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17.03.2011 | Gesetz hält mit Entwicklung des Wohnungseigentums nicht Schritt. Reformen sind überfällig. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wird im März 60 Jahre alt. Es trat am 20. März 1951 in Kraft. Erst das Wohnungseigentumsgesetz ermöglichte den Bau und den Erwerb von Eigentumswohnungen.  Heute wird die Zahl der Eigentumswohnungen von privaten Haushalten auf 6,4 Mio. geschätzt. 

Wohnungsmarkt und Wohnungseigentümergemeinschaften haben sich seit Anfang der 50er Jahre stark verändert.  „Das Gesetz hat mit dieser Entwicklung trotz zweier Reformen nicht Schritt gehalten“, kritisiert Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Verbraucherschutzvereins wohnen im eigentum. 

Ein Grund zum Feiern sind 60 Jahre Wohnungseigentumsgesetz aus ihrer Sicht nicht: „Das Gesetz ist schlank, die Rechtsprechung dafür umso umfangreicher. Das WEG spricht dem Verwalter weitreichende Befugnisse zu, ohne beruflichen Sachkunde- und Qualifikationsnachweise zu verlangen. Auch  der Wohnungswirtschaft bietet es erhebliche Freiräume bei der Gestaltung der Teilungserklärungen und Gründung des Wohnungseigentums. Die Zeche für Fehlentwicklungen und gesetzliche Defizite zahlen die Wohnungseigentümer“, erklärt sie. „Verbraucherfreundlich ist dieses System nicht. Aber Wohnungseigentümer wurden bisher auch nicht als Verbraucher wahrgenommen. Das muss sich nach 60 Jahren endlich ändern.“
Bei der Konzipierung des Gesetzes hatte der Gesetzgeber wohl eher Mehrfamilienhäuser mit überschaubarer Wohnungsanzahl im Blick, die von den Eigentümern selbst bewohnt wurden. Doch seit den 70er Jahren entstanden große Wohnungseigentumsanlagen mit mehreren hundert bis tausend Wohnungen. Seit den 80er Jahren verkauften Unternehmen große Mietwohnungsbestände und wandelten sie zum Teil in Wohnungseigentum um. Zuerst den Mietern angeboten, wurden sie im zweiten Verkaufsschritt Kleinanlegern offeriert. In den 90er Jahren übernahmen  Strukturvertriebe den bundesweiten Verkauf von Wohnungen, darunter auch von so genannten Schrottimmobilien. Die Privatisierung von erheblich mehr als 1 Mio. kommunaler Wohnungen von 2000 bis 2010 beeinflusste das Wohnungseigentum ebenfalls, denn aus diesen Beständen wurden fast immer Eigentumswohnungen veräußert. 

Heute ist die Eigentümerstruktur vieler Wohnanlagen sehr heterogen.  „Selbstnutzende Wohnungseigentümer, primär an der Rendite interessierte Kleinanleger und Unternehmen als Mehrheitseigentümer haben unterschiedliche Interessen – und unterschiedliche Möglichkeiten, diese durchzusetzen“, weiß die Geschäftsführerin des Verbraucherschutzvereins. Diese Entwicklung wurde bei der letzten Reform des WEG 2007 nicht berücksichtigt. Die Machtposition der Mehrheitseigentümer wurde nicht begrenzt. Besitzt ein Unternehmen die Mehrheit der Wohnungen in einem Haus, hat es das Sagen und kann die Kleineigentümer überstimmen. „Mehrheitseigentümer blockieren beispielsweise oft notwendige Sanierungen oder setzen einen Verwalter ein, der primär ihre Interessen vertritt, nicht die der übrigen Eigentümer“, so Gabriele Heinrich. wohnen im eigentum fordert daher die Begrenzung des Stimmrechts für Mehrheitseigentümer.

Die Position des Verwalters wurde in der Gesetzesreform gestärkt. „Eigentlich ist der Verwalter Dienstleister der Eigentümergemeinschaft. Doch mit Hilfe von Dauervollmachten entscheidet er nicht selten selbst. Er kann dann die von ihm selbst erstellte Jahresabrechnung beschließen oder die Verlängerung seines eigenen Vertrages durchsetzen“, nennt Gabriele Heinrich zwei Beispiele für den möglichen Machtmissbrauch. „Es existieren zu wenig gesetzliche Schranken, um einen Machtmissbrauch durch Verwalter zu verhindern. Die Nutzung von uneingeschränkten Dauervollmachten durch Verwalter muss unterbunden werden.“

Das Wohnungseigentumsgesetz ist somit aus der Perspektive der „Klein“eigentümer keine Erfolgsgeschichte. Es fehlt an  Anleger- und Verbraucherschutz. Außerdem: Eine Reform, die die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Wohnungseigentums in den vergangenen 60 Jahren berücksichtigt, ist längst überfällig.