Wohnungseigentümer haften oft gesamtschuldnerisch / Landesrecht oft nicht im Einklang mit Bundesrecht / Zahlungsforderung kann jeden treffen
23.11.2010 | Zahlt die Eigentümergemeinschaft die Gebühren für Wasser, Abwasser, Straßenreinigung oder Abfallbeseitigung nicht pünktlich, kann es für einzelne Eigentümer teuer werden. Ob ein Eigentümer gesamtschuldnerisch für alle haften muss oder, wie im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vorgesehen, nur in Höhe seines Miteigentumsanteils hängt wesentlich vom Kommunalabgabengesetz (KAG) des jeweiligen Bundeslandes ab.
So kann in Nordrhein-Westfalen ein Eigentümer stellvertretend für alle zur Kasse gebeten werden. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.Mai 2010 (Az. IX ZR 127/09) ist es auf Grundlage des Kommunalabgabegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KAG-NW) möglich, jeden Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner zu verpflichten. Die BGH-Richter gaben einem Entsorgungsbetrieb in Nordrhein-Westfalen Recht, der die gesamten für die Wohnanlage angefallenen Entsorgungsgebühren gegen einzelne Wohnungseigentümer geltend gemacht hatte.
Die Begründung: Wird durch kommunale Gebührensatzungen und das Kommunalabgabengesetz des Bundeslandes die Zahlungsverpflichtung unmittelbar an das Grundstück geknüpft, für das die Ver- oder Entsorgungsleistungen erbracht werden, läuft dies auf eine gesamtschuldnerische Haftung aller Miteigentümer hinaus. „Weil alle Wohnungseigentümer immer auch (Mit-)Eigentümer des betreffenden Grundstücks sind, muss dann jeder von ihnen für jeweils die volle Abgabensumme einstehen“, erklärt Sandra Weeger-Elsner, Rechtsreferentin von wohnen im eigentum e.V. Bei dieser so genannten „dinglichen Haftung“ können sich einzelne Wohnungseigentümer gegenüber kommunalen Unternehmen nicht auf die Haftung bis zur Höhe ihres Miteigentumsanteils gemäß § 10 Abs. 8 WEG berufen. In diesem Fall wird das Bundesgesetz durch das jeweilige Landesgesetz de facto unterlaufen.
Ob ein Wohnungseigentümer für die gesamte Summe oder nur seinem Miteigentumsanteil entsprechend haftet, hängt also von der rechtlichen Grundlage ab, auf der die Ver- bzw. Entsorgungsleistungen im jeweiligen Bundesland erbracht werden.
Die Rechtslage ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Im Januar 2010 hatten die BGH-Richter entschieden, dass einzelne Wohnungseigentümer aus Berlin nicht die Wasser- und Abwasserkosten der gesamten Eigentümergemeinschaft zahlen müssen (Az. VIII ZR 329/08). Zwar sahen die (privatrechtlichen) Vertragsbedingungen des Versorgungsunternehmens eine „Haftung des Grundstückseigentümers“ vor. Gleichwohl war der Vertrag mit der Gemeinschaft geschlossen worden. Damit – so der BGH – haftet jeder Miteigentümer nur bis zur Höhe seines Miteigentumsanteils (Haftungsbeschränkung des § 10 Abs. 8 WEG).
„Für Laien ist diese Rechtslage verwirrend“, kritisiert Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Verbraucherschutzvereins. „Wer sich einen Überblick verschaffen will, ist gut beraten, sich bei seiner Kommune oder dem Versorgungsunternehmen zu informieren, ob Ver- bzw. Entsorgungsleistungen auf der Grundlage von privaten Verträgen oder kommunalen Satzungen erbracht werden. Ist letzteres der Fall, sollten sie im Kommunalabgabengesetz und der örtliche Satzung nachschlagen“, rät Gabriele Heinrich.
Besteht eine gesamtschuldnerische Haftung, kann die Zahlungsaufforderung jeden treffen. Denn es liegt im Ermessen des Versorgers, wen er zur Kasse bittet. Gegebenenfalls dürfen auch mehrere Zahlungsaufforderungen parallel verschickt werden. Zwar können die belangten Eigentümer das Geld von ihren Miteigentümern zurückfordern – doch das ist langwierig und bei zahlungsunfähigen Miteigentümern mitunter unmöglich.
Deshalb sollten Zahlungsrückstände bei kommunalen Verbänden in jedem Fall vermieden werden. „Verpflichten Sie den Verwalter, umgehend gegen säumige Eigentümer vorzugehen“, rät Sanda Weeger-Elsner. Gerade in großen Eigentümergemeinschaften kommen nämlich rasch hohe Beträge zusammen.
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