Immobilien-Teilverkauf - ein Geschäftsmodell mit Tücken
In letzter Zeit werben Banken und andere Anbieter verstärkt für den Immobilien-Teilverkauf. Das Modell, bei dem die Anbieter bis zu 50 Prozent einer abbezahlten, lastenfreien Immobilie kaufen, richtet sich insbesondere an ältere Haus- oder Wohnungseigentümer*innen, die aufgrund ihres Alters häufig nur schwer einen Kredit bekommen.
Die Vorzüge scheinen auf den ersten Blick verlockend zu sein: Die Eigentümer*innen bekommen rasch und unkompliziert finanzielle Liquidität, etwa um Sanierungen an der Immobilie durchzuführen, und können die Immobilie weiterhin nutzen, indem ein Nießbrauchrecht über den veräußerten Anteil vereinbart wird, für das ein monatliches Nutzungsentgelt an den Anbieter zu bezahlen ist.
Doch das Geschäftsmodell birgt für die Immobilieneigentümer*innen erhebliche Risiken und Fallstricke. Diese zeigen sich meist erst bei einem späteren Gesamtverkauf der Immobilie. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erachtet den Immobilien-Teilverkauf sogar als spekulativ.
Die Risiken und Nachteile im Überblick:
- Das monatliche Nutzungsentgelt liegt in der Regel über dem üblichen Zins für einen entsprechenden Kredit.
- Je nach Nutzungsdauer, kann das Nutzungsentgelt über der Summe aus Zins und Tilgung eines vergleichbaren Kredits liegen - trotzdem verbleibt der verkaufte Teil der Immobilie beim Anbieter.
- Das Nutzungsentgelt kann nach Ablauf des Festschreibungszeitraums vom Anbieter deutlich erhöht werden.
- Bei Verzug der Teilverkäufer*in mit der Zahlung des Nutzungsentgelts kann der Anbieter eine Teilungsversteigerung beantragen, was zu einem Verlust der Immobilie führen dürfte.
- Sämtliche Betriebs- und Erhaltungskosten der Immobilie sind in aller Regel ausschließlich von der Teilverkäufer*in zu bezahlen.
- Dem Anbieter wird beim späteren Gesamtverkauf der Immobilie eine bestimmte Wertsteigerung bzw. ein Mindesterlös zugesichert. Das Risiko hierfür trägt die Teilverkäufer*in.
- Die Vermarktungskosten bei einem Gesamtverkauf sind häufig intransparent.
- Ein Rückkauf des Immobilienteils ist für die Teilverkäufer*in in der Regel so teuer, dass er in der Praxis nur selten realisiert werden dürfte.
- Eine Insolvenz des Anbieters wird in aller Regel auch für die Teilverkäufer*in zu einem Verlust der Immobilie führen.
Wohnen im Eigentum (WiE) rät grundsätzlich vom Immobilien-Teilverkauf ab und empfiehlt, stattdessen alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu recherchieren und sich von unabhängigen Experten beraten zu lassen. Da der Immobilien-Teilverkauf gesetzlich nicht geregelt ist, gibt es keine spezifischen Verbraucherschutzvorschriften. Es handelt sich um ein noch relativ neues Geschäftsmodell, zu dem es bisher kaum Rechtsprechung gibt. Auch vielen Rechtsanwälten fehlt es an Erfahrung in der Beratung zu diesen Verträgen, die oftmals über 50 Seiten umfassen. Daher fordert Wohnen im Eigentum nicht nur mehr Aufklärung, sondern auch eine gesetzliche Regulierung dieses Modells zum Schutz der Verbraucher*innen.
Konkret fordert WiE:
- Aufklärung der Verbraucher*innen durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen und Beratungsangebote
- Regulierung des Immobilien-Teilverkaufs durch Verankerung rechtlicher Grenzen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder einem Sondergesetz, die sicherstellen, dass die Vertragsgestaltung verbraucherorientiert umgesetzt wird und Teileigentumsverkäufer*innen als Verbraucher nicht unangemessen benachteiligt werden können.
- Schaffung alternativer, weniger finanziell belastender Finanzierungsmöglichkeiten für ältere Menschen, insbesondere wenn eine schuldenfreie Immobilie als Sicherheit dient, z. B. durch Prüfauftrag an öffentlich-rechtliche Geldinstitute, ob sie in diesen Fällen Kredit gewähren können.
>> Ausführliche Informationen zu den Risiken und Nachteilen des Immobilien-Teilverkaufs finden Sie als Mitglied in unserem kostenfreien Infoblatt. Dieses können Sie herunterladen (bitte erst einloggen, dann hier klicken).
Stand: 26.11.2024