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Nicht nur im Winter / Pflichten rechtswirksam übertragen / WEGs haben Kontroll- und Überwachungspflicht / Haftpflichtversicherung überprüfen

03.02.2010

Eisglatte Wege und Gefahr von oben durch Schneelawinen und herabstürzende Eiszapfen – das Thema Winterdienst beschäftigt derzeit viele Eigentümergemeinschaften. Mit gutem Grund: Verletzen sich Bewohner, Passanten oder Besucher, können erhebliche Kosten auf die Eigentümer zukommen.

Die Verkehrssicherungspflicht ist Aufgabe der Eigentümergemeinschaft. Die Eigentümer müssen nach § 823ff BGB dafür sorgen, dass niemand auf ihrem Grundstück und im Gebäude zu Schaden kommt. Mögliche Gefahrenquellen wie Schnee und Eis auf Zugängen zum Haus oder Eiszapfen an Dachrinnen sind umgehend zu beseitigen: Für die öffentlichen Wege vor dem Grundstück sind zwar grundsätzlich die Städte und Gemeinden zuständig. Doch die Kommunen wälzen die Pflicht, im Winter zu streuen und zu räumen, in der Regel durch entsprechende Verordnungen auf die Haus-, Grundstücks- und Wohnungseigentümer ab.
Innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft regelt oft die Gemeinschaftsordnung, wer den Winterdienst übernehmen muss. Die Eigentümerversammlung kann die Aufgaben jedoch auch durch Mehrheitsbeschluss auf einzelne Eigentümer oder Mieter bzw. auf Dritte, z. B. auf ein externes Reinigungsunternehmen, auf den Hausmeister oder auf den Verwalter, übertragen. 
Wichtig ist, dass dies rechtswirksam geschieht – mündliche Absprachen reichen nicht aus. Wird die Verkehrssicherungspflicht auf den Verwalter übertragen, sollte dies im Verwaltervertrag ausdrücklich vereinbart werden. Denn in der Rechtsprechung ist umstritten, ob der Verwalter allein kraft seines Amtes verpflichtet ist, im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung für die Verkehrssicherheit zu sorgen. Der von wohnen im eigentum erarbeitete Muster-Verwaltervertrag enthält eine entsprechende Regelung in § 2 Ziff. 4. 
Übernimmt ein Mieter die Räum- und Streupflicht, sollte dies im Mietvertrag – möglichst mit einem Verweis auf die Hausordnung – vereinbart werden. Dem Mieter sollte bei Abschluss des Vertrags ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt werden; der Vermieter sollte sich den Empfang in jedem Fall bestätigen lassen.

Viele Eigentümergemeinschaften beauftragen externe Unternehmen mit dem Winterdienst. Die Kosten für eine professionelle Schneereinigung sind gerade für größere Eigentümergemeinschaften überschaubar und können bei vermieteten Wohnungen auf die Mieter umgelegt werden. Auch hier ist wichtig, den Vertrag sorgfältig zu lesen und u.a. folgende Punkte zu prüfen: In welchem zeitlichen Rahmen und in welchem Umfang steht das Unternehmen zur Verfügung? Wie ist die Haftung geregelt? Sieht der Vertrag etwa unter bestimmten Bedingungen den Ausschluss seiner Haftung vor?
Auf jeden Fall gilt: Ob Mieter, Miteigentümer, Verwalter oder externes Unternehmen. Die Eigentümer dürfen nicht blind darauf vertrauen, dass die Verantwortlichen ihre Aufgabe gewissenhaft erfüllen. Sie müssen dies im Rahmen ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht zumindest stichprobenartig überprüfen. Wer sich daran hält und das auch nachweisen kann, kann sich später darauf berufen, dass er seine Pflichten eingehalten hat. Dies schützt ihn vor den Haftungsansprüchen eines Geschädigten zulasten des nachlässigen Verpflichteten. 
Stellen die Eigentümer fest, dass die Wege nicht ordnungsgemäß gestreut sind, sollten sie im Zweifelsfall lieber selbst zu Schneeschieber und Streugut greifen, um eine unmittelbare Gefahr zu beseitigen. Für ein Vorgehen gegen den nachlässigen Verpflichteten – zum Beispiel mit einer Abmahnung bzw. einer Minderung des vertraglich vereinbarten Entgelts – bleibt dann noch Zeit.
Damit im Fall eines Unglücks auch hohe Forderungen abgedeckt sind, sollten sich Eigentümer vergewissern, dass der Beauftragte eine ausreichend hohe Haftpflichtversicherung hat –  und sich dessen Versicherung in regelmäßigen Abständen nachweisen lassen.
Können die verantwortlichen Mieter, Miteigentümer, Verwalter oder Unternehmen nicht zahlen, können nämlich wiederum die Eigentümer zur Kasse gebeten werden. Denn als so genannte „originäre Träger der Verkehrssicherungspflicht“ haften sie im Außenverhältnis, also gegenüber dem Verletzten, nach § 840 BGB gesamtschuldnerisch. Das heißt: Geschädigte Dritte, also Passanten, Hausbesucher, aber auch Mieter, können von einzelnen Eigentümern Schadenersatz und Schmerzensgeld verlangen – und zwar in voller Höhe. 
Durch eine private Haftpflichtversicherung oder eine spezielle Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung können sich Eigentümer vor Forderungen schützen. Deshalb sind Eigentümer gut beraten, ihre Versicherungspolicen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Denn im Ernstfall haften die Eigentümer mit ihrem gesamten Vermögen und Einkommen, nicht lediglich mit ihrem Miteigentumsanteil.
Die so genannte Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich übrigens nicht auf den Winterdienst – und endet auch nicht mit dem bevorstehenden Frühjahr. Auch andere mögliche Gefahrenquellen im Haus, auf dem Grundstück und den dazugehörigen Anlagen, z. B. an Spielgeräten, Aufzügen, Rolltoren und Gartenteichen, müssen stets ausreichend gesichert werden, um den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden.