Wohnungseigentumsgesetz geht vor

08.12.2010

Die Frage, wie die Heizkosten verteilt werden sollen, führt in Eigentümergemeinschaften immer wieder zu Diskussionen. Nach einem Urteil des BGH vom 16. Juli 2010 (V ZR 221/09) dürfen Wohnungseigentümer den Verteilungsschlüssel auch dann mit einfacher Mehrheit ändern, wenn die Gemeinschaftsordnung eine Dreiviertelmehrheit vorschreibt. Die Richter wiesen die Klage eines Eigentümers gegen die Änderung des Verteilungsschlüssels ab.

Die Eigentümerversammlung hatte mit einfacher Mehrheit beschlossen, die Heizkosten künftig, wie in der Heizkostenverordnung vorgesehen, zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche abzurechnen. Bislang waren die Kosten ausschließlich nach Verbrauch verteilt worden. 
Die Entscheidung für einen anderen Verteilerschlüssel ist, so der BGH, gültig. Denn nach § 16 Abs. 2  Wohnungseigentumsgesetz WEG können Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit entscheiden, nach welchem Maßstab die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums verteilt werden. Diese Beschlusskompetenz kann laut § 16 Abs. 5 WEG nicht durch  eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Regelungen in Gemeinschaftsordnungen, die dem Gesetz widersprechen,  sind unwirksam.
Bei Änderungen des Umlageschlüssels haben die Eigentümer  einen großen Gestaltungsspielraum. Sie dürfen gemäß § 16 Abs. 3 WEG jeden Maßstab wählen, der nach der Heizkostenverordnung zulässig, den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und einzelne Eigentümer nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Die beschlossene Abrechnung zu 70 % nach Verbrauch und 30 % nach Wohnfläche ist in der Heizkostenverordnung als Standard vorgesehen, weil bis zu 30 % der Gesamtkosten unabhängig vom individuellen Verbrauchsverhalten entstehen. Außerdem werden durch den „Festanteil“ Vor- und Nachteile ausgeglichen, die sich beispielsweise durch die Lage der Wohnungen im Haus ergeben. Die bisherige Kostenverteilung ausschließlich nach dem Verbrauch berücksichtigte dies nicht. Der Beschluss der Eigentümerversammlung, den Verbrauchsanteil zu reduzieren, entspricht daher ordnungsgemäßer Verwaltung und ist somit sachgerecht.