Erhaltung, bauliche Veränderung, Modernisierung oder … was?

Änderungen durch die WEGesetz-Reform

Durch die WEGesetz-Reform zum 01.12.2020 hat sich viel getan. Die Systematik des Gesetzes bei der Beschlussfassung und Durchführung von Maßnahmen hat sich grundlegend geändert. Das fängt schon bei den Begriffen an.

Die „alten“ Begriffe Instandhaltung und Instandsetzung wurden in einem Begriff zusammengefasst: Erhaltung.

Das Gegenstück zur Erhaltung ist die „bauliche Veränderung“.

Es wird nur noch zwischen diesen beiden Begriffen unterschieden. Eine Maßnahme ist entweder eine Erhaltungsmaßnahme oder eine bauliche Veränderung. Bei Beschlüssen über die Maßnahme gilt aber dasselbe: Es reicht die einfache Mehrheit, um die Durchführung zu beschließen. Komplizierter wird es bei der Frage, wer die Kosten der Maßnahme zu tragen hat.

Was gehört zu den Erhaltungsmaßnahmen?

Sowohl Instandhaltung als auch Instandsetzung sind Erhaltungsmaßnahmen. Das Ziel ist die Erhaltung/Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung des ursprünglich eines ordnungsmäßigen Zustandes durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung.

Typische Maßnahmen:

  • Reparatur eines defekten Dachs,
  • Austausch eines nicht mehr reparablen Fensters.

Der Grundsatz bei Erhaltungsmaßnahmen ist, dass sich alle Eigentümer*innen an den Kosten beteiligen müssen, üblicherweise nach dem Miteigentumsanteil. Es ist aber möglich, dass die Teilungserklärung eine andere Kostenverteilung bestimmt. Außerdem kann die Gemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen einen anderen Verteilungsschlüssel beschließen.

Welche Maßnahmen gelten als bauliche Veränderungen?

Das Gesetz definiert bauliche Veränderungen als Maßnahmen, die „über die ordungsmäßige Erhaltung hinausgehen“. Deshalb kann als einfacher Merksatz gelten: Alles, was nicht Erhaltung ist, ist bauliche Veränderung.

Während die Erhaltung darauf abzielt, den ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, soll mit der baulichen Veränderung ein neuer Zustand hergestellt werden. Der Zustand der Wohnanlage wird an irgendeiner Stelle geändert und der geänderte Zustand soll dann der neue ordnungsgemäße Zustand sein.

Den Begriff der „modernisierenden Instandsetzung“ gibt es seit dem 01.12.2020 nicht. Jede Modernisierungsmaßnahme ist eine bauliche Veränderung. Denn wenn es nach der Maßnahme „moderner“ ist, geht die Maßnahme über die (bloße) Erhaltung hinaus. Das gilt auch dann, wenn eine beschädigte Anlage durch eine bessere, modernere Anlage ersetzt wird.

Typische bauliche Veränderungen:

  • Energetische Sanierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel
  • Fassaden- oder Dachdämmung
  • Ersatz doppelt verglaster Fenster gegen dreifach verglaste Fenster
  • Austausch der Heizungsanlage gegen eine moderne Heizungsanlage
  • Alle nach § 20 Abs. 2 WEGesetz privilegierten Maßnahmen, das heißt:
  • Maßnahmen zur Barrierereduzierung (Rampe, Aufzug)
  • Maßnahmen zur E-Mobilität
  • Maßnahmen zum Einbruchsschutz
  • Maßnahmen zur Herstellung schnellen Internets
  • Sonstige Substanzeingriffe in das Gebäude, wie zum Beispiel
  • Balkonanbau
  • Balkonverglasung
  • Hausaufstockung
  • Installation einer PV-Anlage auf dem Dach

Wie kommen bauliche Veränderungen zustande?

