23.08.2012 Neben dem Vertrag ist für die Rechtsposition der Baukunden am wichtigsten vielleicht die Abnahme. Manche Bauunternehmer behaupten, das sei bloß eine Formalie, aber „tatsächlich hat dieser Schritt weitreichende rechtliche Folgen – Fehler bei der Abnahme auch“, warnt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Verbraucherschutzvereins wohnen im eigentum e.V.
Die rechtlichen Konsequenzen der Abnahme
Mit der Abnahme hat der Bauunternehmer seine Arbeit im Wesentlichen getan. Jetzt geht das Objekt auf die Baukunden über. Praktisch heißt das:
- Für Baumängel, die bei der Abnahme bekannt sind, muss der Kunde einen Vorbehalt anmelden, sonst verliert er den Anspruch auf ihre Beseitigung.
- Der Unternehmer hat Anspruch auf die Schlusszahlung.
- Die Gefahr für Schäden geht auf den Auftraggeber über. Wenn der Blitz vor der Abnahme in den Bau schlug, hatte der Unternehmer das auf seine Kosten zu reparieren. Jetzt hat der Baukunde den Schaden. Es ist also wichtig, dass ab diesem Termin das Gebäude versichert ist.
- Die Beweislast für die Ursachen von Mängeln kehrt sich um. Das bedeutet: Wenn sich beispielsweise das Parkett verzieht, muss bis zur Abnahme der Parkettleger beweisen, dass Grund dafür nicht sein schlechtes Holz oder ein Fehler bei der Versiegelung ist. Kann er das nicht, muss er für den Schaden aufkommen. Nach der Abnahme ist es Sache des Baukunden, das Gericht zu überzeugen, dass der Handwerker für die Macke verantwortlich ist und nicht etwa seine falsch eingestellte Fußbodenheizung oder starke Raumfeuchtigkeit. Gelingt ihm das nicht, bekommt er ein neues Parkett nur auf eigene Rechnung.
- Die Gewährleistungsfristen beginnen zu laufen.
Abnahme – und keiner hat‘s gemerkt
Wenn der Baukunde nicht aufpasst, gilt das Haus rechtlich als abgenommen, und er hat überhaupt nichts davon gemerkt. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Das ist passiert, wenn der Unternehmer - beim normalen Bauvertrag - eine Frist für die Abnahme setzt und der Kunde sie einfach verstreichen lässt. Beim VOB-Vertrag tritt dieser Effekt ein, wenn der Bauunternehmer dem Bauherren die Fertigstellung seine Arbeit schriftlich mitteilt und der Kunde nicht reagiert, etwa mit einer Aufforderung zur Abnahme. Dann gilt das Haus nach zwölf Werktagen als abgenommen. Die Folge: Alle Wirkungen der Abnahme treten ein mit Ausnahme des Verlustes von Gewährleistungsansprüchen für nicht vorbehaltene Mängel. Die dritte Möglichkeit hat sogar zusätzlich diesen Effekt, wenn nämlich der Kunde zu erkennen gibt, dass er den Bau übernimmt, etwa indem er ihn nutzt oder den restlichen Werklohn ohne Vorbehalt zahlt.
Immer förmliche Abnahme!
Seine Interessen kann der Kunde nur durch eine förmliche Abnahme schützen. Sie sollte bereits im Bauvertrag fest vereinbart werden. Die Unterstützung durch einen Architekten oder Bauingenieur empfiehlt sich unbedingt. Im Abnahmetermin besichtigen alle Beteiligten gemeinsam das Gebäude und fertigen darüber ein Protokoll an. Es wird von allen unterschrieben und enthält neben Datum, Uhrzeit und Teilnehmern vor allem eine detaillierte Auflistung aller bekannten Baumängel, den Vorbehalt der Rechte wegen der Mängel und außerdem Fristen zu ihrer Beseitigung.
Übrigens: Der Termin kann auch anders ausgehen, denn bei schweren Mängeln darf der Kunde die Abnahme verweigern. Und das sollte er auch tun, denn sonst treten die Wirkungen der Abnahme ein, er muss etwa zahlen und verliert damit ein wichtiges Druckmittel. Allerdings sollte der Kunde sich zunächst mit seinem Fachbegleiter über das Gewicht der Fehler verständigen. Denn wenn er die Abnahme zu Unrecht ablehnt, kann der Bauunternehmer ihn darauf verklagen.
Vorbereitung der Abnahme
Es verbessert die Chancent, dass im – zeitlich naturgemäß begrenzten – Abnahmetermin keine Mängel übersehen oder vergessen werden, wenn die Baustelle schon vorher gemeinsam mit dem Architekten oder Bau-Ingenieur kontrolliert wurde. Am besten ist eine kontinuierliche professionelle Baubegleitung mit Vor-Ort-Baubegehungen nach Fertigstellung des Kellergeschosses, des Rohbaus und des Dachstuhls, nach Abschluss der Rohinstallation, nach Aufbringen des Innenputzes, nach Einbringen des Estrichs und vor der Schlussabnahme.
Einbehalt für Mängelbeseitigungskosten
Das Gesetz gibt dem Baukunden ein wirksames Mittel, den Bauunternehmer zu motivieren, die im Abnahmeprotokoll festgelegten Fristen zur Mängelbeseitigung einzuhalten: Er kann das Doppelte der voraussichtlich dafür nötigen Kosten von seiner Schlusszahlung einbehalten. Gabriele Heinrich: „Diese Möglichkeit sollte er nutzen. Bei Schätzung der Kosten hilft ihm der Architekt oder Bau-Ingenieur, der ihn bei der Abnahme begleitet.“