Baukunden können Schadensersatzanspruch möglicherweise mit Honorarforderung verrechnen
25.07.2011
Baukunden, die von ihrem Architekten Schadenersatz wegen mangelhafter Planung und Bauüberwachung fordern, dürfen seine Honorarforderungen gegebenenfalls mit eigenen Schadenersatzansprüchen verrechnen, auch wenn der Architekt die Ansprüche bestreitet und auf die Ausschlussklausel im Architektenvertrag verweist. Der Bundesgerichtshof erklärte am 7. April 2011 § 4 Nr. 4.5 in den "Allgemeine(n) Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA)" – und damit eine bei Architekten-Verträgen übliche Klausel – für unwirksam (Urteil VII ZR 209/07)
Ein Architekt forderte von einem (früheren) Kunden 65.000 Euro inklusive Zinsen für Planung und Betreuung eines Einfamilienhauses. Die Kunden wollten die Honorarforderungen mit der Summe verrechnen, die sie als Schadenersatz für mangelhafte Architektenleistungen forderten. Fehler bei der Planung und Bauüberwachung hatten, so die Kunden, zu Schallschutzmängeln, Rissbildungen und Feuchtigkeit im Kellerbereich geführt.
Das Oberlandesgericht lehnte eine „Verrechnung“ der Forderungen mit Hinweis auf § 4 Nr. 4.5 in den „Allgemeine(n) Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA)" ab. Danach dürfen Honoraransprüche nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufgerechnet werden. Ein Architekt konnte bisher unter Berufung auf diese Klausel gegenüber dem Baukunden auf Zahlung bestehen, wenn er nicht selbst freiwillig Fehler bei der Ausführung der Architektenleistung einräumte oder der Baukunde vor Gericht ein Urteil erstritten hatte, das seine Ansprüche gegen den Architekten aufgrund mangelhafter Auftragsausführung bestätigte. Nach Auffassung der BGH-Richter benachteiligt eine solche Klausel die Vertragspartner der Architekten – in der Regel also die Baukunden – unangemessen. Sie ist daher nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Denn das Aufrechnungsverbot in den AGB unterläuft das Zurückbehaltungsrecht, das Kunden gemäß § 320 Abs. 1 BGB zusteht. Der Kunde wird gezwungen, für eine mangelhafte Werkleistung zu bezahlen. Ein gerechtes Preis-/Leistungsverhältnis ist dadurch nicht mehr gewährleistet.
Das Leistungsverweigerungsrecht gilt auch für Architektenverträge und kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden (§ 11 Nr. 2a AGBG, § 309 Nr. 2a BGB).
Nach Auffassung der Richter ist es unbillig, dass Kunden ihre Schadenersatzforderungen vor Gericht erstreiten müssen, während der Architekt das Honorar für die mangelhafte Leistung in voller Höhe sofort erhält.
Wegen der Ermittlung der Schadenshöhe hat der BGH die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wie das OLG entscheidet, bleibt abzuwarten.
Tipp: Klauseln, die Aufrechnungsverbote enthalten, werden in der Praxis recht häufig verwendet. Verbraucher sollten auf Formulierungen wie „eine Aufrechnung (oder Verrechnung) mit Forderungen des Aufragnehmers (Architekten, Handwerker, etc.) kommt nur in Betracht, wenn die Forderung des Auftraggebers (des Kunden) unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist" achten und diese auf keinen Fall akzeptieren.