So sieht die Rechtslage bei der Abnahme vom Gemeinschaftseigentum aus
Bisher gibt es keine gesetzlich festgelegte Regelung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums, die Ausgestaltung erfolgt über die Rechtsprechung. Das bedeutet: Beim Kauf einer neu errichteten oder geschaffenen Eigentumswohnung vom Bauträger oder Privatisierer ist jede einzelne Käufer:in und jedes spätere Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für sich Vertragspartner des Bauträgers, und zwar auch hinsichtlich der Fertigstellung und Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Danach muss jede Erwerber:in einer Eigentumswohnung das Sonder- und das Gemeinschaftseigentum einzeln abnehmen. Erst ab dem Zeitpunkt der Abnahme fängt die 5-jährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche gegen den Bauträger an zu laufen.
Die Rechtsfolgen der Abnahme treten daher für jeden einzelnen Käufer auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. So kann es vorkommen, dass die Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums für einige Eigentümer:innen noch nicht erfolgt ist, während für andere die Gewährleistungsansprüche sogar bereits verjährt sind – weil sie ihre Wohnungen vor mehr als fünf Jahren gekauft und damals mit dem Gemeinschaftseigentum abgenommen haben. Erst wenn die letzte Käufer:in abgenommen hat, muss der Bauträger möglichen Erfüllungs- und Mängelbeseitigungsansprüchen nicht mehr nachkommen; also erst wenn dann die Verjährungsfristen aller Käufer in einer WEG abgelaufen sind, können auch Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann nach entsprechender Beschlussfassung den Anspruch auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger geltend machen. Die Verwalter:in hat nicht die gesetzliche Befugnis, die Eigentümer:innen bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu vertreten.
Bitte beachten: Die einzelnen Bauträgerverträge enthalten oft Formulierungen, die dem Bauträger die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erleichtern sollen. Darin wird z.B. versucht, der Verwalter:in oder einer externen Gutachter:in die Abnahme zu übergeben. Noch komplizierter wird es, wenn die einzelnen Verträge unterschiedliche Vereinbarungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Gemeinschaftseigentums und der Abnahmemodalitäten enthalten. Dann hat jede einzelne Wohnungseigentümer:in ganz individuelle Ansprüche aus dem Bauträgervertrag. Fraglich ist hier immer, ob diese Regelungen wirksam sind. Wer also einen Vertrag unterschreibt, sollte diese Klauseln genau lesen und die Auswirkungen überprüfen lassen. Dafür bietet Wohnen im Eigentum e.V. die Prüfung von Bau- und Kaufverträgen an.
Was ist, wenn keine Abnahme durchgeführt wird?
Geändert haben sich seit 2018 die Regelungen zur Abnahme: Ein Werk gilt bereits dann als abgenommen, wenn der Bauträger nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und die Käufer:in die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von mindestens einem Mangel verweigert hat – sofern der Bauträger ihn als Verbraucher in Textform auf diese Folge hingewiesen hat. Werden Sie bei Mängeln also unbedingt tätig, damit die Abnahmefiktion nicht greift! Ein unfertiges Bauprojekt ist zudem weder im Sinne der Käufer, noch der Bauträger.
Empfehlungen von Wohnen im Eigentum (WiE)
- Grundsätzlich empfiehlt Wohnen im Eigentum beim Wohnungskauf vom Bauträger, auf einer förmlichen Abnahme zu bestehen – für das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum.
- Weil eine Abnahme viel technisches Verständnis und rechtliche Kenntnisse erfordert, sollten sich (künftige) Wohnungseigentümer:innen bei der Abnahme von Architekten oder Bau-Ingenieuren begleiten und beraten lassen.
- Auch wenn das Gemeinschaftseigentum von Sachverständigen bereits abgenommen wurde, sollten Sie doch prüfen, ob Ihnen Mängel auffallen. Auch Sachverständige sehen nicht alles.
- Auch wenn alle Beteiligten davon ausgehen, dass die Abnahme erfolgt ist, lohnt es sich zu prüfen, ob dies wirklich der Fall ist und ob Ansprüche, die man vielleicht noch geltend machen möchte, tatsächlich verjährt sind. Die Anforderungen an die Abnahme liegen sehr hoch und werden in der Praxis – da den meisten Wohnungskäufer:innen hier das Fachwissen fehlt – oft nicht wahrgenommen und erfüllt.