Stellungnahme des Verbraucherschutzvereins wohnen im eigentum e.V. zu den Wahlprogrammen der Parteien für die Bundestagswahl 2013

Es gibt 9,3 Millionen Eigentumswohnungen – damit sind ein Viertel aller Wohnungen Eigentumswohnungen, drei Millionen mehr als bisher angenommen, mehr als doppelt so viele wie bei kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen zusammen. Das hat der Zensus von 2011 ergeben. In den Wahlprogrammen der Bundestagsparteien kommen Eigentumswohnungen allerdings praktisch nicht vor, und zwar auch nicht bei Fragen, die ohne ihre Einbeziehung nicht zu lösen sind wie etwa Klimaschutz durch Gebäudesanierung und altersgerechtes Wohnen – oder ein umfassender Verbraucherschutz..

Typisch die Formulierung im Wahlprogramm von BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN (S. 267): „Zukunftsfähige Wohnungspolitik heißt vor allem, soziales Mietrecht, gemeinwohlorientierten Wohnungsbau und die energetische Modernisierung der Gebäude zusammen zu denken.“ Und wo bleibt das Wohnungs- bzw. Wohneigentum?

 

Verbraucherschutz wollen alle – aber wer ist Verbraucher?

Alle Bundestagsparteien wollen den Verbraucherschutz fördern, natürlich mit unterschiedlichen Akzenten - also staatlicher Kontrolle, Förderung von Verbraucherschutzorganisationen und Verbraucherforschung, Verbraucherinformation. Dabei sehen die Parteien auch die Kunden von Finanzdienstleistungen als schützenswerte Verbraucher und nicht etwa als Investoren. Das ist bei Erwerbern und Eigentümern von Kleinimmobilien offenbar anders. Jedenfalls sucht man unter dem Stichwort Verbraucherschutz in den meisten Wahlprogrammen vergeblich Ausführungen zu dieser Gruppe. Offenbar hat sich noch lange nicht überall herumgesprochen, dass die Eigentumswohnung oder das eigene Haus für die meisten Verbraucher die größte Investition ihres Lebens ist und dass sie bei Kauf und Unterhalt Schutz brauchen, weil sie sich von einer Fehlinvestition oft nie mehr finanziell erholen.

 

Neue Erkenntnis: Haus- und Wohnungseigentümer sind Verbraucher

Es gibt in den Wahlprogrammen zwei Ausnahmen, in denen Probleme von Immobilienbesitzern als Themen für Verbraucherschutz behandelt werden. Die CDU/CSU wird relativ konkret. Sie will „den Verbraucherschutz bei Bau- und Dienstleistungen im Immobiliensektor ausbauen. Das betrifft zum Beispiel das Bauvertragsrecht und die Wohnungsverwaltung.“

Die SPD verortet das Thema Schrottimmobilien immerhin unter der Überschrift Verbraucherschutz, (stellt) „eine Existenzbedrohung für eine zunehmende Zahl von Betroffenen dar.“ Wenn auch die Vorschläge viel zu kurz greifen: „Hier müssen nicht zuletzt Vermittlern und Finanzinstituten deutliche Schranken gesetzt werden.“

Auch wenn die Forderungen der beiden Parteien verbesserungsfähig sind, wertet es wohnen im eigentum als wichtigen und wegweisenden ersten Schritt, dass von CDU/CSU Bau- und Wohnungsdienstleistungen, von SPD Immobilienkauf mit Verbraucherschutz überhaupt zusammen gedacht werden.

Das ist ein Novum. wohnen im eigentum sieht das auch als Erfolg der eigenen Arbeit als Verbraucherschutzorganisation. „Wir hätten es gerne konkreter. Dafür haben wir bereits zahlreiche Vorschläge gemacht“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Heinrich. Wie beispielsweise die Forderungen von wohnen im eigentum zu Informationspflichten gegenüber Wohnungskäufern.

 

Klimaziele bei Wohngebäuden: Verfehlung um 25 Prozent programmiert

Alle Parteien wollen das Klima schützen, alle wissen, dass 40 Prozent des Energieverbrauchs auf Gebäude zurückgehen. Das heißt: Klimaschutz ohne Eigentumswohnungen verfehlt sein Ziel um mindestens 25 Prozent – eine lahme Ente. Doch kein Wahlprogramm sagt, wie Wohnungseigentum mit seinen höchst unterschiedlichen Strukturen, aber immer komplizierten Entscheidungsprozessen einbezogen und gezielt durch Beratung und finanziell gefördert werden soll.

So hat die letzte Mietrechtsreform für Vermieter die Durchsetzung von energetischer Sanierung erleichtert – nicht für vermietende Wohnungseigentümer, die etwa die Hälfte der Wohnungseigentümer ausmachen und damit einen entscheidenden Einfluss auf Sanierungsbeschlüsse haben, die oft eine Dreiviertel-Mehrheit benötigen. Für vermietende Wohnungseigentümer fehlt bislang eine abgesicherte Möglichkeit, Sanierungsbeschlüsse der Eigentümergemeinschaft gegenüber ihren Mietern durchzusetzen und die Kosten auf sie umzulegen - Gift für ihre Sanierungsmotivation, aber für keine Partei ein Problem.

 

Kein Programm gegen rechtliche Barrieren für altersgerechtes Wohnen

Alte Menschen sollen möglichst lange in der eigenen Woihnung bleiben können, darüber besteht Einigkeit unter den Parteien und dafür versprechen ihre Programme Hilfe. Zu den Maßnahmen, die die Parteien für notwendig halten, gehört der barrierefreie Ausbau von Wohnraum. Bisher gibt es Fördermittel und im Mietrecht eine Regelung zu Ansprüchen des Mieters auf Barrierefreiheit (§ 554a BGB).

Für das Wohnungseigentum fehlt eine entsprechende Bestimmung, die beispielsweise Ansprüche eines Miteigentümers auf Genehmigung zum Einbau eines Treppenliftes und die Verpflichtung zum späteren Rückbau durch ihn, seine Erben oder Käufer der Wohnung regelt. Mangels gesetzlicher Vorgaben müsste jede Eigentümergemeinschaft selbst eine Lösung finden. Das ist so kompliziert und demotivierend, dass wahrscheinlich meistens nichts passieren wird.

 

Maklerprovisionen: ein Problem nicht nur für Mieter

SPD, Grüne oder Linke fordern, dass den Makler zahlen soll, wer ihn für die Vermietung beauftragt. Die CDU will für Maklerleistungen klare bundeseinheitliche Rahmenbedingungen schaffen, um mehr Rechtssicherheit zu erzielen. Aber alle Parteien sprechen nur von Vermietern und Mietern. Klar, die Mieterproblematik ging durch die Medien, ist eingängig und leicht verständlich.

Dass diese Frage auch für die privaten Käufer einer Immobilie eine Rolle spielt, taucht bei keiner Partei auf. Für die Käufer sind die Kaufnebenkosten aber ein gewichtiges Problem – mit steigender Tendenz. Gerade wurden die Tarife für Notar und Grundbuch angehoben. Insgesamt summieren sich die Nebenkosten je nach Region auf neun bis 14 Prozent, bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro also von 27.000 bis 42.000 Euro. Das ist wrklich keine Nebensache mehr. Deshalb ist es an der Zeit, über Gegenmaßnahmen nachzudenken. Da wären Überlegungen zum Kostenfaktor Makler ein guter Anfang.

Mehr Informationen zum Problem der Kaufnebenkosten.