Politisches Gespräch zur Bundestagswahl 2017

WEGesetz reformieren, Verwalter-Sachkunde ausbauen /
Wohnen im Eigentum e.V. brachte Wohneigentümer und Bundestagskandidaten zusammen / Wohnungseigentumspolitik der Parteien unter der Bonner Lupe

19.9.2017. Wohneigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaften brauchen grundsätzlich einen verbesserten gesetzlichen Verbraucherschutz sowie mehr Schutz vor schlecht ausgebildeten und teils sogar betrügerisch handelnden Hausverwaltungen. In dieser Forderung waren sich die Eigentümer einig, die am vergangenen Mittwoch auf Einladung des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum e.V. in Bonn mit Bundestagskandidaten des Wahlkreises diskutierten. Ulrich Kelber (SPD) und Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) stimmten dem zu und befürworteten eine verbraucherorientierte Reform des Wohnungseigentumsgesetzes. Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU) versprach, für die Weiterentwicklung des Berufsbildes Wohnimmobilienverwalter/in einzutreten.

Das Gespräch über Wohnungspolitik hatte Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) zum dritten Mal im Vorfeld einer Bundestagswahl organisiert. Denn nach Ansicht des Vereins werden die Belange insbesondere der Wohnungseigentümer von den Parteien noch viel zu sehr links und rechts liegen gelassen. In der Godesberger Stadthalle stellte sich den Fragen von Mitgliedern und Gästen des Vereins außer den genannten Direktkandidaten für den Bonner Wahlkreis von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen auch der Bonner Stadtverordnete Frank Thomas (FDP); er vertrat den sich um das Direktmandat bewerbenden Alexander Graf Lambsdorff. Eingeladen, aber nicht gekommen, war zudem Jürgen Repschläger (Die Linke).

 

Ignorieren die Parteien die Eigentümer von 10 Mio. Wohnungen?

„Angesichts von 10 Mio. Eigentumswohnungen, die ein knappes Viertel aller Wohnungen in Deutschland ausmachen, darf die Politik nicht nur Mieter-Probleme thematisieren“, lautete die Eingangsthese von Gabriele Heinrich, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Wohnen im Eigentum e.V. (WiE). Dem hielten die anwesenden Politiker entgegen, es sei nur der gebotenen Kürze der Parteiprogramme geschuldet, dass das Wohnungseigentum nicht explizit erwähnt werde.

„Die Grünen habe jüngst mit einem Bundestagsantrag auf eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes gezeigt, dass sie die Probleme kennen und ihnen begegnen wollen“, führte Katja Dörner, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion ihrer Partei, ins Feld. Ulrich Kelber bedauerte, dass es keine Passagen zum Wohungseigentum bis in die Endfassung des Wahlprogramms geschafft hätten. „Dabei haben wir sehr klare Vorstellungen zu Maßnahmen für Wohnungseigentümer“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz. Deswegen habe man namens der SPD-Bundestagsfraktion ein Papier mit konkreten Forderungen nachgelegt. Kelber: „Darin können Sie nachlesen, dass wir beispielsweise das Schutzniveau des Wohnungseigentumsgesetzes dem des Mietrechts anpassen und Widersprüche zwischen beiden Gesetzen beseitigen wollen.“ Dr. Claudia Lücking-Michel, die als CDU-Abgeordnete unter anderem im Bildungsausschuss des Bundestags vertreten ist, sieht das Wohnungseigentum als wichtiges Politikfeld an.

 

Eigentümer fordern Kontenkontroll-Rechte

Konkret ging es weiter um die fehlende Kontrolle von Wohnungseigentümergemeinschaften über ihr fremdverwaltetes Vermögen. So richten Banken für die Verwaltungen noch immer Treuhandkonten ein. Zudem sehen sie die Verwalter, nicht die Wohnungseigentümer als ihre Kunden an und verweigern Eigentümern Auskünfte über Kontenbewegungen und -stände. Wohnungseigentümer appellierten an die anwesenden Politiker, sich für gesetzlich vorgeschriebene Kontenkontrollrechte einzusetzen, etwa einen Online-Zugang zur Kontenüberwachung zumindest für den aus Eigentümern bestehenden Verwaltungsbeirat. Diskutiert wurde an dieser Stelle auch über das Verhältnis von Transparenz und Datenschutz. "Digitalisierung als Zukunftsaufgabe steht im Zentrum des FPD-Wahlprogramms", betonte hierzu Frank Thomas (FDP).

