Christian Kühn

Mitglied des Deutschen Bundestags, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Wahlkreis Tübingen

im Interview mit wohnen im eigentum e.V.

03.09.2014

 

Immobilienbesitzer als Verbraucher, das ist in der Politik eine neue Sichtweise. Warum wurde sie notwendig?

Verbraucherschutz ist auch Eigentümerschutz. Wohnungseigentümer brauchen wie alle Verbraucher die größtmögliche Transparenz, um gut durchdachte Entscheidungen treffen zu können. Gerade bei hohen Investitionskosten muss klar sein, auf was man sich einlässt, welche Risiken vorhanden sind und welche rechtlichen Regelungen greifen.
Wohnungseigentümer sehen sich einer Vielzahl an Regelungen und Gesetzen gegenüber. Daher ist es nur folgerichtig, dass sie als eigenständige Akteure im verbraucherschutzpolitischen Kontext wahrgenommen werden. Eigentümer müssen, wie alle anderen Verbraucher auch, effektiv vor Betrug geschützt werden.

Der Koalitionsvertrag will den Verbraucherschutz für Bauherren beim Bauvertragsrecht ausbauen. Wo sehen Sie konkreten Änderungsbedarf?

Eine Stärkung des Verbraucherschutzes ist auch im Bauvertragsrecht geboten. Entscheidend für mich ist ein größtmögliches Maß an Transparenz und Information für die Bauherren. Es muss genau geprüft werden, welche rechtlichen Änderungen dafür notwendig sind. Hier setze ich auch auf einen intensiven Austausch mit den betroffenen Akteuren, also auch mit Ihnen.

Laut Koalitionsvertrag kommen für Wohnungsverwalter berufliche Mindestanforderungen und Pflichtversicherung. Welche fachlichen Bausteine schlagen Sie für die Mindestqualifikation vor? Welche Mindestdeckung für die Pflichtversicherung?

Ich alleine werde das nicht entscheiden können und möchte das auch nicht. Ich finde, dass alle Beteiligten und Experten hierzu ins Gespräch kommen müssen. Das ist ein Prozess, der beginnen muss und bei dem ich heute nicht sagen kann, welche genauen Ausbildungsinhalte enthalten sein müssen und wie hoch die Pflichtversicherung sein muss. Sicherlich sollte in der Ausbildung ein Instrumentenkasten über den rechtlichen Rahmen des Wohneigentums und auch des vermieteten Wohneigentums, sowie über staatliche Fördermöglichkeiten enthalten sein.

Nach Auffassung von wohnen im eigentum verlangt die Sicherung des Vermögens der Wohnungseigentümer neben Qualifikation und Versicherung eine effektive Kontrolle der Verwaltung durch die Eigentümer. Praktisch ist das besonders in größeren Anlagen nur über die Verwaltungsbeiräte zu realisieren. Doch deren gesetzliche Position ist schwach, dafür sind ihre Haftungsrisiken erheblich. Was sollte hier geschehen?

Wir müssen uns hier genau anschauen, wie wir zu einem Verhältnis auf Augenhöhe kommen. Die Begrenzung auf eine Maximalgröße von WEGs könnte eine Möglichkeit sein. Dennoch glaube ich, dass wir uns grundsätzlich das Wohnungseigentumsgesetz, bezogen auf die großen Herausforderungen Klimaschutz und Demografischen Wandel, anschauen müssen, um es entsprechend anzupassen.
Bei vielen Gesetzen und Fördermaßnahmen kommen die speziellen Umsetzungsprobleme im Wohnungseigentum nicht in den Blick. Typisch ist der Fall der Erleichterung energetischer Sanierung durch die letzte Mietrechtsreform. Jetzt soll hier nachgebessert werden. Wie kann es erreicht werden, dass Wohnungseigentum in Zukunft von vornherein einbezogen wird?
Am politischen Diskussionsprozess zu den relevanten Gesetzen sollten alle Interessengruppen und Akteure frühzeitig einbezogen werden. Bereits bevor die Gesetze in den Bundestag von der Regierung eingebracht werden, führen die federführenden Ministerien Verbändeanhörungen zu den Referentenentwürfen durch. Wen die Große Koalition allerdings daran beteiligt, können wir als Oppositionsfraktion nicht beeinflussen. Entscheidend ist, dass Sie als Verband für Wohnen im Eigentum für eine starke Stimme im Konzert des politischen Berlins sorgen.

Bei der Geldanlage treffen den Anbieter oft weitreichende Informationspflichten. Obwohl das Produkt „Eigentumswohnung“ nicht leichter zu verstehen ist und obwohl sein Kauf weitreichende Konsequenzen hat, gibt es hier nichts Vergleichbares. wohnen im Eigentum fordert umfassende Informationspflichten. Wie stehen Sie dazu?

Ich stehe dem sehr offen gegenüber. Wir Grünen stehen für eine Verbraucherschutzpolitik, des mündigen Verbrauchers. Deshalb fordern wir schon lange möglichst umfangreiche Informationspflichten, nicht nur beim Immobilienkauf, ein.

Es ist viel zu tun. Wo sehen Sie Ihre persönlichen Arbeitsschwerpunkte in Sachen Verbraucherschutz für die Besitzer von Eigenheim und Eigentumswohnung in dieser Legislaturperiode?

Ich stehe für eine nachhaltige Wohnungspolitik. Hierzu möchte ich mit allen relevanten Akteuren ins Gespräch kommen. Wir haben auf unseren Wohnungsmärkten enorme Herausforderungen, hierfür brauchen wir gute Konzepte und zielgruppengerechte Instrumente.
Beim Wohneigentum ist es mir wichtig, dass die Menschen sich umfassend darüber informieren können, was es bedeutet, Wohnungseigentümer zu sein, und in welchem rechtlichen Rahmen sie sich bewegen. Der Wechsel vom Mieter zum Wohnungseigentümer bringt große finanzielle Verantwortung mit sich, das ist leider vielen nicht bewusst.
Außerdem müssen wir uns das Wohnungseigentumsgesetz reformieren und es den neuen Herausforderungen Klimaschutz und demografischer Wandel anpassen.

Sind Sie selbst Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung? Sind konkrete Erfahrungen von daher in Ihre politischen Einstellungen zum Thema eingeflossen? Welche?

Ich bin Teil einer Eigentümergemeinschaft und wohne selbst allerdings in Miete. Meine Erfahrung ist, Wohneigentümer brauchen -  wie alle Verbraucher -  die größtmögliche Transparenz und Information, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, sei es bei der Finanzierung, beim Bau oder beim Kauf einer Immobilie. Deshalb mein Tipp: Sich immer gut beraten lassen und mehre Meinungen einholen.