Wohnen im Eigentum e.V. fürchtet Verwässerung des Verbraucherschutzes nach Bundesratsstellungnahme zum Gesetzesentwurf und setzt auf Bundestag zur Nachjustierung

19.10.2016. Der Entwurf des Gesetzes zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigentum scheint im Bundesrat nur durchgewunken worden zu sein – so die Einschätzung des Verbraucherschutzverbandes Wohnen im Eigentum e.V. (WiE). Im Gegensatz zu den Vorschlägen des eigenen Verbraucherausschusses fordert der Bundesrat sogar die Erweiterung der an sich schon fragwürdigen "Alte-Hasen-Regelung" auf angestellte Mitarbeiter. Dies ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Bestandsschutzregelung für langjährig tätige Verwalter. WiE setzt jetzt auf den Bundestag, gegenzusteuern und nachzujustieren. Damit aus dem Gesetz keine "halbe Sache" wird und das Gesetzesziel – den Verbraucherschutz im Wohnungseigentum bei der Fremdverwaltung auszubauen – zukünftig auch erreicht werden kann.

WiE setzt sich seit langem für einen bundesweit einheitlichen Sachkundenachweis sowie Pflichtversicherungen für Verwalter von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) ein. Denn bislang kann jeder, völlig ohne Vorkenntnisse, WEG-Verwalter werden.

Nun hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Am 14. Oktober hat der Bundesrat seine Stellungnahme dazu vorgelegt, die parlamentarischen Beratungen im Bundestag beginnen im November. Wer gewerbsmässig als WEG-Verwalter/in tätig sein will, bedarf künftig nach diesem Gesetzentwurf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Er muss Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, seine Sachkunde und eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung nachweisen.

"Dieses Gesetz kann ein wichtiger Baustein für mehr Verbraucherschutz im Wohnungseigentum werden, wenn es nicht als Light-Version verabschiedet wird", so die WiE-Geschäftsführerin Gabriele Heinrich. So sollen nach dem Gesetzentwurf Gewerbetreibende, die bereits seit mehr als sechs Jahren als Wohnungseigentums-Verwalter/in tätig sind, von der neuen Pflicht zur Ablegung einer Sachkundeprüfung ausgenommen werden (sogenannte "Alte-Hasen-Regelung"). "Bei der Bestandsschutzregelung wird von der bloßen Mutmaßung ausgegangen, dass sich ein - von seiner Ausbildung her berufsferner - Gewerbetreibender aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit als Verwalter/in qualifiziert hat", sagt sie. Der Nachweis wird sich am Handelsregistereintrag und an der Gewerbeanzeige (einer einfachen Anmeldung, die bisher auch sehr unspezifisch durchgeführt werden konnte), u.a. orientieren. "Nur auf der Basis eines langjährig existierenden Gewerbescheines und ein paar Verwalterverträgen kann man aber nicht von einer Qualifizierung ausgehen", erklärt sie. Einen Gewerbeschein könne nämlich auch erhalten, wer eine ganz andere Haupttätigkeit ausübe, beispielsweise als Immobilienmakler, Hausmeister oder auch Architekt oder Rechtsanwalt. "Es entspricht wohl kaum der Zielvorgabe für mehr Verbraucherschutz, wenn nun auch langjährige Hausmeister oder Immobilienmakler, die bisher im Nebenerwerb WEGs verwaltet haben, keine Sachkundeprüfung für die WEG-Verwaltung ablegen müssen", so Heinrich.

Genauso sah es auch der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates. Dieser hatte empfohlen, diese Regelung zu streichen und weitere Verschärfungen einzuführen: Der Sachkundenachweis sollte auch für Mitarbeiter von Verwaltern eingeführt werden. Diese vom Bundesrats-Ausschuss empfohlene und von WiE als wichtig eingeschätzte Verschärfung fand jedoch am Freitag (14. Oktober) keine Mehrheit im Bundesrat. Statt dessen fordern die Länder in ihrer Stellungnahme sogar eine weitere Aufweichung: Auch die in unselbstständiger Tätigkeit erworbene Sachkunde von WEG-Verwaltern solle im Rahmen der "Alte-Hasen-Regelung" berücksichtigt werden.

Heinrich moniert zudem Regelungsunterschiede. So sollen einerseits Gewerbetreibende und Unternehmen eigenverantwortlich die Qualifikation ihrer Mitarbeiter sicherstellen, andererseits sollen für Kreditinstitute strengere Regeln gelten. Bieten diese eine WEG-Verwaltung an, müssen eine "angemessene Zahl von beim Antragsteller beschäftigten natürlichen Personen ..." (so steht es im Gesetz) den Sachkundenachweis erbringen. Hier sieht WiE Anwendungsdifferenzen und Regelungslücken, wenn Mitarbeiter von Kreditinstituten einen Sachkundenachweis erbringen müssen, Mitarbeiter von großen (Miet-)Wohnungsunternehmen aber nicht. Warum diese Unterscheidung, fragt Heinrich und fordert: Alle angestellte Verwalter/innen, die in Unternehmen selbstständig WEGs verwalten, müssten ihre Sachkunde nachweisen. Denn sie müssen beispielsweise über spezielle Fachkenntnisse im Wohnungseigentumsrecht, bei der Erstellung der Jahresabrechnung oder bei der Umsetzung eines umfassenden Sanierungsbeschlusses verfügen. Deshalb fordert WiE eine Gleichstellung mit den Vorgaben für Versicherungsvermittler und Finanzanlagenberater. "Es ist unverständlich, warum diese Differenzierung vorgenommen wurde. Soll hier nur ein Berufszugangsgesetz in Light-Version geschaffen werden?" sagt Heinrich. Die neuen Qualifikationsanforderungen müssen eindeutig und klar geregelt sein sowie für alle gelten. "Hier liegt nun die Verantwortung beim Bundestag, eine nachvollziehbare Berufszugangsregelung zu schaffen, auf die sich die Wohnungseigentümer und die Mieter in den WEGs auch verlassen können und die einen substanziellen Zugewinn und mehr Verbraucherschutz bringt. Eben keine halben Sachen und kein Gesetz in Light-Version", fordert Heinrich.

Die parlamentarischen Beratungen im Bundestag beginnen jetzt im November.