27.11.2014 Gas- und Stromanbieter müssen auch ihre Kunden in der Grundversorgung vor einer Preiserhöhung über Grund, Voraussetzungen und Umfang der Erhöhung informieren, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 23.10.2014 (AZ. C-359/11und C-400/11). Die bisher in Deutschland geltenden Preisanpassungsklauseln für die Grundversorgung sind ungültig. Die Folge: Kunden können Preiserhöhungen der letzten drei Jahre zurückverlangen – für das Jahr 2011 allerdings nur noch bis zum 31. Dezember.

Bisher konnten Strom- und Gasversorger die Preise in der Grundversorgung „einseitig“ erhöhen, das heißt, die Kunden wurden nur benachrichtigt und hatten dann ein Kündigungsrecht. Dies ist nach Auffassung des EuGH mit dem europäischen Recht nicht vereinbar. Damit Kunden fundierte Entscheidungen treffen können, müssen sie Anlass, Voraussetzung und Umfang der Preiserhöhung kennen, und zwar bevor sie in Kraft tritt. Preiserhöhungen auf Basis der alten Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung sind damit unwirksam.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet zwar erst im nächsten Jahr, wie das Urteil in Deutschland umgesetzt wird. Bei Verträgen für Sonderkunden hatte sich der BGH allerdings dem Urteil des EuGH angeschlossen. Strom- und Gaskunden konnten Geld zurückfordern, allerdings nur für die letzten drei Jahre. Vom neuen Urteil des EuGH profitieren Kunden, die Strom und Gas zu den sogenannten „Allgemeinen Preisen“ im Grundtarif beziehen – das sind nach Angaben der Bundesnetzagentur mehr als ein Drittel der Haushaltskunden. Sie können alle Erhöhungen nach dem 31.12.2010 zurückfordern.

Die Ansprüche aus den Strom- und Gasrechnungen 2011 verjähren allerdings am 31. Dezember. Wer die 2011 zu Unrecht gezahlten Preiserhöhungen zurückfordern will, muss dies bis Ende des Jahres tun. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss einen Mahnbescheid beantragen. Doch diese Schritte kosten Geld – der Ausgang ist wegen der ausstehenden BGH-Entscheidung ungewiss.

„Verbraucher, die unsicher sind, keine Rechtsschutzversicherung haben oder den Gerichtsweg scheuen, können versuchen, ihren Anbieter unter Hinweis auf das Urteil zu einem Verzicht der Einrede der Verjährung zu bewegen“, rät Sandra-Weeger-Elsner, Rechtsberaterin bei wohnen im eigentum. Mitglieder von wohnen im eigentum finden einen Musterbrief „Verzicht auf die Einrede der Verjährung“.

„Der Einredeverzicht ist allerdings freiwillig. Lehnt der Versorger ab oder reagiert nicht, verjähren die Ansprüche aus 2011 zum Jahresende, wenn man nicht doch vorher einen Mahnbescheid beantragt“, betont Sandra Weeger-Elsner. Alternativ kann man auch versuchen, den Versorger zum Abschluss eines Vergleichs zu bewegen. „Das dürfte für die Versorger durchaus einen Reiz haben, denn dann haben die die Sache „vom Tisch“.