 

Verwalter-Qualifizierung muss weiterverfolgt werden

Der größte Themenblock des Abends rankte sich um die Frage, warum nach wie vor keine Sachkunde von Wohnimmobilienverwaltern verlangt wird. „Hausmeister, Pferdepfleger, Architekt – jeder kann Verwalter/in werden, auch wenn er oder sie keine Ahnung von Buchführung, Jahresabrechnungen, Gebäudemanagement und der hochkomplizierten Organisation von Eigentümerversammlungen und -beschlüssen hat“, empörte sich Heinrich. Erfahrungsberichte und Fragen der anwesenden Eigentümer zeichneten ein lebhaftes Bild davon, welche Schäden unkundige Verwaltungen anrichten. Die jüngst erfolgte Neuregelung der Berufszulassung für Wohnimmobilienverwalter wurde als vollkommen unzureichend empfunden, nicht zuletzt, weil der Sachkundenachweis – das zentrale Element des neuen Gesetzes – als Zulassungsvoraussetzung für den Verwalterberuf auf Betreiben von CDU/CSU-Wirtschaftspolitikern aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden war. Eingeführt wurde stattdessen lediglich eine Fortbildungspflicht von 20 Stunden in 3 Jahren.

„Um überhaupt eine Berufszulassungsregelung zu bekommen, hat die SPD dem Gesetz dennoch zugestimmt. Es muss in der nächsten Legislaturperiode nachgebessert werden,“ sagte dazu Ulrich Kelber. „Wir brauchen eine Sachkunde-Prüfung vor der IHK. So wie jetzt beschlossen bringt das Gesetz nichts als Bürokratie. Es muss verbessert werden“, forderte auch Katja Dörner. Bündnis 90/Die Grünen hatte gegen das Gesetz gestimmt.

Als CDU-Politikerin verwies Dr. Claudia Lücking-Michel zuerst auf die Eigenverantwortung der Wohnungseigentümer, die unkundige Verwaltungen ja nicht einzusetzen brauchten: „Es besteht doch Vertragsfreiheit.“ Doch ließ sie sich von den Ausführungen der Eigentümer über schwierige Mehrheitsentscheidungen in WEGs überzeugen, dem Thema weiter nachzugehen: „Ich werde mich bei meinen Faktionskollegen umhören und prüfen, was hier noch zu machen ist. Über einen neuen Ausbildungsberuf Wohnimmobilienverwalter müssen wir jedenfalls nachdenken.“

 

Mehr Verbraucherschutz fürs Wohnungseigentum muss Aufgabe der nächsten Regierung sein

Was nahmen die Politiker aus dem Abend mit? Frank Thomas (FDP), der als Lokalpolitiker mit Wohnungspolitik vertraut ist, versprach die Anregungen des Abends an die FDP-Bundespolitiker weiterzugeben. Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU) bekundete ihr gewecktes Interesse für Wohnungseigentümerprobleme und sagte konkret zu, sich für eine Weiterentwicklung des Berufsbildes Wohnimmobilienverwalter/in einzusetzen. Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) und Ulrich Kelber (SPD) fühlten sich bestärkt, eine verbraucherorientierte Reform des Wohnungseigentumsgesetzes wirklich anzugehen. Gabriele Heinrich von WiE schloss das politische Gespräch mit dem Appell, die Forderungen und Anregungen der Wohnungseigentümer beim Verhandeln des Regierungsprogramms schwarz-auf-weiß in den neuen Koalitionsvereinbarungen zu berücksichtigen.

 

Was in den Parteiprogrammen zur Wohnungspolitik steht, das SPD-Ergänzungspapier sowie alle Hintergründe zu den angeschnittenen Problemfeldern sind hier nachzulesen.

 

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