13.7.2012 Wenn es um die berufliche oder gewerbliche Nutzung einer Eigentumswohnung geht, haben die Miteigentümer oft ein Wort mitzureden. Das zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von heute (V ZR 204/11).
Im entschiedenen Fall betreute eine Tagesmutter in der Wohnung zwischen 7.00 und 19.00 Uhr fünf bis drei Jahre alte Kinder. Laut Teilungserklärung – der „Verfassung“ einer Eigentümergemeinschaft – war berufliche oder gewerbliche Tätigkeit nur mit Zustimmung des Verwalters erlaubt. Der Verwalter durfte die Zustimmung nur verweigern, wenn von der Tätigkeit eine unzumutbare Belästigung der Miteigentümer zu erwarten war. Das hatte der Verwalter angenommen. Außerdem hatte die Eigentümerversammlung die Tätigkeit als Tagesmutter in der Wohnung per Beschluss untersagt.

Der BGH entschied, dass die Wohnung wegen dieses Beschlusses nicht für die berufliche Kinderbetreuung genutzt werden darf. Die Eigentümer dieser Wohnung hätten gegen diesen Beschluss einen Monat gerichtlich vorgehen können, das hatten sie nicht getan, damit ist er verbindlich.

Das Gericht stellet klar, dass die Tätigkeit als Tagesmutter als Betreuungsdienstleitung eine Erwerbstätigkeit ist, die über die Nutzung zu Wohnzwecken hinausgeht. Anders sei das, bei Beteung fremder Kindern, die regelmäßig die eigenen besuchen, oder im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe: Das gehört zum Wohnen und kann weder von Verwalter, noch von Miteigentümern verboten werden.

„Das Urteil zeigt, dass der Eigentümer seine Wohnung nicht nach Belieben nutzen kann“, sagt Rechtsanwältin Sandra Weeger-Elsner, Rechtsberaterin beim Verbraucherschutzverein wohnen im eigentum e. V. „Wer dort seinen Beruf ausüben will, sollte die formellen Regeln beachten.“

Das Erste ist ein Blick in die Teilungserklärung. Sie enthält meist Regeln zu dieser Frage. Was dort als Gewerbefläche ausgewiesen ist, darf entsprechend genutzt werden. Oft macht sie die berufliche Nutzung von der Zustimmung des Verwalters oder der anderen Eigentümer abhängig. Sie darf nur aus triftigen Gründen verweigert werden, also nicht bei einer reinen Büronutzung ohne auffälligen Publikumsverkehr. Das kann für Architekten, Steuerberater oder Anwälte gelten, auch für manche Heilberufe. Anders ist das etwa bei einer normalen Arztpraxis oder einer Sprachenschule.

Auch die Tagesmutter kann noch die Genehmigung ihrer Tätigkeit beim Verwalter oder der Eigentümergemeinschaft beantragen, darauf wies der BGH hin. Das hatte sie nämlich bislang noch nicht versucht. Sandra Weeger-Elsner: „Wenn die Zustimmung verweigert wird, muss das Gericht angerufen werden. Vorsicht: Bei einem Eigentümerbeschluss ist dafür nur ein Monat Zeit.“

Das Gericht erklärte, dass bei der Entscheidung über den Antrag laut Gesetz bei Kinderlärm von den Miteigentümern mehr Toleranz verlangt wird als bei anderen Störungen, das heißt: Die Tagesmutter dürfte gute Chancen haben, ihren Wunsch durchzusetzen. Aber sie muss warten, bis alles formal korrekt abgewickelt ist.