Es ist zu unterscheiden zwischen baulichen Veränderungen, auf die einzelne Eigentümer*innen einen Anspruch haben und solchen, auf die zwar kein Anspruch besteht, aber trotzdem beschlossen werden dürfen. Es dürfen aber keine baulichen Veränderungen beschlossen werden, die einzelne Eigentümer*innen unbillig benachteiligen oder die Wohnanlage grundlegend umgestalten.

Privilegierte Maßnahmen

Auf die oben aufgelisteten privilegierten Maßnahmen gemäß § 20 Abs. 2 WEGesetz hat jeder der Wohnungseigentümer*innen einen Anspruch. Das heißt, Maßnahmen aus diesen vier speziellen Kategorien kann jede Eigentümer*in fordern, wenn sie „angemessen“ sind. Was im Einzelfall angemessen ist, läßt sich nicht allgemein beantworten.

Beispielsweise besteht nach dem Gesetz ein Anspruch darauf, dass die Infrastruktur für die Installation einer Wallbox auf einem Stellplatz geschaffen wird. Eigentümer*innen, die aber gar keinen Stellplatz haben, hätten keinen Anspruch darauf, dass zuerst einmal ein Stellplatz eingerichtet wird. In diesem Fall wäre die Forderung nicht (mehr) angemessen.

Liegen die Voraussetzungen einer privilegierten Maßnahme vor, hat der bzw. die Eigentümer*in einen Anspruch auf Beschlussfassung über die Maßnahme. Wird der Beschluss abgelehnt, kann die Zustimmung zum Beschluss gerichtlich eingeklagt werden.

Zustimmungsbedürftige Maßnahmen

Fällt eine Maßnahme nicht unter eine der privilegierten Kategorien, haben Eigentümer*innen nur dann einen Anspruch auf eine Beschlussfassung, wenn alle potentiell beeinträchtigten anderen Eigentümer*innen zustimmen, § 20 Abs. 3 WEGesetz.

Es wird oft nicht leicht feststellbar sein, wer alles zustimmen muss. Als Faustregel kann gelten: Ist die Maßnahme mit einem nicht ganz unerheblichen Nachteil für andere Eigentümer*innen verbunden? Lautet die Antwort ja, dann muss diese Person zustimmen. Ohne deren Zustimmung gibt es auch keinen Anspruch.

Bei Maßnahmen, die sich auf die „Optik“ auswirken, also Änderungen an der Fassade, wird regelmäßig gelten, dass alle anderen Eigentümer*innen zustimmen müssen, weil alle die Fassade sehen können.

Mehrheitsbeschluss immer erforderlich

Alle baulichen Veränderungen kommen mit einfachem Mehrheitsbeschluss zustande. Der Beschluss sagt aber für sich genommen noch nichts über die Verteilung der Kosten.

Unzulässige Maßnahmen: Die Veränderungssperre

Nicht alle Beschlüsse über bauliche Veränderungen sind zulässig. Die Grenzen der Zulässigkeit setzt § 20 Abs. 4 WEGesetz. Danach sind unzulässig

  • Maßnahmen, die andere Eigentümer*innen unbillig benachteiligen oder
  • die Wohnanlage grundlegend umgestalten.

Die erste Variante soll einzelne Eigentümer*innen vor Nachteilen schützen, die sie stärker treffen als andere Eigentümer*innen. So wären Eigentümer*innen mit der Terrasse im Erdgeschoss durch den Balkonanbau im 1. OG stärker betroffen als Eigentümer*innen im 2. oder höheren OG.

Die zweite Variante betrifft, wie der Name schon sagt „grundlegende“ Veränderungen. Das ist eine sehr hohe Hürde. Das Gebäude müsste nach der Maßnahme buchstäblich „nicht wiederzuerkennen“ sein oder seine Nutzung müsste sich dramatisch ändern, beispielsweise wenn ein 2-stöckiges Gebäude um zwei Stockwerke aufgestockt würde oder die riesige parkähnliche Grünanlage „wegbetoniert“ würde.

Mehr Informationen zur Kostenverteilung bei baulichen Veränderungen finden Sie hier. 

(Stand 28.11.2022)