Achtung, neues WEGesetz seit 01.12.2020! Bitte achten Sie auf das Datum der Veröffentlichungen!

15.09.2016. Erwerber von Neubauwohnungen sollten nicht alles hinnehmen, was in ihrem Vertrag steht. Denn immer wieder versuchen Bauträger, in Verträgen Dinge zu regeln, die rechtlich gar nicht möglich sind. So lag es auch in einem Fall, in dem ein Bauträger Nachzügler-Wohnungskäufern ihr Recht auf Abnahme des Gemeinschaftseigentums abscheiden wollte. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ist er damit gescheitert (12.5.2016, Az.: VII ZR 171/15), denn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hat erfolgreich auf die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum geklagt. Der Clou: Eine Abnahme war seitens der meisten Eigentümer zwar bereits erfolgt und ihre Ansprüche auf Mängelbeseitigung wären lange verjährt gewesen. Aber die Eigentümergemeinschaft konnte die Mängelbeseitungsansprüche eines einzelnen, späteren Erwerbers an sich ziehen. Dieser hatte das Gemeinschaftseigentum nie abgenommen, also nie bestätigt, dass das Werk des Bauträgers den Ansprüchen genügte und der Vertrag damit erfüllt worden sei. Ohne Abnahme begann seine Verjährungsfrist nicht zu laufen, weshalb der Bauträger nun doch noch Mängel nachbessern muss.

Der Verband Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) begrüßt dieses verbraucherfreundliche Urteil, weil es die Chancen von WEGs erhöht, sich gegen schlecht arbeitende Bauträger zu wehren. "Auch wenn Ansprüche der meisten Mitglieder Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft verjährt sind, bleiben Sie nicht unbedingt auf Mängeln am Gemeinschaftseigentum sitzen", sagt WiE-Geschäftsführerin Gabriele Heinrich. "Solange noch ein Miteigentümer gegen den Veräußerer ein Recht auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums hat, kann Ihre WEG dieses Recht durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen und geltend machen." (Grundlage: § 10 Abs. 6 WEG i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG).

 

So argumentierte der BGH im Sinne der Wohnungseigentümer als Verbraucher

Der Bauträger hatte vieles versucht, um in den Verträgen zu regeln, dass die Abnahme der ersten Erwerber auch für spätere Erwerber gelten würde. Aber das ließ der BGH nicht gelten.

Unter anderem erklärte der BGH eine Formularklausel im Erwerbsvertrag für ungültig, die bestimmte, dass die Abnahme auch für spätere Erwerber gültig sei. Das gehe gleich aus zwei Gründen nicht, entschieden die Richter. Zum einen nehme die Regelung den Nachzügler-Erwerbern das Recht, über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums selbst zu entscheiden. Deshalb sei die Klausel mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und benachteilige spätere Erwerber unangemessen. Zum anderen seien Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die gesetzliche Verjährungsfrist verkürzen, generell unwirksam. Und da mit der Abnahme die Verjährung beginne, werde mit der Vorverlegung der Abnahme versucht, den Verjährungsbeginn vorzuverlegen. Das komme einer Verkürzung der Verjährungsfrist gleich.

Auch eine Regelung in der Teilungserklärung, nach der die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die ersten Eigentümer auch für Nachzügler-Erwerber gelten solle, sei nichtig, führten die Richter weiter aus. Gegenstand von Vereinbarungen nach § 10 Abs. 2 WEG können nur Regelungen sein, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betreffen. Und eine Abnahme betreffe eben nicht das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern vielmehr das Vertragsverhältnis zwischen Bauträger und Erwerber.

Und schließlich liege auch in der Benutzung des Gemeinschaftseigentums durch den Nachzügler-Erwerber keine Abnahme des Werkes. In diesem Verhalten hätte zwar durchaus eine zwar nicht ausdrückliche, aber stillschweigende Annahme des Werkes liegen können – diese Interpretation ist in anderen Fällen denkbar: Die Benutzung des Werkes kann ein Verhalten des Auftraggebers sein, aus dem der Auftragnehmer eine Anerkennung seiner Leistung als im Wesentlichen als vertragsgerecht erkennen kann. Der BGH lehnte diese Sichtweise in diese Fall aber ab. Denn aufgrund der vielen Regelungen im Vertrag musste der Erwerber davon ausgehen, dass eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die anderen Miteigentümer bereits erfolgt sei. Juristisch gesehen waren diese Klauseln zwar gar nicht gültig – aber das konnte der Erwerber nicht wissen. Daher durfte der Bauträger aus dem Verhalten des Erwerbers nicht den Schluss ziehen, darin liege eine Billigung seines Werkes und somit eine Abnahme.

Somit kann ein Eigentümer, der seine Wohnung erst erwirbt, nachdem die Abnahme durch die anderen Eigentümer bereits stattgefunden hat, immer noch die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum verlangen. Der Bauträger kann sich nicht auf Verjährung dieser Ansprüche berufen, denn durch die fehlende Abnahme dieses Eigentümers hat die Verjährung seiner Ansprüche noch gar nicht begonnen.

 

WiE rät: Streit vorbeugen durch fachkundige Bauberatung

Ersparen Sie sich Streit um Verjährungsfragen, indem Sie Mängel so frühzeitig wie möglich entdecken. Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) unterstützt seine Mitglieder dabei durch eine kostengünstige Bauberatung vor Ort. Ein/e Bauberater /in (das sind Architekten/innen oder Bau-Ingenieure/innen der jeweiligen Kammern) begleitet Sie auf die Baustelle Ihres Neubaus, in Ihr älteres Einfamilienhaus oder in Ihre Eigentumswohnung und weist Sie auf sichtbare Mängel oder Bauschäden hin. Sie erhalten bei der Begehung wichtige Hinweise, wie Sie die Beseitigung eventueller Mängel und Bauschäden erwirken können. Eine Kostenschätzung der zu erwartenden Renovierungs- oder Sanierungsarbeiten ist ebenfalls möglich. Die Fachleute überprüfen außerdem, ob der Baufortschritt auf der Baustelle der Teilrechnung des Bauträgers entspricht.