen. In mittelgroßen und großen WEGs fielen etwas häufiger Mehrkosten an. Sie sind bei mittelgroßen WEGs im Durchschnitt höher als bei kleinen oder großen WEGs und nehmen bei zunehmender WEG-Größe wieder ab, weil Fixkosten auf mehr Wohnungen verteilt werden können.
- Zur Höhe der Mehrkosten: Die durchschnittlichen Mehrkosten für hybride Versammlungen, soweit sie überhaupt anfallen, bewegen sich im Regelfall zwischen 1 Euro und 15 Euro / Wohnung, bei großen WEGs unter 10,00 Euro/WE. „Ausreißer“ nach oben nicht mitberücksichtigt.
- Kosten für Versammlungsräume: 58 % der kleinen WEGs und 36% der mittelgroßen WEGs zahlen keine Raummiete. Große WEGs müssen in der Regel Versammlungsräume anmieten. Wird Raummiete bezahlt, bewegen sich die Mietpreise in einer großen Spannweite zwischen
0,56 € /Wohnung und 45,45 €/Wohnung. Hier kommt vermutlich zum Tragen, ob sich der angemietete Raum in einem Gemeinde- oder Vereinshaus befindet oder in einem 4-Sterne-Hotel. - Präsenz- oder Online-Teilnahme? Es nehmen weiterhin mehr Wohnungseigentümer*innen in Präsenz (58%) als online (42%) an den Eigentümerversammlungen teil - bezogen auf die Gesamtheit aller in der Umfrage genannten Miteigentümer*innen. Die Streuung in den WEGs ist allerdings sehr unterschiedlich.
- Personalaufwand: Hybride Eigentümerversammlungen werden von 1 bis 4 Verwaltungsmitarbeiter*innen geleitet und durchgeführt. Die Anzahl der beteiligten Mitarbeiter*innen hängt nicht nur von der WEG-Größe oder der Anzahl der Versammlungsteilnehmenden ab, sondern hat wohl auch verwaltungsinterne Gründe. Sie sagt auch nichts über die Qualität der Versammlungsleitung und des Versammlungsablaufs aus.
- Zufriedenheit der Wohnungseigentümer*innen: Die Zufriedenheit mit der Durchführung hybrider Eigentümerversammlungen sinkt mit zunehmender WEG-Größe. Sie ist in den kleinen WEGs am höchsten.
Grundsätzliche Einschätzungen und Tipps: Kosten nicht auf WEGs umlegen; Preise vergleichen, Verwalterverträge prüfen
- Für viele Verwaltungen ist die Durchführung hybrider Eigentümerversammlungen eine größere Herausforderung als für die Wohnungseigentümer*innen. Viele werden sich mit der Technik und den Abläufen erst noch vertraut machen müssen, Erfahrungen sammeln und Routinen entwickeln müssen. Darüber dürfen Eigentümerversammlungen nicht zu Schaden kommen.
- Kosten für die Durchführung von hybriden Eigentümerversammlungen fallen in erster Linie bei den Verwaltungen an in Form von Investitionskosten für die technische Ausstattung, Lizenzgebühren für Software und Personalkosten. Das Gros dieser Kosten können und dürfen sie nicht direkt auf die WEGs umlegen. (Es gibt zwar Versuche, durch Klauseln in Verwalterverträgen Kosten als Sonderpositionen geltend zu machen, das erscheint aber rechtlich bedenklich und sollte von Eigentümer*innen nicht akzeptiert werden.) Diese Kosten sind Betriebsausgaben. Natürlich werden sie in das Verwaltungshonorar mit eingepreist werden.
- Wohnungseigentümer*innen wird empfohlen, Preise zu vergleichen, wenn sie Versammlungsräume mit Videokonferenztechnik anmieten, Geräte anschaffen oder Lizenzgebühren bezahlen wollen. Außerdem sollten sie die Verwalterverträge dahingehend überprüfen.
Zunehmende Professionalisierung, die Weiterentwicklung der Technik und eine zunehmende Routine in den Abläufen wird das hybride Versammlungsformat weiter fördern. Damit dürften auch Kostenreduzierungen einhergehen.
Alle Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier.